Der Pate von Florenz
der Herr von Piombino zu den Verwandten der Medici gehören und er wäre damit fest an Florenz gebunden.
»Das mag ja sein, aber mit dem Gedanken, diese Semiramide zu heiraten, kann ich mich noch nicht recht anfreunden«, sagte er ausweichend. »Was interessieren mich denn die Eisenminen!«
Dass sein Bruder zwar noch Bedenken hatte, aber eine Ehe mit der Tochter von Jacopo d’Appiano nicht mehr kategorisch ablehnte, nahm Lorenzo als versöhnliches Zeichen und er atmete innerlich auf. »Lass uns abwarten, wie sich die Verhandlungen gestalten. Du könntest einen unverbindlichen Besuch in Piombino machen und dir selbst ein Bild von Semiramide verschaffen«, schlug er vor. »Und wenn sie dir nun wirklich nicht gefällt, dann werde ich dich auch nicht zu einer Ehe mit ihr drängen, sondern wir werden zusammen nach einer anderen Verbindung suchen, die deinen Zuspruch findet und gleichzeitig unserer Familie von Nutzen ist. Abgemacht?«
Giuliano überwand seinen Groll. Denn auch wenn er seinem Bruder so manches vorzuwerfen hatte, änderte das doch nichts daran, dass er ihn liebte und bewunderte. Im Grunde seines Herzens wünschte Giuliano sich nichts sehnlicher, als so zu sein wie er.
»Abgemacht.«
Beide erhoben sich und Lorenzo umarmte seinen Bruder. »Du magst nicht immer einer Meinung sein mit mir, und das ist auch dein gutes Recht, aber du weißt auch, wie sehr ich dich liebe und wie sehr mir dein Wohlergehen am Herzen liegt. Ich kann nicht im Streit mit dir leben. Wir beide müssen immer zusammenhalten!«
Giuliano entzog sich der brüderlichen Umarmung nicht. Sie hatten sich lange genug gestritten, und nachdem er seinem Herzen Luft gemacht hatte, sollte es nun endlich wieder gut sein zwischen ihnen. Kurz darauf verließ er die Kapelle, um in die Stadt zu gehen.
Lorenzo dagegen blieb noch eine Weile und dachte über ihr Gespräch nach. Es bedrückte ihn, dass er seinem Bruder in manchen Dingen, die dieser ihm vorgeworfen hatte, insgeheim recht geben musste. Aber die gewaltige Verantwortung, die auf seinen Schultern lastete, ließ ihm keine andere Wahl. Er musste das Heft fest in der Hand halten. Wie es aber in seiner Seele aussah, konnte er nicht einmal seinem Bruder anvertrauen. Wie hätte er ihm auch sagen können, dass er oft von Albträumen gequält wurde, er könnte den ungeheuren Belastungen und Pflichten, die ihm auferlegt worden waren, nicht gewachsen sein und das Haus Medici eines Tages durch irgendeine falsche Entscheidung in den Ruin, ja in den Abgrund stürzen!
7
F iora rückte die mit Wasser gefüllte Glaskugel, die das Kerzenlicht bündelte, sodass sie bei ihrer nächtlichen Arbeit besser sehen konnte, näher zu sich heran. Vor ihr auf der Werkbank ruhte auf der ledernen Unterlage die kleine silberne Brosche, die Marcello bei ihrem Vater bestellt hatte. Und es eilte! Sie musste das Schmuckstück, das ein Geschenk für seine Mutter sein sollte, bis Tagesanbruch fertigstellen. Sie brauchten unbedingt das Geld, das sie dafür erhalten würden.
Seit ihr Vater nicht mehr in der Lage war, seinen Beruf auszuüben, war das Geld knapp geworden. Zwar tat sie ihr Bestes, um für beständige und ausreichende Einnahmen zu sorgen, aber sie brauchte noch immer gut dreimal so lange wie früher ihr Vater für solch eine Brosche oder für einen Taufbecher. Ihr fehlte es einfach noch an Erfahrung und Sicherheit, die ihr Vater sich in einem langen Berufsleben als Goldschmied nach und nach angeeignet und die ihn dazu befähigt hatte, mit bewunderungswürdiger Geschicklichkeit und Präzision Treibhammer, Dreuel oder Gravierstichel zu führen. Auch unterliefen ihr immer wieder Fehler und Missgeschicke und es kostete viel Zeit und manchmal auch Geld, um sie zu beheben.
Was sie jedoch mit stillem Stolz erfüllte, war, dass ihre Kunden die Schmuckstücke aus der Werkstatt Bellisario immer noch für die Arbeiten ihres Vaters hielten und bisher noch nicht ein einziges Mal etwas an der Qualität auszusetzen gehabt hatten. Aber dass sie trotz aller Hilfestellung, die der Vater ihr bei komplizierten Arbeitsgängen mit wachsamem Auge gab, noch immer viel zu langsam war, hatte zur Folge, dass der Verdienst nur gering ausfiel. Hinzu kam, dass viele der zahlungskräftigen Kunden, die sich kostbare Goldgeschmeide und mit Perlen oder Juwelen besetzten Schmuck leisten konnten, seit geraumer Zeit zu den Goldschmieden in der Via Vaccareccia gingen. Das brachte die Nähe des Priorenpalastes mit sich, wo die Mächtigen und Reichen der
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