Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)

Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)

Titel: Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
Vom Netzwerk:
schlimmer.

    »Kaladin?«, rief Tiens Stimme. »Bist du noch da oben?«
    »Ja«, rief er zurück und bewegte sich nicht. Die Wolken machten während der Weinung einen so faden Eindruck. Gab es irgendetwas, das noch lebloser sein konnte als dieses elende Grau?
    Tien ging zur Rückseite des Gebäudes, wo das Dach bis zum Boden reichte. Er hatte die Hände in den Taschen seines langen Regenmantels vergraben, und auf seinem Kopf saß ein breitkrempiger Hut. Beides schien ihm zu groß zu sein, aber so wirkte es immer bei Tien, selbst wenn die Kleidung passte.
    Kaladins Bruder kletterte auf das Dach, trat neben ihn, legte sich ebenfalls hin und schaute hoch. Wenn jemand anders versucht hätte, Kaladin aufzumuntern, wäre es ihm nicht gelungen. Aber Tien wusste immer irgendwie, was er zu tun hatte. Zunächst allerdings herrschte Schweigen zwischen ihnen.
    »Du magst den Regen, nicht wahr?«, fragte Kaladin ihn schließlich.
    »Ja«, antwortete Tien. Er mochte fast alles. »Es ist aber schwer, nach oben zu sehen. Ich muss andauernd blinzeln.«
    Als irgendeinem Grund lächelte Kaladin.
    »Ich habe etwas für dich angefertigt«, sagte Tien, »heute im Laden.«
    Kaladins Eltern waren in Sorge. Ral, der Tischler, hatte Tien aufgenommen, obwohl er eigentlich keinen weiteren Lehrling brauchte, und war angeblich unzufrieden mit den Arbeiten des Jungen. Ral beschwerte sich darüber, dass sich Tien zu leicht ablenken ließ.
    Kaladin setzte sich auf, als Tien etwas aus seiner Tasche zog. Es war ein kleines, sehr fein geschnitztes Holzpferd.
    »Mach dir keine Sorgen wegen des Wassers«, sagte Tien und gab seinem Bruder das Pferd. »Ich habe es schon versiegelt. «

    »Tien«, sagte Kaladin verblüfft, »das ist ja wunderschön .« Die Einzelheiten waren bewundernswert herausgearbeitet – die Augen, die Hufe, der Schweif. Es sah genauso aus wie eines der majestätischen Tiere, die Roschones Kutsche zogen. »Hast du das Ral gezeigt?«
    »Er hat gesagt, es sei gut«, meinte Tien und lächelte unter seinem zu großen Hut. »Aber er hat mir auch gesagt, dass ich eigentlich einen Stuhl hätte anfertigen sollen. Ich hab Schwierigkeiten bekommen.«
    »Aber wie … ich meine, Tien, er muss doch einsehen, dass dies hier großartig ist!«
    »Ach, ich weiß nicht«, sagte Tien und lächelte noch immer. »Das ist doch bloß ein Pferd. Meister Ral mag Dinge, die man benutzen kann. Dinge, auf die man sich setzen kann, oder in die man Kleidung hineinlegt. Aber ich glaube, morgen tischlere ich einen guten Stuhl, und dann wird er stolz sein.«
    Kaladin sah seinen Bruder an, betrachtete sein unschuldiges Gesicht und freute sich an seiner umgänglichen Natur. Obwohl er allmählich älter wurde, hatte er beides nicht verloren. Wie schaffst du es nur, andauernd zu lächeln?, dachte Kaladin. Draußen ist es so schrecklich, dein Meister behandelt dich wie einen Kremling, und deine Familie wird langsam vom Stadtherrn erstickt. Trotzdem lächelst du. Wie machst du das, Tien?
    Und wie schaffst du es, dass ich ebenfalls lächeln möchte?
    »Vater hat eine weitere Kugel ausgegeben, Tien«, sagte Kaladin plötzlich. Jedes Mal, wenn ihr Vater dazu gezwungen war, schien er ein wenig fahler und kleiner zu werden. Die Kugeln waren inzwischen matt und bargen schon gar kein Licht mehr in sich. Während der Weinung war es unmöglich, sie aufzuladen. Irgendwann erloschen sie alle.
    »Es sind doch noch viele da«, sagte Tien.
    »Roschone versucht uns mürbe zu machen«, meinte Kaladin. »Er will uns allmählich ersticken.«

    »Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht, Kaladin«, sagte Tien und ergriff seinen Arm. »Es ist nie so schlimm, wie es scheint. Du wirst schon sehen.«
    So viele Einwände erhoben sich in seinen Gedanken, aber Tiens Lächeln verscheuchte sie alle. Plötzlich hatte Kaladin den Eindruck, als scheine während dieser schlimmsten Jahreszeit für kurze Zeit die Sonne. Er konnte schwören, dass alles um ihn herum heller wurde, der Regen sich ein wenig zurückzog und der Himmel aufklarte.
    Eine Gestalt trat hinter das Haus. Es war Kaladins Mutter. Sie blickte zu ihren Söhnen hinauf und schien es amüsant zu finden, dass beide im Regen auf dem Dach hockten. Sie trat auf den unteren Teil des Daches. Dort hatte sich eine Gruppe von Haspern an den Stein geklammert. Die kleinen doppelschaligen Kreaturen gediehen während der Weinung recht gut. Sie schienen wie aus dem Nichts zu wachsen, so wie ihre Vettern, die winzigen Schnecken, die sich überall auf dem

Weitere Kostenlose Bücher