Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)
das dunkle Holz.
Die heranstürmenden Pferde wurden aber keineswegs langsamer. Außer sich erreichte Kaladin den Rand der Brücke, doch etwas zog ihn zurück. Hände lagen auf seiner Schulter. Er stolperte, wirbelte herum und stand Moasch gegenüber. Kaladin knurrte ihn an und versuchte den Mann beiseitezuschieben, aber Moasch nutzte eine Bewegung, die Kaladin ihm beigebracht hatte, und schleuderte ihn dadurch zu Boden. Danach warf sich Moasch auf Kaladin und drückte mit seinem ganzen Gewicht auf ihn, während die schwere Kavallerie
über die Brücke ritt und Pfeile von ihren silbrigen Rüstungen abprallten.
Zerbrochene Pfeilschäfte sprenkelten den Boden. Kaladin wehrte sich noch ein wenig, dann aber blieb er vollkommen reglos.
»Er ist tot«, sagte Moasch grob. »Du hättest nichts mehr für ihn tun können. Es tut mir leid.«
Du hättest nichts mehr für ihn tun können …
Nie kann ich etwas tun. Sturmvater, warum kann ich sie nicht retten?
Die Brücke erzitterte nicht mehr. Die Kavallerie stürmte nun auf die Parschendi ein und schuf Platz für die Fußsoldaten, die als Nächste über die Brücke liefen. Die Kavallerie würde sich zurückziehen, sobald sich die Soldaten behaupten konnten, denn die Pferde waren zu wertvoll, um ihren Verlust im Kampf zu riskieren.
Ja, dachte Kaladin. Denk über die Taktik nach. Denk über die Schlacht nach. Denk nicht an Dunni.
Er schob Moasch von sich herunter und stand auf. Dunnis Leichnam war so zertrampelt worden, dass er gar nicht mehr erkennbar war. Kaladin biss die Zähne zusammen, drehte sich um und ging fort, ohne noch einmal einen Blick zurückzuwerfen. Er drängte sich an den zusehenden Brückenmännern vorbei, trat dann an den Rand der Kluft, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und stand mit gespreizten Beinen da. Es war nicht gefährlich, solange er weit genug entfernt von der Brücke stand. Die Parschendi hatten ihre Bögen weggesteckt und befanden sich auf dem Rückzug. Der Kokon war ein hoher, ovaler Brocken auf der hinteren linken Seite des Plateaus.
Kaladin wollte zusehen. Dabei half es ihm, wie ein Soldat zu denken, und wie ein Soldat zu denken half ihm dabei, den Tod derer zu verarbeiten, die ihm nahestanden. Vorsichtig kamen auch die anderen Brückenmänner herbei und gesellten
sich in Ruhehaltung zu ihm. Sogar der Parscher Schen war bei ihnen und ahmte stumm die anderen nach. Bisher hatte er jeden Brückenlauf ohne Beschwerden mitgemacht. Er weigerte sich nicht, gegen seine Vettern zu marschieren, und er versuchte auch nicht, die Angriffe zu sabotieren. Gaz war zwar enttäuscht, aber Kaladin war keineswegs überrascht. So waren die Parscher nun einmal.
Außer denen auf der anderen Seite der Kluft. Kaladin beobachtete den Kampf, hatte aber Schwierigkeiten, sich auf die Taktik zu konzentrieren. Dunnis Tod belastete ihn doch zu sehr. Der Junge war ein Freund gewesen. Er hatte Kaladin als einer der Ersten unterstützt und zu den besten Brückenmännern gehört.
Jeder tote Brückenmann brachte sie näher an die Katastrophe heran. Es dauerte Wochen, bis die Männer richtig ausgebildet waren. Noch bevor sie halbwegs einsatzbereit waren, würden sie die Hälfte oder sogar mehr verlieren. Und dann würden sie nicht mehr schlagkräftig genug sein.
Du musst einen Weg finden, das zu verhindern, dachte Kaladin. Er hatte die Entscheidung gefällt, und nun war kein Raum mehr für Verzweiflung. Verzweiflung war ein Luxus, den er sich nicht leisten konnte.
Er entfernte sich von der Kluft. Die anderen Brückenmänner sahen ihm überrascht nach. In letzter Zeit hatte Kaladin ganze Schlachten von Anfang bis Ende beobachtet. Sadeas’ Soldaten hatten es bereits bemerkt. Viele betrachteten dies als Anmaßung. Doch einige schienen Brücke Vier deswegen zu respektieren. Er wusste, dass es Gerüchte über ihn gab, weil er im Sturm ausgehalten hatte, und das verstärkte seinen Ruf.
Brücke Vier folgte ihm. Kaladin führte sie über das felsige Plateau. Er bemühte sich, den zerschmetterten und zertrampelten Leichnam auf der Brücke nicht länger anzusehen. Dunni war einer der wenigen Brückenmänner gewesen, die
sich ein gewisses Maß an Unschuld bewahrt hatten. Und nun war er tot, niedergetrampelt von Sadeas, getroffen von Pfeilen beider Seiten. Unbeachtet, vergessen, weggeworfen.
Es gab nichts, was Kaladin noch für ihn tun konnte. Er begab sich dorthin, wo die Mitglieder von Brücke Acht erschöpft auf den Felsen lagen. Kaladin erinnerte sich daran, wie er
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