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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Wandtäfelung eingearbeitet, in dem Simonetta unwichtige Unterlagen und Papiere aufbewahrte, jedoch nicht seine geheimen Korrespondenzen und schon gar nicht die komplizierten Verschlüsselungen für seine Briefe an seine Agenten und Botschafter. Die hielt er in einem gut gesicherten Geheimfach unter Verschluss.
    Auf der rechten Seite hing die Wand bis auf Kniehöhe voller Wämser und Umhänge. Auf den oberen zwei der drei Ablagen darunter lagen sorgfältig zusammengefaltete farbige Beinkleider, während auf dem untersten Brett Schuhe aufgereiht standen. Alles war von bester Qualität, wie man sie von einem Mann seiner Stellung erwarten durfte. Doch nichts davon hatte er jemals getragen. Die Kleidung hatte nur den Zweck, dieser Kammer ein unverfängliches, ganz gewöhnliches Aussehen zu geben. In Wirklichkeit befand sich hier einer der verborgenen Zugänge zu den geheimen Gängen und Treppenanlagen, die das Kastell geradezu labyrinthisch durchzogen und von denen außer ihm, Cicco Simonetta, nur noch sein Bruder und sein Sohn wussten.
    Im Licht der Laterne kniete sich Simonetta vor die unteren Bretter auf den Boden.
    »Ich hätte hier eine Tür und keine Bodenluke anbringen lassen sollen«, murmelte er, als ihm schmerzhafte Stiche durch seine Knie fuhren, und fasste unter das Schuhbrett. Mit geübten Griffen legte er zwei kleine metallene Hebel um.
    Hinter der Schuhreihe klappte leise ein Teil der Wandtäfelung auf und Simonetta schob das Brett auf gut geölten Laufschienen nach hinten in den Hohlraum. Der Lichtschein der Laterne fiel auf einen kleinen Messingring im Boden. Mit seiner Hilfe ließ sich eine Luke öffnen, die so passgenau in den Boden eingearbeitet worden war, dass nur der sie erkannte, der davon wusste.
    Simonetta zog die Luke auf, nahm von seinem Bruder die Laterne entgegen und stieg mehrere Stufen der steilen und gerade mal mannbreiten Steintreppe hinunter. Dort wartete er auf Giovanni.
    Der folgte ihm, zog die Bodenklappe über sich zu und legte einen Metallhebel an der Wand um, der das Schuhbrett wieder zurück in seine ursprüngliche Position brachte und das aufgeklappte Wandstück dahinter wieder zufallen ließ. Dann stiegen sie weiter in die Tiefe, hinunter zu den Gewölben und Katakomben.
    »Gott und deiner Umsicht sei gedankt, dass du damals so vortreffliche Vorsorge für Tage wie diese getroffen hast!«, raunte Giovanni, während sie zu einer Abzweigung kamen, wo ein schmaler Gang zu den herzoglichen Gemächern führte und ein anderer zu einem quadratischen Treppenschacht.
    »Es reicht nun mal nicht, schlau wie ein Fuchs zu sein«, erwiderte Simonetta munter. »Man muss auch seinen Bau so anlegen, dass man seinen Häschern immer einen Schritt voraus ist und jeder Gefahr rechtzeitig entkommen kann! An diese Devise habe ich mich mein Lebtag gehalten, sonst lägen meine Gebeine schon längst irgendwo verscharrt unter der Erde.«
    Cicco Simonetta hatte allen Grund, mit sich und seinen Vorsichtsmaßnahmen zufrieden zu sein. Herzog Francesco hatte im Jahre des Herrn 1450 seinen Herrschaftssitz auf den Ruinen des alten Visconti-Kastells erbauen lassen und ihn mit der Planung und Überwachung der Bauarbeiten betraut. Und er hatte für die Anlage all der geheimen Türen, Gänge und Treppen gesorgt, ohne dass sie jedoch auf den Bauplänen eingezeichnet gewesen wären. Er hatte auch gewusst, wie es anzustellen war, dass keiner der Baumeister und Arbeiter ihr Wissen hinterher in klingende Münze umsetzen konnte.
    Es war alles eine Sache wohldurchdachter Planung und kalten Kalküls. Man durfte sich nicht von falschen Gewissensregungen beirren lassen. Dass man ihm schon damals eine krankhafte Geheimniskrämerei und einen übertriebenen Verfolgungswahn nachsagte, war an ihm abgeperlt wie Wassertropfen an einer fettigen Ölhaut. Und die vergangenen Wochen hatten gezeigt, wie vorausschauend und klug es gewesen war, diese geheimen Gänge und Treppen anlegen zu lassen.
    Sein Instinkt hatte ihn wieder einmal nicht getäuscht. Was in den ersten Januartagen nur eine Ahnung gewesen war, hatte sich schnell als wahr herausgestellt. Der Condottiere Roberto da Sanseverino hatte sich mit Sforza Maria, Ludovico und den beiden jüngeren Brüdern Ascanio und Ottaviano gegen ihn verbündet. Sie hatten geglaubt, geschickt vorgegangen zu sein und den Vorteil einiger Siege auf ihrer Seite zu haben.
    Es hatte damit begonnen, dass es ihnen gelungen war, ihn, Cicco Simonetta, aus den herzoglichen Gemächern zurück in die Räume

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