Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
Vom Netzwerk:
immer die richtigen Worte, Lorenzo. Nicht nur, wenn du deine Gedichte schreibst«, bemerkte Giuliano spitz.
    »Bitte erspar mir deine Bissigkeit und lass uns vernünftig miteinander reden. Es tut mir wirklich leid, dass es wegen dieser Lappalie zu einer Verstimmung zwischen uns gekommen ist«, versicherte Lorenzo noch einmal. »Ich möchte, dass wir das vergessen und dass wir uns wieder vertragen. Wir beide müssen doch zusammenstehen, erst recht in diesen schwierigen Zeiten.«
    »Das mit dem Vergessen scheint dir leichter zu fallen als mir. Zudem würde ich gern wissen, was dir denn so leidtut«, erwiderte Giuliano zurückhaltend.
    Lorenzo fürchte die Stirn. »Liegt das denn nicht auf der Hand?«
    »Nun, ich meine, tut es dir leid, was du gesagt hast, oder tut es dir leid, dass wir über das, was du gesagt hast, in Streit geraten sind? Ich denke, das ist nicht dasselbe.«
    »Ich weiß nicht, wo du da einen Unterschied siehst.«
    Giuliano lachte trocken auf. »Das glaube ich dir gern, denn du bist es ja gewohnt, der Erste Bürger von Florenz und damit der maestro di bottega zu sein, der es noch nicht einmal verwinden kann, wenn der eigene Bruder ein einziges Mal nicht folgsam der Zweite sein möchte und so ein unwichtiges Rennen wie das auf Caffagiolo gewinnt!«, hielt er seinem Bruder verbittert vor. »Dir geht es immer nur um dein Ansehen, und das habe ich mit diesem lächerlichen Sieg angeblich angekratzt. Aber wenn es dir jetzt leidtut, dass du mir deswegen eine Szene gemacht hast, will ich die Sache gern vergessen.«
    »Herrgott, ich habe dir das doch nicht vorgehalten, weil ich dir den Sieg nicht gönne, sondern weil es nun mal nicht sein darf, dass es auch nur den Anschein haben könnte, du wolltest mich damit bloßstellen!«, beteuerte Lorenzo. »Und das ist doch etwas ganz anderes als das, was du mir unterstellst!«
    »Ich unterstelle dir gar nichts, ich stelle nur Tatsachen fest«, widersprach Giuliano. »Nie gibst du mir die Gelegenheit, dass ich mir eine eigene Reputation verschaffe und dass auch ich irgendeine führende Rolle einnehme. Du hältst mich immer schön in deinem Schatten und verfügst über mich und mein Leben, wie es dir zu deinem Nutzen passt!«
    »Das ist nicht wahr!«, protestierte Lorenzo, der gekränkt war über diese Anschuldigung.
    »Und ob es wahr ist! Oder hast du vielleicht schon vergessen, wie viele Jahre lang du versucht hast, bei Sixtus zu erreichen, dass er mir ein Kardinalat zuschanzt, obwohl du genau gewusst hast, wie verhasst mir der Priesterrock ist?«, erwiderte Giuliano voller Ingrimm. »Ich danke Gott, dass du dich wegen der Affäre mit Graf Riario und Imola mit ihm überworfen hast, sonst hätte der Kerl mich vielleicht wirklich noch zum Kardinal gemacht und du hättest mich zum Theologiestudium gezwungen!«
    Lorenzo zwang sich, seine wachsende Verärgerung nicht zu zeigen. Er wollte eine Versöhnung und keinen neuen Streit, auch wenn Giuliano es ihm mit seinen ungerechtfertigten Vorhaltungen nicht gerade leicht machte.
    »Diesen Plan hat doch schon unser Großvater verfolgt, und mir ist er als Aufgabe übertragen worden! Und zwar aus politischer Notwendigkeit!«, verteidigte er sich. »Du weißt doch selbst nur zu gut, wie wichtig für uns ein starkes Band mit Rom wäre und damit ein möglichst großer Einfluss in der Kurie. Hätten wir es noch rechtzeitig vor dem Bruch mit Sixtus geschafft, dir ein Kardinalat zu sichern, sähe unsere Lage jetzt entschieden besser aus. Und vermutlich wäre uns das auch gelungen, wenn du dich nicht so vehement gewehrt hättest, ein Chorhemd anzuziehen und dich ein wenig mit Theologie und Kirchenrecht zu beschäftigen. Dann hätte Sixtus dir nicht vorhalten können, dass du für ein solch hohes Kirchenamt noch nicht die nötige Reife besitzt!«
    Giuliano verzog das Gesicht. »Als ob es darauf ankommen würde! Schließlich hat Sixtus jeden seiner Dummköpfe von Neffen zum Kardinal ernannt! Ich will nun mal keinen Priesterrock tragen. Aber das hat dich ja nie wirklich interessiert. Bei dir muss sich alles der politischen Notwendigkeit unterordnen, damit du deine Reputation stärken und deine ehrgeizigen Ziele verwirklichen kannst!«
    »Herr im Himmel, als Oberhaupt des Hauses Medici ist das ja nun mal meine Aufgabe!«, erwiderte Lorenzo verärgert. »Hat mich denn jemand gefragt, ob es mir Spaß gemacht hat, schon mit fünfzehn Jahren als Vertreter unseres Hauses monatelang auf Reisen geschickt zu werden, um das Handwerk der Diplomatie zu

Weitere Kostenlose Bücher