Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)
und nahm einem toten Parschendi das Messer ab. Es war wunderschön verziert und geschmiedet, und der Stahl war mit Glyphen bedeckt, die Kaladin nicht kannte. Er machte sich daran, die seltsame Panzerung, die aus dem Brustkorb hervorwuchs, abzuschneiden.
Kaladin hatte rasch bemerkt, dass der Körperbau der Parschendi dem der Menschen überhaupt nicht ähnelte. Kleine blaue Streifen verbanden den Brustpanzer mit der Haut darunter. Kaladin schnitt sie durch. Es trat nicht viel Blut aus; entweder war es bereits versickert, oder es hatte sich am Rücken der Leiche gesammelt. Sein Messer war zwar nicht sehr scharf, aber es leistete gute Dienste. Als Syl mit Lopen zurückkehrte, hatte Kaladin bereits den Brustpanzer abgenommen und arbeitete nun am Helm. Er war schwerer zu entfernen, denn an manchen Stellen war er mit dem Schädel
verwachsen, und Kaladin musste ihn mit dem geriffelten Abschnitt der Klinge durchsägen.
»He, Haken«, sagte Lopen, der sich einen Sack über die Schulter geworfen hatte. »Du magst sie gar nicht, oder?«
Kaladin stand auf und wischte sich die Hände am Hemd des Parschendi ab. »Hast du das gefunden, worum ich dich gebeten hatte?«
»Klar doch«, sagte Lopen, setzte den Sack ab und wühlte darin herum. Er zog eine gepanzerte Lederweste und eine Haube hervor, wie die Speermänner sie benutzten. Dann zog er ein paar dünne Lederriemen und einen mittelgroßen hölzernen Schild heraus. Zum Schluss kam eine Reihe dunkelroter Knochen. Parschendi-Knochen. Am Boden des Sacks befand sich ein Seil; es war dasjenige, das Lopen gekauft, in die Kluft geworfen und hier unten versteckt hatte.
»Du hast doch nicht etwa den Verstand verloren, oder?«, fragte Lopen und betrachtete die Knochen. »Falls aber doch, kann ich dir einen meiner Vettern empfehlen, der Tränke für Menschen braut, die verrückt geworden sind. Das hilft dir ganz bestimmt.«
»Wenn ich den Verstand verloren hätte«, sagte Kaladin, während er zu einem Tümpel ging und den Schalenhelm darin wusch, »dann würde ich das wohl kaum zugeben, oder?«
»Ich weiß nicht«, sagte Lopen und lehnte sich zurück. »Vielleicht. Aber es ist wohl ganz egal, ob du verrückt bist oder nicht.«
»Würdest du einem Verrückten etwa in die Schlacht folgen? «
»Klar«, antwortete Lopen. »Falls du verrückt sein solltest, bist du trotzdem ein guter Kerl, und ich mag dich. Du bist halt nicht so verrückt wie die Leute, die die anderen im Schlaf abstechen. « Er lächelte. »Außerdem folgen wir doch andauernd den Verrückten. Jeden Tag. Nämlich den Hellaugen.«
Kaladin kicherte.
»Worum geht es hier eigentlich?«
Darauf gab Kaladin keine Antwort. Er trug den Brustpanzer zu der Lederweste hinüber und band sie mit einigen ledernen Riemen daran fest. Dasselbe tat er mit dem Helm und der Haube, allerdings musste er erst mit dem Messer einige Vertiefungen in den Helm sägen, damit er hielt.
Als Kaladin damit fertig war, band er die Knochen mit den letzten Riemen zusammen und befestigte sie an der Außenseite des runden Holzschildes. Die Knochen klapperten, als er den Schild anhob, doch er beschloss, dass es gut genug war.
Er nahm Schild, Haube und Brustpanzer und stopfte sie in Lopens Sack. Es passte kaum alles hinein. »In Ordnung«, sagte er und stand auf. »Syl, führ uns zu der kurzen Schlucht.« Sie hatten einige Zeit damit verbracht, den besten Platz zu finden, von dem aus sie Pfeile in die Unterseiten der dauerhaften Brücken schießen konnten. Eine dieser Brücken lag besonders nahe bei Sadeas’ Kriegslager – sie betraten sie beim Brückenlauf häufig – und überspannte eine Kluft, die statt der üblichen hundert Fuß nur etwa vierzig Fuß tief war.
Sie nickte, huschte davon und führte die beiden Männer dorthin. Kaladin und Lopen folgten ihr. Teft hatte die Anweisung, die anderen zurückzubringen und Kaladin am Fuße der Strickleiter zu treffen, aber Kaladin sollte inzwischen eigentlich weit vor ihnen sein. Auf dem Weg hörte er mit halbem Ohr zu, als Lopen über seine weit verzweigte Familie sprach.
Je mehr Kaladin über das nachdachte, was er vorhatte, desto dreister erschien es ihm. Vielleicht hatte Lopen ja Recht, wenn er Kaladins geistige Gesundheit infrage stellte. Aber Kaladin hatte versucht, vernünftig zu sein. Er hatte versucht, vorsichtig zu sein. Das war jedoch nicht gelungen, und nun blieb nicht mehr genug Zeit für Logik und Vorsicht. Offensichtlich hatte Haschal vor, Brücke Vier auszulöschen.
Wenn kluge,
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