Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)
sich den Sack mit den Steinen an den Gürtel. Dann holte er einen faustgroßen Stein heraus, hob ihn an und spürte seine vom Sturm geglättete Oberfläche. Es sollte gelingen …
Er lud den Stein mit Sturmlicht auf, da bildeten sich Eiskristalle an seinem Arm. Er wusste nicht genau, wie er das eigentlich machte, aber es fühlte sich so natürlich an – als gösse er Flüssigkeit in einen Becher. Das Licht schien sich unter der Haut seiner Hand zu sammeln und dann in den Stein zu fließen, als würde Kaladin ihn mit einer kräftigen, leuchtenden Farbe anmalen.
Er drückte den Stein gegen die Felswand. Er blieb an Ort und Stelle kleben und hing so fest, dass Kaladin ihn nicht abreißen konnte. Er hängte sich daran – der Stein hielt. Er drückte einen anderen ein wenig tiefer gegen die Wand. Dann kletterte er nach oben und wünschte sich dabei, jemand würde ein Gebet für seinen Erfolg verbrennen.
Er versuchte, nicht an das zu denken, was er da tat. Er stieg auf Steinen hoch, die an der Wand klebten – mit Hilfe welcher Kraft denn nur? Durch die des Lichts? Oder die des Sprengsels? Er kletterte weiter. Es war fast so wie das Erklettern einer
der Felsformationen bei Herdstein, zusammen mit Tien – doch nun konnte er sich überall dort Halterungen erschaffen, wo er sie brauchte.
Ich hätte mir die Hände mit Felsstaub einreiben sollen, dachte er, als er sich hochzog, einen weiteren Stein aus dem Sack nahm und ihn an die Wand klebte.
Syl ging neben ihm her; ihr nachlässiges Schreiten schien die Mühen seines Aufstiegs zu verhöhnen. Als er sein Gewicht auf einen weiteren Stein verlagerte, hörte er ein unheilverkündendes Klappern von unten heraufdringen. Er wagte einen Blick hinab. Der Erste seiner Steine war abgefallen. Und diejenigen darüber strahlten nur noch sehr schwaches Sturmlicht aus.
Die Steine führten wie eine Reihe brennender Fußabdrücke zu ihm herauf. Der Sturm in ihm hatte sich ein wenig beruhigt, aber er brauste noch immer durch seine Adern und erregte ihn, während er Kaladin gleichzeitig verwirrte. Was würde wohl geschehen, wenn das Licht aus ihm abgeflossen war, bevor er den Rand der Kluft erreicht hatte?
Der nächste Stein fiel ab. Der darüber folgte nur wenige Sekunden später. Lopen stand auf dem Kluftboden, lehnte sich an die gegenüberliegende Felswand und wirkte zwar interessiert, aber entspannt.
Bleib in Bewegung!, dachte Kaladin und ärgerte sich darüber, dass er sich hatte ablenken lassen. Dann machte er sich wieder an die Arbeit.
Allmählich brannten seine Arme unter der Anstrengung des Kletterns, doch nun hatte er die Unterseite der Brücke erreicht. Er streckte die Hand aus, während zwei weitere Steine unter ihm in die Kluft fielen. Jedes Mal wurde das Gepolter lauter, da sie aus einer immer größeren Höhe stürzten.
Er stützte sich mit der einen Hand an der Unterseite der Brücke ab und stand noch immer auf den beiden obersten
Steinen, während er mit der anderen Hand das Ende des Seils um eine hölzerne Tragestrebe schlang und einen behelfsmäßigen Knoten machte. Am kurzen Ende blieb noch eine Menge Seil übrig.
Den langen Rest ließ er in die Kluft fallen. »Lopen!«, rief er. Dabei strömte Licht aus seinem Mund. »Zieh es stramm.«
Der Herdazianer gehorchte. Kaladin riss an dem kürzeren Ende und zog den Knoten auf diese Weise so fest wie möglich. Dann packte er das lange Ende und hängte sich daran. Der Knoten hielt.
Kaladin entspannte sich. Er verströmte noch immer Licht, und außer den Worten an Lopen hielt er nun schon seit einer Viertelstunde die Luft an. Das ist eine praktische Sache, dachte er. Doch allmählich brannte es in seiner Lunge, und er atmete wieder normal. Das Licht verließ ihn nicht sofort vollständig, aber es strömte nun schneller aus ihm heraus.
»In Ordnung«, sagte er zu Lopen. »Binde den anderen Sack an das Seilende.«
Das Seil zuckte, und wenige Augenblicke später rief Lopen hinauf, er sei fertig. Kaladin packte das Seil mit den Beinen und zog es dann langsam nach oben. Bald hatte er den Sack mit den Rüstungsteilen ganz zu sich heraufgezogen, legte nun auch den Beutel mit den Kugeln hinein und band alles unter der Brücke fest, wo Lopen und Dabbid hoffentlich von oben herangelangen konnten.
Er sah nach unten. Der Boden wirkte viel tiefer als von der Brücke aus gesehen. Aus dieser leicht veränderten Perspektive wirkte alles ganz anders.
Ihm wurde nicht schwindlig; stattdessen spürte er eine Woge der Erregung. Es
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