Der Perfekte Eroberer
doch die leichteste Sache der Welt sein, einem anderen Menschen zu sagen: Hi, ich bin Soundso, du gefällst mir, ich würde dich gerne näher kennenlernen, wollen wir einen Kaffee zusammen trinken gehen? Und genauso frei müsste der andere Ja oder Nein sagen können, und dann kommt man zusammen oder jeder geht seiner Wege. Das ist eine völlig risikofreie Angelegenheit. Kein Blut fließt und niemand stirbt. Trotzdem haben die Leute Angst davor. Angst, was der andere denken könnte, Angst, dem anderen zu nahe treten, Angst, selber bloßgestellt oder verarscht zu werden …
Für diese Befangenheit haben Frauen allerdings nicht immer Verständnis. »Männer: Schüchtern sind sie chancenlos« lautete vor einiger Zeit die Schlagzeile eines Zeitungsartikels. Der Bericht bezog sich auf eine Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut INRA im Auftrag der Zeitschrift Elle durchgeführt hatte. Dieser Befragung zufolge stimmte nur jede dritte Frau bis zum Alter von 34 Jahren der Aussage zu: »Ich finde schüchterne Männer sexy. Aufschneider hasse ich.« Erst ab 35 scheinen die Frauen über genügend Reife und Lebenserfahrung zu verfügen, um auch Männer schätzen zu können, die sich nicht gleich um die Rolle des Platzhirsches drängeln. Von diesen etwas älteren Frauen fand immerhin fast jede zweite schüchterne Männer anziehend.
Vermutlich weil selbst in unserer angeblich gleichberechtigten Gesellschaft noch immer von Männern erwartet wird, den ersten Schritt zu tun und somit das Risiko der Zurückweisung einzugehen, gab es keine vergleichende Umfrage des INRA für Frauen.
Solltest du wirklich extrem schüchtern sein, gibt es die unterschiedlichsten Möglichkeiten, dieses Handicap zu bewältigen. Dazu zählen etwa das Erlernen von Entspannungsmethoden und Visualisierungen, eine individuelle Psychotherapie und in Ausnahmefällen vielleicht sogar die Einnahme von Medikamenten. All das ist sicher hilfreich, aber da ich weder Arzt noch klinischer Psychologe bin, kann das nicht mein Thema sein. Allerdings habe ich mit Arnes Hilfe aus den unserer Ansicht nach besten Titeln der internationalen Fachliteratur zu diesem Thema (siehe Anhang) die brauchbarsten Tipps herausgefiltert. Ein besonderer Dank geht dabei an Martin Antonys und Richard Swinsons The Shyness & Social Anxiety Workbook , das hierbei besonders hilfreich war.
Beginnen wir dazu mit einer einfachen Analyse, wie sich Schüchternheit überhaupt zeigt und warum es so schwierig ist, damit umzugehen.
DIE KÖRPERLICHEN SYMPTOME DER SCHÜCHTERNHEIT
Symptome der Schüchternheit bewegen sich auf vier verschiedenen Ebenen: der körperlichen, der gedanklichen, der emotionalen und der des Verhaltens. Beginnen wir mit der körperlichen Ebene.
Hierzu gingen im Mai 2010 die Ergebnisse eines Experiments durch die Presse, das Wissenschaftler der Universität Valencia durchgeführt hatten. Die Forscher hatten 84
junge Männer einzeln Sudoku-Rätsel lösen lassen. Im selben Raum befanden sich jeweils ein fremder Mann und eine fremde, sehr schöne Frau. Verließ die Frau den Raum, änderte sich der Level des Stresshormons Cortisol im Blut der Probanden nicht. Verließ jedoch der fremde Mann für einen kurzen Moment den Raum, schnellte der Cortisol-Spiegel aller Versuchsteilnehmer in die Höhe. Besonders hoch waren die Auswirkungen, wenn Männer glaubten, die Frau, mit der sie jetzt alleine waren, sei wesentlich attraktiver als sie selbst und deshalb unerreichbar.
Wir alle wissen, mit welchen Symptomen sich dieser erhöhte Stress äußern kann. Dazu gehören die folgenden:
Erröten
Herzklopfen
» Kloß im Hals«
Prickeln auf der Haut
Zittern
Atemlosigkeit
Schwitzen
Magen-Darm-Probleme bis hin zur Übelkeit
Muskelverspannungen, Muskelzucken
Schwindel, Gefühl von Leere im Kopf
Na ja, werden Sie jetzt vielleicht denken, das ist nichts wahnsinnig Neues. Jeder weiß, dass Erröten ein Zeichen von Schüchternheit sein kann. Aber wenn wir uns näher mit diesen Symptomen beschäftigen, erkennen wir, dass noch einiges mehr dahintersteckt. Das Erste, was uns auffällt, ist, dass es sich häufig um körperliche Anzeichen handelt, die typisch für Angst sind. Genau darum spricht man bei Schüchternheit mittlerweile von Sozialphobie (eine Phobie zu haben, bedeutet ja, dass man sich vor etwas
Bestimmtem fürchtet), und man versucht, sie mit denselben Techniken zu behandeln wie andere Angststörungen, zum Beispiel die Klaustrophobie (der Angst, sich in geschlossenen Räumen
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