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Der Pfad der Dolche

Der Pfad der Dolche

Titel: Der Pfad der Dolche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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sichtbare Öffnung dehnte sich an den Rändern und veränderte beständig ihre Gestalt und sogar die Größe. Elaynes Beine begannen zu zittern, und die Anstrengung beeinträchtigte ihr Sehvermögen ebenso wie der Schweiß. Sie wußte nicht, wieviel länger sie noch weitermachen konnte. Sie biß die Zähne zusammen und kämpfte. Ein Faden nach dem anderen. Ein Faden nach dem anderen...
    Tausend Meilen entfernt, weniger als hundert Schritt durch das zitternde Wegetor, rannten Dutzende von Soldaten um die weißen Gebäude des Bauernhofs herum, kleine Männer mit Armbrusten, braunen Brustharnischen und bemalten Helmen, die wie die Köpfe riesiger Insekten aussahen. Hinter ihnen kam eine Frau mit roten Abzeichen, einem Silberblitz auf den Röcken und einem Armband um ihr Handgelenk; die daran befestigte silberne Koppel war mit dem Band um den Hals einer Frau in Grau verbunden. Danach kamen eine weitere Sul'dam und ihre Damane und noch ein weiteres Paar. Eine der Sul'dam deutete auf das Wegetor, und plötzlich umhüllte das Schimmern Saidars ihre Sul'dam.
    »Runter!« schrie Elayne und ließ sich rückwärts fallen, außer Sicht des Bauernhofs, als ein silberblauer Blitz mit ohrenbetäubendem Brüllen durch das Wegetor schoß und sich wild in alle Richtungen ausbreitete. Ihre Haare sträubten sich. Alle Strähnen versuchten sich einzeln aufzurichten, und donnernde Erdfontänen brachen auf, wo immer einer der Ausläufer des Blitzes auftraf. Erde und Steine regneten auf sie herab.
    Elaynes Hörvermögen kehrte jäh zurück, und sie nahm die Stimme eines Mannes von der anderen Seite der Öffnung in undeutlichem, gedehntem Tonfall wahr, der ihr ebenso eine Gänsehaut verursachte wie die Worte. »...müßt sie lebend gefangennehmen, ihr Narren!«
    Plötzlich sprang einer der Soldaten unmittelbar vor ihr auf die Wiese. Birgittes Pfeil bohrte sich durch die auf seinen Lederbrustharnisch gepreßte Faust. Ein zweiter seanchanischer Soldat stolperte über den ersten, als dieser hinfiel, und Aviendhas Gürteldolch stak bereits in seiner Kehle, bevor er sich wieder aufrappeln konnte. Ein Pfeilhagel wurde von Birgittes Bogen abgeschossen. Sie hatte einen Stiefel auf die Zügel ihres Pferdes gestellt und lächelte grimmig, während sie schoß. Die Pferde warfen zitternd die Köpfe hoch und tänzelten, als wollten sie sich losreißen und davonlaufen, aber Birgitte stand nur da und schoß, so schnell sie die Pfeile einlegen konnte. Schreie von jenseits des Wegetors zeigten an, daß Birgitte Silberbogen noch immer mit jedem abgeschossenen Pfeil traf. Die Antwort erfolgte, schnell wie ein schlechter Gedanke. Schwarze Striche, Armbrustpfeile. So rasch, alles geschah so rasch. Aviendha fiel zu Boden, Blut lief über die Finger, die ihren rechten Arm umklammerten, aber sie ließ ihre Wunde sofort wieder los, kroch vorwärts, suchte auf dem Boden mit angespanntem Gesicht nach dem Angreal. Birgitte schrie auf. Sie ließ den Bogen fallen und umfaßte ihren rechten Oberschenkel, aus dem ein Pfeil ragte. Elayne spürte den Schmerz so stark, als wäre es ihr eigener.
    Sie ergriff in ihrer halb auf dem Rücken liegenden Stellung verzweifelt einen weiteren Faden des Gewebes. Und erkannte nach einem Zug entsetzt, daß sie nicht mehr tun konnte, als ihn nur festzuhalten. Hatte sich der Faden bewegt? Hatte er sich überhaupt ein Stück gelöst? Wenn dem so war, wagte sie ihn nicht loszulassen. Der Faden zitterte in ihrem Griff.
    »Lebend, sagte ich!« brüllte die seanchanische Stimme. »Niemand, der eine Frau tötet, bekommt etwas von dem erbeuteten Gold!« Der Regen von Armbrustpfeilen hörte auf.
    »Ihr wollt mich gefangennehmen?« rief Aviendha. »Dann kommt und tanzt mit mir!« Jäh war sie vom Schimmern Saidars umgeben, selbst mit dem Angreal noch schwach, und Feuerkugeln sprangen vor dem Wegetor auf und stoben immer wieder hindurch. Keine sehr großen Kugeln, aber die Wucht des Aufpralls in Altara war beständig zu hören. Aviendha keuchte jedoch vor Anstrengung, und ihr Gesicht glänzte vor Schweiß. Birgitte hatte ihren Bogen wieder aufgenommen, jeder Zoll die Heldin der Legende. Während Blut ihr Bein hinablief und sie kaum stehen konnte, hatte sie schon wieder einen Pfeil halbwegs herausgezogen und suchte nach einem neuen Ziel.
    Elayne versuchte, ihre Atmung zu beruhigen. Sie konnte um keinen Preis mehr Macht heranziehen. »Ihr beide müßt fliehen«, sagte sie. Elayne konnte nicht glauben, daß sie so eiskalt und ruhig klang. Sie wußte,

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