Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)
die Stadt ist eine der großen Zwischenstationen auf der Route in den Südwesten. Die Emuli sind ein Stamm des Askarki-Volkes und gehören ethnisch zu den Makabaki. Sie sind so dunkelhäutig wie ich selbst. Ihr Reich grenzt an meines, und in meiner Jugend habe ich es oft besucht. Die Stadt ist ein Ort voller Wunder und exotischer Reisender.« Sigzil entspannte sich ein wenig, während er sprach. »Ihr Rechtssystem ist Ausländern gegenüber äußerst milde. Jemand, der nicht ihrer Nation angehört, darf auch nicht Eigentümer eines Hauses oder eines Geschäfts sein. Aber wenn man das Land nur besucht, wird man wie ein Verwandter behandelt, der von weither angereist ist und dem Freundlichkeit und Nachsicht entgegengebracht
werden. Ein Fremder kann sein Essen in jedem Haus einnehmen, das er besucht, vorausgesetzt er ist respektvoll und bringt ein Fruchtgeschenk mit. Dieses Volk ist an exotischen Früchten sehr interessiert. Es betet Jezrien an, sieht in ihm aber keine Gestalt aus der Vorin-Religion. Sie nennen ihn den einzigen Gott.«
»Die Herolde sind keine Götter«, höhnte Teft.
»Für dich vielleicht nicht«, sagte Sigzil. »Aber andere Völker betrachten Jezrien mit anderen Augen. Die Emuli haben das, was eure Gelehrten gern eine Flickenreligion nennen, da sie einige Vorin-Vorstellungen enthält. Aber für die Emuli habt ihr die Flickenreligion.« Sigzil schien das amüsant zu finden, Teft aber blickte nur finster drein.
Sigzil sprach weiter und berichtete in allen Einzelheiten über die fließenden Gewänder und Kopfbedeckungen der Emuli-Frauen und die Roben, die von den Männern bevorzugt wurden. Er berichtete vom Geschmack des dortigen Essens – salzig – und von der Art, einen alten Freund zu begrüßen: So hielt man den linken Zeigefinger an die Stirn und verneigte sich ehrerbietig. Sigzil wusste beeindruckend viel über dieses Volk. Kaladin bemerkte, dass er manchmal wehmütig lächelte; vermutlich erinnerte er sich dann gerade an seine Reisen.
Diese Einzelheiten waren zwar ganz interessant, aber besonders verblüfft war Kaladin von dem Umstand, dass die Stadt, über die er vor einigen Wochen in seinem Traum geflogen war, also tatsächlich existierte. Auch konnte er nicht mehr über die seltsame Schnelligkeit hinwegsehen, mit der seine Wunden verheilten. Mit ihm geschah gerade irgendetwas Merkwürdiges. Etwas Übernatürliches. Was war aber, wenn es damit in Zusammenhang stand, dass alle anderen um ihn herum regelmäßig wegstarben?
Er kniete sich hin und durchsuchte die Taschen des Toten dort vor ihm. Das war eine Arbeit, der die anderen Brückenmänner
gern aus dem Weg gingen. Kugeln, Messer und andere nützliche Dinge wurden genommen. Persönliche Gegenstände wie unverbrannte Gebete wurden hingegen bei den Leichen gelassen. Er fand ein paar Zirkonstücke, die er in den Beutel legte.
Vielleicht hatte Moasch ja Recht. Wenn sie dieses Geld hinausschmuggeln konnten, wären sie möglicherweise in der Lage, sich den Weg aus dem Lager freizukaufen. Das wäre auf alle Fälle besser als ein Kampf. Warum also beharrte er so sehr darauf, den Männern das Kämpfen beizubringen? Warum hatte er bisher nicht daran gedacht, sie heimlich in die Freiheit zu bringen?
Er hatte Dallet und die anderen Soldaten aus seiner ursprünglichen Einheit in Amarams Armee verloren. Wollte er das wiedergutmachen, indem er eine neue Gruppe von Speermännern ausbildete? Ging es hier wirklich noch darum, die Männer, die er zu lieben gelernt hatte, zu retten? Oder wollte er nur sich selbst etwas beweisen?
Seine Erfahrung sagte ihm, dass Männer, die nicht kämpfen konnten, in dieser Welt aus Krieg und Sturm im Nachteil waren. Vielleicht wäre es besser gewesen, sich davonzustehlen. Aber in Heimlichtuerei war er nicht geübt. Außerdem würde Sadeas Truppen hinter ihnen herschicken, wenn sie entwischten. Man würde sie wieder einfangen. Es gab keinen anderen Weg. Wenn die Brückenmänner frei sein oder bleiben wollten, dann mussten sie auch das Handwerk des Tötens erlernen.
Er schloss die Augen und erinnerte sich an einen seiner Fluchtversuche, als er seinen Sklavenkameraden eine ganze Woche in Freiheit beschert hatte und sie sich in der Wildnis versteckt hatten. Doch schließlich hatten die Jäger seines Meisters sie aufgespürt. Damals hatte er Nalma verloren. Nichts davon hat etwas mit dem Versuch zu tun, diese Männer hier und jetzt zu retten, sagte Kaladin zu sich selbst. Und dazu brauche ich die Kugeln.
Sigzil sprach
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