Der Pathologe
mit«, sagte er.
»Kein Hunger.«
»Ist mir schon aufgefallen. Ich glaube, du hast abgenommen.«
»Du hast auch nicht gerade reingehauen.«
»Mir geht’s prima.«
»Mir auch. Mann.«
Sie warf sich den weißen Kittel über die Schulter. Legte ihre Hände auf Jeremys Handgelenke. »Wir werden bestimmt noch miteinander reden, nicht wahr?«
»Das hängt nicht von mir ab«, sagte er lächelnd. »Der Dienstplan.« Sein Pieper ging wieder los.
Sie lachte, küsste ihn und war verschwunden.
Der Anruf war von Bill Ramirez.
»Ich höre Gerüchte, mein Freund.«
»Worüber?«
»Dass du irgendwie damit zu tun hattest, diesen wahnsinnigen Graves zu schnappen.«
»Ziemlich verrückte Gerüchte«, entgegnete Jeremy. »Und er wurde nicht geschnappt, er wurde getötet.«
»Richtig«, sagte Ramirez. »Es klang nicht logisch. Dass ein stiller Bursche wie du in Heldentaten verwickelt wird.«
»Heldentaten?«
»Das macht die Runde. Dass du irgendwie Sachen für die Cops rausgefunden, deine Seelenklempner-Nummer abgezogen und ihnen geholfen hast, ein Profil von diesem Mistkerl zu erstellen. Ich hab sogar eine richtig verrückte Geschichte gehört, nämlich dass du in der Nacht dabei warst, in der sie ihn erwischt haben.«
»Klar«, sagte Jeremy. »Ich bürste gerade mein Cape ab, während wir hier plaudern.«
»Das hab ich mir gedacht. Vielleicht ist es die Verwaltung, die diese Gerüchte in Umlauf bringt. Es ist ein PR-Albtraum für sie – jedenfalls dachte ich mir, du solltest es erfahren – ich hab den Kerl nie gemocht. Er war arrogant.«
»Soweit ich gehört habe, war Arroganz das geringste seiner Probleme.«
»Das ist richtig«, sagte der Onkologe. »Da wir von Heldentaten reden, der eigentliche Grund meines Anrufs war, dir zur Abwechslung mal eine positive Nachricht zukommen zu lassen. Unser Doug hat es irgendwie fertig gebracht, sich in eine hübsche kleine Remission reinzuschaukeln.«
»Das ist ja toll!«
»Ich hätte nie gewagt, das vorherzusagen, aber so ist das in meinem Beruf – jeden Tag überraschende Erfahrungen. Schwer zu sagen, ob es lange vorhalten wird. Jedenfalls sieht es im Moment nicht im Entferntesten nach einer Transplantation aus, und deshalb schicke ich ihn nach Hause und setze seine Behandlung auf ambulanter Basis fort. Ich dachte, du solltest das wissen.«
»Das weiß ich zu schätzen, Bill. Wann wird er entlassen?«
»Morgen Vormittag, wenn nichts dazwischenkommt. Apropos Cape: In meinen Augen ist dieser Junge Superman.«
Marika saß neben Doug auf dem Bett. Beide in Straßenkleidung. Doug trug ein Budweiser-T-Shirt und eine Jeans. Seine Beinprothese war angeschnallt. Mit beiden Händen hing er am Tropf. Seine Farbe war besser. Nicht völlig in Ordnung, aber besser. Einige seiner Haare waren ausgefallen. Er strahlte.
»Hey, Doc. Ich hab der Medizin schwer in den Arsch getreten.«
»Kann man wohl sagen.«
»Yeah, ich hab Ihnen doch gesagt, dass diese Scheißleukämie schon noch sehen wird, wer hier der Herr im Haus ist.«
»Sie sind der Boss, Doug.«
Der junge Mann stieß seine Frau an. »Hast du das gehört? Da spricht der Fachmann.«
»Du bist der Boss, Schatz.«
»Aber hallo.«
»Also«, sagte Jeremy, »dann gehen Sie morgen nach Hause.«
»Als Erstes geh ich raus in die Ziegelei, such mir ein paar schöne gebrauchte Steine und zieh die Mauer im Hinterhof meiner Eltern hoch, die ich ihnen versprochen habe. Und ich baue eine kleine Nische für einen Springbrunnen ein und verlege eine Wasserleitung dorthin. Um Mom zu überraschen.«
»Klingt großartig. Meinen Glückwunsch.«
»Vielen Dank – kommen Sie her, Doc. Geben Sie mir die Hand, ich will Ihnen zeigen, wie fest ich zupacken kann.«
Doug streckte die rechte Hand aus. Der Transfusionsschlauch bewegte sich wie eine Schlange und summte. Jeremy kam näher. Doug ergriff seine Hand und drückte fest zu.
»Beeindruckend«, sagte Jeremy.
»Manchmal«, erklärte der junge Mann, »hab ich das Gefühl, ich könnte Wände
hochklettern
.«
56
An dem Tag, als Arthur Jeremy besuchte, brachte die Post noch eine Überraschung.
Ein billiger weißer Briefumschlag. Auf der Rückseite der Stempel AMTLICHE POLIZEIMITTEILUNG.
Drinnen lagen zwei zusammengeklebte quadratische Stücke Karton. Jeremy schnitt das Klebeband auf und zog heraus, was zwischen ihnen geborgen war.
Der Schnappschuss von Jocelyn und ihm. Ihre winzige Gestalt ließ Jeremy groß erscheinen. Beide sahen glücklich aus. Ihre blonden Haare waren vom Wind
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