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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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aber gut zu den ausdruckstarken Zügen seines gegerbten Gesichtes, wie Carmela ihm mehr als einmal versichert hatte.
    Aber solche körperlichen Belastungen wie den langen, scharfen Ritt von Pistoia, wo ihn die Nachricht von Herzog Galeazzos Ermordung erreicht hatte, nach Cafaggiolo und dann von dort gleich weiter nach Florenz steckte er nicht mehr so leicht weg, wie er es noch vor einem Jahrzehnt getan hatte. Selbst seine beiden Söhne und die Brigata der Medici hatten recht erschöpft im Sattel gesessen, als sie mitten in der Nacht am Stadttor eingetroffen waren und Lorenzo die überraschten Wachen mit seiner unverkennbar näselnden Stimme aufgefordert hatte, ihnen unverzüglich Einlass zu gewähren.
    Aber der ruchlose Mord an Herzog Galeazzo Sforza hatte für Lorenzo eine unverzügliche Rückkehr nach Florenz notwendig gemacht. Denn dessen Tod brachte Florenz und die Partei der Medici in eine höchst kritische politische Situation. Um sie zu meistern, musste Lorenzo unbedingt in der Stadt sein, sich der Öffentlichkeit zeigen und die notwendigen Schritte einleiten. Und wenn diese Entscheidungen auch nicht im Regierungspalast, sondern im Palazzo der Medici gefällt wurden, insbesondere die, die geheim bleiben sollten, so musste doch der äußere Schein gewahrt bleiben, dass sie der Verfassung der Republik entsprachen.
    Das geschah, indem Lorenzo sich mit den amtierenden Prioren und dem Gonfaloniere regelmäßig austauschte. Und diesen ständigen Kontakt, der einem besseren Botendienst gleichkam, musste wieder einmal er, Sandro Fontana, als Consigliere der Medici übernehmen.
    Aber er wollte sich nicht beklagen. Immerhin schickte Lorenzo ihn und niemand anderen zur Signoria in den Palazzo Vecchio, und das ließ ihn hoffen, dass der Stern der Fontana doch noch nicht so schnell unterging, wie er schon seit einiger Zeit insgeheim befürchtet hatte. Denn die enge Vertrautheit und die große Nähe, die er von Cosimo de’ Medici und selbst noch von dessen von Jugend an kränkelndem gichtgeplagtem Sohn und Nachfolger Piero, der nicht von ungefähr Il Gottoso – der Gichtige genannt worden war, erfahren hatte, schenkte Lorenzo ihm ganz sicher nicht mehr. Lorenzo de’
    Medici fühlte sich wie ein ungekrönter König, auch wenn er sich selbst gern mit etwas zu durchsichtiger Bescheidenheit nur als den Ersten Bürger der Republik bezeichnete.
    Sandro eilte durch die Via de’ Gori. An deren Ende erhob sich San Lorenzo, die älteste Kathedrale von Florenz. Sie beherrschte das westliche Bild der Stadt. Lange Zeit war sie kaum mehr als eine Ruine gewesen, bis Cosimo sie von Michelangelo und Brunelleschi hatte wiederaufbauen und in ihrem Innern zu neuem Glanz erstrahlen lassen. Und dort ruhten jetzt auch Cosimos Gebeine und sein Grabstein aus Marmor fand sich vor dem Hochaltar.
    Von San Lorenzo aus lenkte Sandro seine Schritte in die breite Via Larga, über die ein Großteil der Getreidetransporte aus dem Contado in die Stadt gelangte, bis zum Palazzo Medici. Dieser gewaltige Prachtbau, der Festung und Palazzo in einem war, gehörte gleichfalls zu den ehrgeizigen Bauvorhaben, mit denen Cosimo sein Lebenswerk gekrönt und aller Welt die herausgehobene Stellung des Hauses Medici verkündet hatte. Nach einem ähnlich prunkvollen Gegenstück würde man in der ganzen Christenheit wohl vergeblich suchen. Damals hatten zwanzig Häuser für den gewaltigen Bau weichen müssen.
    Cosimos Freund, der Architekt Michelozzo, der ihm einst sogar in die Verbannung 1 nach Venedig gefolgt war, hatte dem dreigeschossigen Palazzo aus grob behauenen Steinen im Erdgeschoss das Aussehen einer düsteren Stadtfeste gegeben. Dieser Eindruck wurde noch unterstrichen von dem abweisenden Bossenwerk 2 , das bis weit über Augenhöhe reichte. Bis auf das Medici-Wappen gab es im unteren Bereich keine ins Auge fallenden Verzierungen. Aber je höher der Palazzo emporwuchs, desto feiner hatte Michelozzo ihn gestaltet. Das erste Stockwerk war aus ebenmäßigem Backstein errichtet worden und das oberste Geschoss bestand aus prächtigem glattem Gestein mit einem kunstvoll gefertigten Gesims.
    Aber erst wenn man den Palazzo mit seinen zweiunddreißig Zimmern, Kontoren und Magazinen betrat und staunend die majestätische Pracht des von Säulen getragenen Wandelganges um einen großen Innenhof mit Springbrunnen und Gartenanlage, der unvergleichlich kunstfertigen Wandtäfelungen aus den edelsten Hölzern in Dutzenden von Sälen und Gemächern, der zahllosen Decken- und

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