Der Pfad der Dolche
Schimmern um sie herum und der Strom von Feuerkugeln blieben jedoch bestehen. Gewiß nicht mehr so rasch wie zuvor, und einige Kugeln gingen weit am Wegetor vorbei, zogen Flammenspuren durchs Gras oder explodierten auf dem jenseits gelegenen Boden, aber sie wurden noch immer gestaltet und ausgelöst. Elayne sammelte Kraft, zwang sich dazu, Kraft zu sammeln. Wenn Aviendha weitermachte, obwohl sie jeden Moment zusammenzubrechen schien, konnte sie es auch.
Das Wegetor begann schnell zu schwinden, während sich zunehmend braune Grasflächen zwischen ihnen und der Öffnung erstreckten, und dann stieg der Boden an. Sie ritten den Hügel hinauf! Birgitte war ganz konzentriert, kämpfte gegen den Schmerz in ihrem Bein an, drängte die Pferde zu noch größerer Geschwindigkeit. Sie mußten nur den Hügelkamm erreichen.
Aviendha sank keuchend auf ihre Ellbogen, wurde haltlos durchgeschüttelt. Das Licht Saidars flackerte um sie herum und schwand dann. »Ich kann nicht mehr«, keuchte sie. »Ich kann nicht.« Zu mehr war sie nicht länger in der Lage. Seanchanische Soldaten sprangen fast unmittelbar, nachdem der Feuerkugelhagel aufhörte, auf die Wiese.
»Es ist in Ordnung«, stieß Elayne mühsam hervor. Ihre Kehle war rauh. Alle Feuchtigkeit bedeckte jetzt ihre Haut und tränkte ihre Kleidung. »Es ermüdet, ein Angreal zu benutzen. Du hast es gut gemacht. Sie können uns jetzt nichts mehr anhaben.«
Wie um ihr zu spotten, erschien auf der Wiese unter ihnen eine Sul'dam. Die beiden Frauen waren selbst auf die Entfernung von einer halben Meile gut zu erkennen. Die tief im Westen stehende Sonne spiegelte sich noch auf dem A'dam, das sie verband. Ein zweites Paar kam dazu, dann ein drittes und ein viertes. Und ein fünftes.
»Der Hügelkamm!« schrie Birgitte freudig. »Wir haben es geschafft! Heute abend wird gefeiert!«
Eine Sul'dam auf der Wiese deutete in ihre Richtung, und die Zeit schien sich zu verlangsamen. Das Schimmern der Einen Macht sprang um die Damane der Frau auf. Elayne konnte sehen, wie das Gewebe sich formte. Sie wußte, was es war. Man konnte es nicht aufhalten. »Schneller!« schrie sie. Der Schild traf sie. Elayne hätte dafür ausreichend stark sein sollen - sie hätte es sein sollen! -, aber erschöpft wie sie war, konnte sie sich kaum noch an Saidar klammern, und so durchtrennte er ihre Verbindung zur Quelle. Unten auf der Wiese fiel das Gewebe, das ein Wegetor gewesen war, in sich zusammen. Verstört und scheinbar unfähig, sich zu regen, warf sich Aviendha aus dem Sattel auf Elayne und brachte sie beide zu Fall. Elayne hatte gerade noch Zeit, den jenseitigen Hügelhang unter sich zu sehen, als sie fiel.
Die Luft wurde weiß und verhüllte ihre Sicht. Da waren Geräusche - sie erkannte, daß da Geräusche waren, ein lautes Brüllen -, aber sie hörte sie nicht. Sie prallte auf dem Boden auf, als wäre sie von einem Dach auf hartes Pflaster gestürzt oder von einer Turmspitze.
Sie öffnete die Augen und blickte nach oben. Der Himmel wirkte Irgendwie seltsam, verschwommen. Sie konnte sich einen Moment nicht bewegen, und als es ihr endlich gelang, keuchte sie laut. Sie hatte überall Schmerzen. Oh, Licht, sie hatte Schmerzen! Sie hob langsam eine Hand zum Gesicht. Ihre Finger waren rot. Blut. Die anderen. Sie mußte den anderen helfen. Sie konnte Birgitte spüren, den Schmerz genauso stark spüren wie das, was sie gepackt hatte, aber zumindest lebte Birgitte. Und sie war entschlossen - und anscheinend zornig. Sie konnte nicht allzu schlimm verletzt sein. Aviendha.
Elayne drehte sich schluchzend um und erhob sich dann auf Hände und Knie, wobei sich in ihrem Kopf alles drehte und sie Schmerzen in der Seite verspürte. Sie erinnerte sich vage daran, daß es gefährlich sein konnte, sich mit auch nur einer gebrochenen Rippe zu bewegen, aber dieser Gedanke verflüchtigte sich rasch wieder. Denken schien ... schwierig. Aber Blinzeln half ihrer Sicht anscheinend. Ein wenig. Sie befand sich fast am Fuß des Hügels! Hoch über ihr stieg Qualm von der jenseitigen Wiese auf. Aber das war jetzt unwichtig. Vollkommen unwichtig.
Dreißig Schritt den Hang aufwärts hatte Aviendha sich ebenfalls auf Hände und Knie aufgerichtet, fiel aber fast wieder um, als sie eine Hand hob, um sich das Blut aus ihrem Gesicht zu wischen, aber sie ließ ihren Blick dennoch ängstlich suchend schweifen. Ihr Blick fiel auf Elayne, und sie erstarrte. Elayne fragte sich, wie schlimm sie aussah. Gewiß nicht schlimmer als Aviendha
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