Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)
hören.«
»Und vielleicht auch das aufrichtigste. Leider.«
Kabsal sah ihr in die Augen und suchte nach etwas. Was sah er nur? »Ihr scheint nicht sehr viel um Euren Vater zu geben.«
»Eine weitere wahrhafte Aussage. Wie ich sehe, wirken die Beeren bei uns beiden.«
»Ich habe gehört, dass er sehr verletzend sein kann.«
»Ja, aber niemals mir gegenüber. Ich bin zu kostbar. Ich bin seine vollkommene Tochter. Wisst Ihr, mein Vater ist jemand, der gern ein Bild zur Wand hin aufhängt. Auf diese Weise kann es nicht durch unwürdige Blicke beschmutzt oder von unwürdigen Fingern berührt werden.«
»Das ist ja eine Schande. Auf mich wirkt Ihr sehr berührbar. «
Sie sah ihn scharf an. »Ich habe Euch gesagt, Ihr sollt mich nicht mehr necken.«
»Das war kein Necken«, sagte er und sah sie weiterhin aus seinen tiefblauen Augen an. Mit ernstem Blick. »Ihr fasziniert mich, Schallan Davar.«
Sie stellte fest, dass ihr Herz raste. Gleichzeitig stieg Panik in ihr auf. »Ich sollte aber nicht faszinierend sein.«
»Warum nicht?«
»Logische Rätsel sind faszinierend. Mathematische Berechnungen können ebenfalls faszinierend sein. Politische Intrigen sind faszinierend. Aber Frauen … sie sollten bestenfalls unergründlich sein.«
»Und was ist, wenn ich glaube, dass ich Euch allmählich verstehe?«
»Dann bin ich ernsthaft im Nachteil«, sagte sie, »denn ich verstehe mich selbst nicht.«
Er lächelte.
»Wir sollten nicht so reden, Kabsal. Ihr seid ein Feuerer.«
»Ein Mann kann die Feuerei verlassen, Schallan.«
Sie verspürte einen Stich. Er sah sie standhaft an und blinzelte nicht. Er war schön, sprach leise und eindringlich, war klug. Dies hier könnte sehr schnell sehr gefährlich werden, dachte sie.
»Jasnah glaubt, Ihr macht Euch an mich heran, weil Ihr ihren Seelengießer haben wolltet«, platzte sie heraus und zuckte sogleich zusammen. Du Dummkopf! Ist das deine Antwort, wenn
ein Mann andeutet, er würde möglicherweise den Dienst am Allmächtigen verlassen, nur um mit dir zusammen sein zu können?
»Hellheit Jasnah ist ziemlich klug«, sagte Kabsal und schnitt sich eine weitere Scheibe Brot ab.
Schallan blinzelte. »Oh. Glaubt Ihr, sie hat Recht?«
»Recht und Unrecht zugleich«, erwiderte Kabsal. »Das Devotarium würde sehr, sehr gern dieses Fabrial in die Hände bekommen. Ich hatte sogar geplant, Euch dabei um Mithilfe zu bitten.«
»Aber?«
»Aber meine Oberen sind der Meinung, dass dies eine ganz schreckliche Idee ist.« Er zog eine Grimasse. »Sie glauben, der König von Alethkar sei so flatterhaft, dass er deswegen einen Krieg mit Kharbranth anfangen könnte. Seelengießer sind keine Splitterklingen, aber sie können genauso wichtig sein.« Er schüttelte den Kopf und biss in sein Brot. »Elhokar Kholin sollte sich schämen, weil er es zulässt, dass seine Schwester dieses Fabrial benutzt, vor allem zu so belanglosen Zwecken. Aber wenn wir es stehlen würden … na ja, die Auswirkungen wären möglicherweise im ganzen Vorin-Roschar zu spüren.«
»Ist das wirklich so?«, fragte Schallan und fühlte sich plötzlich ganz elend.
Er nickte. »Die meisten Menschen denken gar nicht darüber nach. Ich habe es lange Zeit auch nicht getan. Könige herrschen und kämpfen mit Splitterklingen – aber ihre Armeen überleben nur durch die Seelengießer. Habt Ihr eine Ahnung, welche Aufgaben der Versorgung und des Nachschubs ein solcher Seelengießer übernimmt? Ohne sie wären Kriege so gut wie unmöglich. Man brauchte Hunderte Wagen voller Nahrungsmittel – und das jeden Monat!«
»Ich vermute … das würde schwierig werden.« Sie holte tief Luft. »Diese Seelengießer faszinieren mich. Ich habe mich schon immer gefragt, wie es sich wohl anfühlt, wenn man einen benutzt. «
»Das frage ich mich auch.«
»Also habt Ihr nie einen eingesetzt?«
Er schüttelte den Kopf. »Es gibt keine in Kharbranth.«
Stimmt, dachte sie. Natürlich. Deshalb brauchte der König ja auch Jasnahs Hilfe, als seine Enkeltochter eingesperrt war. »Habt Ihr schon einmal zugehört, wenn jemand über die Benutzung dieser Fabriale gesprochen hat?« Sie krümmte sich innerlich unter dieser gewagten Frage. Würde sie ihn misstrauisch machen?
Er nickte jedoch nur. »Es ist ein Geheimnis dabei, Schallan. «
»Wirklich?«, fragte sie, während ihr das Herz bis zum Hals schlug.
Er sah zu ihr auf und schenkte ihr einen verschwörerischen Blick. »Es ist eigentlich gar nicht besonders schwierig.«
»Es …
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