Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)
ging. Er nahm sich vor, sie nicht sterben zu lassen, weil er wusste, was es in ihm anrichten mochte, wenn sie starben. Wenn er Männer verlor, drohte der elende Wicht in ihm die Führung zu übernehmen, weil Kaladin es so sehr hasste zu versagen.
War es das? Suchte er darum nach Gründen für seinen angeblichen Fluch? Damit er sein Versagen erklären konnte? Kaladin ging schneller.
Er tat etwas Gutes, indem er den Brückenmännern half – aber es war auch selbstsüchtig. Die neuen Mächte in ihm hatten ihn erschüttert, weil sie ihm Verantwortung aufbürdeten.
Inzwischen lief er sogar. Immer schneller.
Aber wenn es nicht um ihn ging – wenn er den Brückenmännern nicht nur half, weil er das Versagen hasste, oder weil er den Schmerz nicht ertragen konnte, den er empfand, wenn er ihnen beim Sterben zusehen musste – dann ging es doch um sie . Um Fels’ freundliche Sticheleien, um Moaschs Eindringlichkeit, um Tefts ernste Schroffheit und um Peets stille Verlässlichkeit. Was würde er tun, um sie zu schützen? Seine Illusionen aufgeben? Und seine Ausreden?
Würde er jede Gelegenheit ergreifen, wie sehr sie ihn auch verändern mochte? Wie sehr sie ihn verunsichern und welche Last sie auch immer darstellen mochte?
Er schoss den Hang zum Holzplatz hinauf.
Brücke Vier kochte gerade ihren Abendeintopf; die Männer schwatzten und lachten. Die beinahe zwanzig Verwundeten aus den anderen Mannschaften saßen dabei und aßen dankbar. Es war erfreulich, wie schnell sie ihren leeren Gesichtsausdruck
abgelegt hatten und mit den anderen Männern lachen konnten.
Der Duft des würzigen Hornesser-Eintopfs hing dick in der Luft. Kaladin wurde langsamer und hielt bei den Brückenmännern an. Einige wirkten besorgt, als sie ihn keuchend und schwitzend erblickten. Syl landete auf seiner Schulter.
Kaladin suchte nach Teft. Der alte Brückenmann saß allein unter der Traufe der Baracke und starrte den Fels vor ihm an. Noch hatte er Kaladin nicht bemerkt. Kaladin bedeutete den anderen, sie sollten weitermachen, und ging zu Teft hinüber. Er hockte sich vor den Mann.
Teft schaute überrascht auf. »Kaladin?«
»Was weißt du?«, fragte Kaladin leise, aber eindringlich. »Und woher weißt du es?«
»Ich …«, sagte Teft. »Als ich jung war, gehörte meine Familie zu einer geheimen Sekte, die die Rückkehr der Strahlenden erwartete. Ich habe sie verlassen, als ich noch nicht ganz erwachsen war. Ich dachte immer, das ist doch alles bloß Unsinn. «
Er hielt etwas zurück; Kaladin erkannte es an dem Zögern in seiner Stimme.
Verantwortung. »Wie viel weißt du über das, was ich tun kann?«
»Nicht viel«, antwortete Teft. »Ich kenne nur ein paar Legenden und Geschichten. Keiner weiß wirklich, wozu die Strahlenden in der Lage waren, mein Junge.«
Kaladin sah ihm in die Augen und lächelte. »Dann werden wir es eben herausfinden.«
22
DIE REISE
»Re-Sephir, die Mitternachtsmutter, gebiert mit ihrer so dunklen, so schrecklichen und so verzehrenden Essenz wahre Abscheulichkeiten. Sie ist hier! Sie sieht mir beim Sterben zu!«
Datiert Schaschabev 1173, acht Sekunden vor dem Tod. Person: ein dunkeläugiger Hafenarbeiter in den Vierzigern, Vater von drei Kindern.
I ch hasse es wirklich, Unrecht zu haben.« Adolin lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Die eine Hand hatte er auf den Tisch mit der Kristallplatte gelegt, die andere schwenkte den Wein in seinem Becher. Es war gelber Wein. Er war heute nicht im Dienst, also durfte er sich ein wenig verwöhnen.
Der Wind fuhr ihm durch die Haare. Er saß mit einer Gruppe anderer junger Hellaugen an einem der Terrassentische einer Weinhandlung im Äußeren Markt. Der Äußere Markt war eine Ansammlung von Gebäuden, die außerhalb des Lagers in der Nähe des königlichen Palastes errichtet worden waren. Höchst unterschiedliche Menschen schlenderten unter ihren erhöhten Sitzen vorbei.
»Ich kann mir vorstellen, dass jeder deine Abneigung teilt, Adolin«, sagte Jakamav, der sich mit beiden Ellbogen auf dem Tisch abstützte. Er war ein stämmiger Mann, ein Hellauge aus dem dritten Dahn und gehörte zum Lager des Großprinzen Roion. »Wer hat schon gerne Unrecht?«
»Ich kenne zahlreiche Leute, auf die das zutrifft«, sagte Adolin nachdenklich. »Natürlich geben sie es nicht zu. Aber was sollte man denn sonst aus der Häufigkeit ihrer Irrtümer schließen?«
Inkima, Jakamavs Gefährtin für den heutigen Nachmittag, gab ein glockenhelles Lachen von sich. Sie war ein plumpes Ding
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