Der Pate von Florenz
gesunken! Mein Gott, du und dein Filippo, ihr ekelt mich an!«
»Fiora, bitte lass uns reden!«, beschwor Costanza sie. »Ich weiß, ich habe unrecht getan, dass ich dir nicht von Anfang an reinen Wein eingeschenkt habe, aber Filippo hat es mir verboten! Er hat Sorge, dass er sich die Häuser nicht sichern kann, wenn es sich herumspricht, dass ein reicher Mann wie Lippo de’ Pazzi sich dort einen Palazzo hinsetzen will. Du weißt doch, wie dann die Preise in die Höhe schnellen. Es tut mir leid, dass es so gekommen ist, aber ich habe ihm hoch und heilig versprochen, dass ich dir nichts verrate, und ich konnte ihn doch nicht hintergehen!«
»Aber Vater und mich konntest du hintergehen, ja?«, stieß Fiora voller Zorn aus. »Das hat dir nichts ausgemacht!«
»Doch! Wenn du nur wüsstest, wie schwer mir das alles gefallen ist! Regelrecht gequält hat es mich und natürlich werde ich es beichten müssen, dass ich dich so sehr verletzt habe!«, beteuerte Costanza. Gleichzeitig versuchte sie, Fiora in einen Vorratsraum zu ziehen.
Doch Fiora ließ es nicht zu. Sie wollte so schnell wie möglich aus dem Haus ihrer verlogenen Schwester kommen. »Spar dir deine Beteuerungen, die so falsch sind wie deine Geschenke und all das Gerede, dass du in Sorge um meine Zukunft bist!«
»Aber das bin ich doch! Auch wenn es nicht richtig war, dass ich nicht von Anfang an offen mit dir geredet habe, so ändert das doch nichts daran, dass du allmählich an deine Zukunft denken musst!«, beharrte Costanza. »Und wenn du mit dem Verkauf des Hauses eine hübsche Mitgift bekommen kannst, ist doch auch dir gedient. Und für unseren Vater wird gut gesorgt, das verspreche ich dir!«
Fiora sah sie mit abgrundtiefer Verachtung an. »Und das soll ich dir glauben?« Dann fiel ihr der kleine Lederbeutel mit dem Medaillon ein, den sie bei sich trug und der der eigentliche Grund ihres Besuches gewesen war. Sie holte ihn hervor und schlug ihn ihrer Schwester vor die Brust. »Hier ist das Marienmedaillon für deinen Sohn. Der kann auf Eltern wie euch wahrlich stolz sein! Ich hoffe, du hast wenigstens noch so viel Anstand im Leib, dass du Vater für seine Arbeit bezahlst, und zwar bald!«
»Warte! Du kannst das Geld sofort haben!«
»Schick einen deiner Bediensteten, Costanza!«, erwiderte Fiora kalt. »Das erspart mir deinen Anblick!«
Damit ließ sie ihre Schwester stehen und eilte zur Tür. Nur weg von hier!
»In Gottes heiligem Namen, bitte schweig Vater gegenüber!«, beschwor Costanza sie, während sie hinter ihrer Schwester her bis hinaus auf die Straße lief. »Ich verspreche dir, dass ich alles wiedergutmachen werde! Ich schwöre es bei allem, was mir heilig ist, Fiora!«
Fiora wollte nichts mehr hören. Tränenblind hastete sie davon.
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1 Mona bedeutete Frau. Es war die gebräuchliche Anrede für eine Frau aus dem einfachen Volk. Die Anrede Madonna gebührte nur einer wohlhabenden Dame oder einer Frau von vornehmer Herkunft, was nicht immer ein und dasselbe war.
22
D unkelheit senkte sich an diesem 25. Mai über Mailand und das herzogliche Kastell. Es würde eine ungewöhnlich kalte Nacht werden für diese Jahreszeit. Aber auch wenn ein eisiger Wintersturm über die in voller Blüte stehende Lombardei hergefallen wäre, hätte das der Hochstimmung des Kanzlers nichts anhaben können. In Cicco Simonetta brannte das Feuer des Triumphs.
»Ist er bereit?«, fragte er, als sein Bruder Giovanni zu ihm ins Zimmer trat.
Giovanni nickte. »Der Folterknecht hat gut und schnell gearbeitet. Auf die Kunst des strappado versteht er sich. Der Kerl kann es nicht erwarten, alles auszuspucken, was er über die Verschwörer und ihre Pläne weiß.«
Cicco Simonetta lächelte zufrieden, hatte er doch keine andere Antwort erwartet. »Gut, dann lass uns anhören, was der Hauptmann zu sagen hat, obwohl er uns wohl kaum etwas bieten kann, was wir nicht schon längst wissen.«
»Letzte Gewissheit hat ihren ganz eigenen Wert.«
»In der Tat«, pflichtete Simonetta ihm bei. »Sie macht jede Hinrichtung zu einer gerechten Sache.«
Er erhob sich hinter seinem Schreibtisch und reichte seinem Bruder eine verglaste Handlaterne, die für den Gang durch die dunklen Eingeweide des Kastells bereitstand. Sie verließen das geräumige Arbeitszimmer, gingen durch das angrenzende Schlafgemach, das dem Kanzler in langen Arbeitsnächten als Ruheraum für einen kurzen Schlaf diente, und betraten einen kleinen, fensterlosen Raum. Links von der Tür war ein Regal in die
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