Der Pfad der Dolche
sie die Atha'an Miere beobachtete. Elayne wurde rasch ernst und wandte sich den Packpferden zu. Sie hatten es jedoch verdient. Es war sehr schwer, ernst zu bleiben.
Die Durchsuchung ging mit Aviendhas Hilfe weitaus rascher vonstatten als zuvor, obwohl Aviendha nicht so schnell wie sie erkannte, wonach sie suchten, was keine große Überraschung war. Einige der Schwestern, die Elayne ausgebildet hatte, zeigten größeres Können hierin als sie selbst, aber die meisten kamen ihr nicht einmal nahe. Dennoch fanden zwei Paar Hände mehr als eines, und es gab vieles zu finden.
Stallburschen in Livree und Frauen brachten den Unrat fort während sich auf der breiten Steinabdeckung einer quadratischen Zisterne viele Ter'angreale anhäuften.
Vier weitere Pferde wurden schnell entladen, und sie stellten eine Sammlung zusammen, die in der Burg gefeiert worden wäre, selbst wenn niemand Ter'angreale erforscht hätte. Sie hatten jede erdenkliche Form. Becher und Schalen und Vasen, keine zwei von derselben Größe, mit demselben Muster oder aus dem gleichen Material. Eine flache, wurmstichige Schatulle, die schon auseinanderfiel und deren wie auch immer geartetes Futter längst zu Staub zerfallen war, enthielt Schmuckstücke - eine Halskette und Armbänder, die mit farbigen Steinen besetzt waren, einen schmalen, juwelenbesetzten Gürtel und mehrere Fingerringe -, und es gab Platz für weitere. Jedes einzelne Schmuckstück war ein Ter'angreal, und sie paßten alle zueinander, sollten zusammen getragen werden, obwohl sich Elayne nicht vorstellen konnte, warum eine Frau so viel Schmuck auf einmal am Körper tragen wollte. Aviendha fand einen Dolch, um dessen Heft aus grobem Hirschgeweih Golddraht gewickelt war. Die Klinge war stumpf, und sie war es allem Anschein nach auch stets gewesen. Sie drehte den Dolch unentwegt in den Händen - tatsächlich begannen ihre Hände zu zittern -, bis Elayne ihn ihr fortnahm und zu den anderen Gegenständen auf die Zisternenplatte legte. Selbst dann stand Aviendha noch lange Zeit da, betrachtete den Dolch und leckte sich die Lippen, als seien sie ausgetrocknet. Es gab Fingerringe, Ohrringe, Halsketten, Armbänder und Gürtelschnallen, die teilweise sehr eigenartige Muster aufwiesen. Es gab Statuetten und Figuren von Vögeln und Tieren und Menschen, mehrere Dolche mit Ziselierungen, ein halbes Dutzend große Medaillons aus Bronze oder Stahl, die meisten mit merkwürdigen Mustern versehen, aber keines mit einem Bild, das Elayne wirklich verstehen konnte, ferner zwei seltsame Hüte, die anscheinend aus Metall gefertigt waren, zu verziert und zu dünn, um Helme zu sein, und unzählige Gegenstände, die sie nicht einmal annähernd benennen konnte. Darunter eine Rute vom Umfang ihres Handgelenks, hellrot und glatt und abgerundet, eher fest als hart, obwohl sie aus Stein zu sein schien. Sie erwärmte sich in ihren Händen nicht nur leicht - sie fühlte sich fast heiß an! Es war genausowenig wirkliche Hitze, wie die Wärme real war, aber dennoch! Und was war mit den zwei wie Korbgeflecht gearbeiteten Metallkugeln, eine in der anderen? Jede Bewegung verursachte ein schwaches musikalisches Klingen, stets einen anderen Ton, und sie hatte das Gefühl, daß jedes Mal eine noch kleinere Kugel entdeckt werden wollte, gleichgültig wie genau sie hinsah. Und der Gegenstand, der wie das aus Glas gefertigte Geduldsspiel eines Schmieds aussah? Er war so schwer, daß sie ihn fallen ließ, und er brach einen Splitter vom Rand der Zisternenplatte ab. Es war insgesamt eine Ansammlung, die bei jeder Aes Sedai Erstaunen hervorrufen würde. Und noch wichtiger war, daß sie noch zwei weitere Angreale gefunden hatten, die Elayne sehr vorsichtig in Reichweite beiseite legte.
Das eine war ein seltsames Schmuckstück, ein goldenes, mit vier flachen Ketten mit Fingerringen verbundenes Armband, das mit einem komplizierten, labyrinthischen Muster ziseliert war. Das war das stärkere der beiden Angreale, sogar stärker als die noch immer in ihrer Gürteltasche befindliche Schildkröte. Es war für eine kleinere Hand als Aviendhas oder ihre gemacht. Seltsamerweise besaß das Armband ein kleines Schloß, vollständig mit einem sehr kleinen, röhrenförmigen Schlüssel, der von einer dünnen, offensichtlich abnehmbaren Kette herabhing. Zusammen mit dem Schlüssel abnehmbar! Das andere Angreal war eine sitzende Frau aus vom Alter dunkel gewordenem Elfenbein, welche die Beine vor sich gekreuzt hatte, die Knie entblößt, aber mit so
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