Der Perfekte Eroberer
aufzuhalten).
Zweitens stellen wir fest, dass einige der beschriebenen Störungen schon auf der körperlichen Ebene sehr unangenehm sein können. Wenn du es in bestimmten Situationen mit Magen-Darm-Problemen oder Schmerzen durch Muskelverspannungen zu tun bekommst, dann hast du es mit einem echten Handicap zu tun. Es reicht dir dann vermutlich nicht aus zu sagen: »Gut, ich bin ein bisschen schüchtern, na und? Das kann doch auch ein ganz liebenswerter Charakterzug sein. Besser als diese furchtbar aufdringlichen und ungehobelten Typen, die gar nicht merken, wenn sie einem auf den Senkel gehen.« Statt sich die Dinge so schönzureden, möchtest du vielleicht etwas dagegen unternehmen.
Drittens sind diese körperlichen Symptome dermaßen unangenehm, dass du ihnen gerne aus dem Weg gehen willst. Du hast keine große Lust auf Übelkeit oder Nackenschmerzen und versuchst deshalb, Situationen zu vermeiden, in denen deine Schüchternheit auftreten könnte. Oder es ist dir dermaßen peinlich, dass deine Hand zittert, in der du ein Sektglas hältst, oder dass du errötest, wenn du eine attraktive Frau ansprichst, dass du dich vor solchen Begegnungen gerne drückst. Dieses sogenannte Vermeidungsverhalten führt allerdings dazu, dass du dich in den entsprechenden Situationen nicht üben kannst. Du sprichst also keine fremden Frauen an oder drückst dich davor, auf Betriebsfesten zu erscheinen. Prompt wirst du immer unsicherer und gehemmter.
Viertens, und das ist nun wirklich bald zum Verzweifeln, führen manche dieser körperlichen Symptome dazu,
dass du dich, selbst wenn du deine Ängste und Hemmungen überwindest, kaum noch wie ein normaler Mensch benehmen kannst. Das beste Beispiel dürfte der letzte Punkt auf dieser Liste sein: das Gefühl von Leere im Kopf. Für viele Männer, die in anderen Situationen klug und schlagfertig sind, stellt dieses Symptom das größte Handicap dar, wenn es darum geht, fremde Frauen anzusprechen. Sobald sie eine Frau sehen, die sie wirklich attraktiv finden, fällt ihnen entweder überhaupt nichts ein, was sie zu ihr sagen könnten, und sie bleiben deshalb stumm wie ein Fisch, oder ihre Äußerungen klingen so ähnlich wie »Hanawu?«, sind also lediglich ein Schatten ihres üblichen beredsamen und charmanten Ichs. Dieses können sie dann wiederum nur bei Frauen zeigen, die für sie nur von minimalem erotischen Interesse sind. Was verdammt unpraktisch ist.
Dass es sich so mit uns verhält, hat allerdings seine Gründe. Bekanntlich spielen Körper und Seele ja stark zusammen. Und wann immer wir von einem Menschen so richtig bezaubert sind – um nicht zu sagen: in ihn verknallt – , schüttet unser Körper eine bestimmte Chemikalie aus: nämlich Phenylethylamine, einen Verwandten der Amphetamine, der unseren Kreislauf sowie unser Nervensystem in ähnlicher Weise beeinflusst wie eine Droge, die in uns einen kleinen Rausch erzeugt. Wir werden wuschig im Kopf, das Herz schlägt schneller, unsere Hände fangen an zu schwitzen, und wir kommen auf seltsame Ideen. Zum Beispiel, dass wir unserem Gegenüber jetzt und auf der Stelle die Klamotten vom Leib reißen möchten …
Es ist dieses kleine Drogenhoch und die damit verbundene Mattscheibe, die ebenfalls dazu beitragen, unsere Schüchternheit am Leben zu halten. Wenn wir nämlich auf die Frau zugehen, die das alles in uns ausgelöst hat, sind wir nicht mehr ganz auf der Reihe und benehmen uns entsprechend.
Wir werden ihr in der Regel nicht wirklich die Klamotten runterreißen, aber wir erreichen oft nicht einmal halbwegs die Höhe unseres gewohnten Niveaus. Nach dem Gespräch sind wir uns sicher, vollkommen idiotisch gewirkt zu haben: »Was, um Gottes willen, hab ich da jetzt wieder gesagt!?« Und das ausgerechnet bei dem Menschen, den wir beeindrucken wollten! Dass wir unsere Angst überwunden haben, hat also unweigerlich nicht zu einem Erfolg geführt, sondern zu einer negativen Erfahrung. Auch all diese supertollen Tipps, die wir mühselig aus verschiedenen Flirtratgebern gesammelt und abgespeichert haben, waren von einem Moment zum anderen verschwunden – all die Mühe war vergebens. Wir haben nicht nur die Chance vermasselt, bei unserem Gegenüber zu punkten, wir haben auch bewusst oder unbewusst »gelernt«, dass sich diese Überwindung von Schüchternheit nicht lohnt, sondern nur zu einem Debakel oder einer Blamage führt. Der Teufelskreis schließt sich enger.
DIE MENTALEN SYMPTOME DER SCHÜCHTERNHEIT
Wie ich schon erwähnt habe,
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