Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)
Handbewegung, und die zwei Untereinheiten gesellten sich zu ihm. Sie waren genauso mordlüstern wie er selbst. Hassten sie diese kriegerischen Hellaugen aus eigenem Antrieb, oder hatten sie Kaladins Abscheu übernommen?
Der Hellherr war erstaunlich leicht zu überwältigen. Sie alle unterschätzten die Dunkelaugen. Vielleicht hatte dieser hier einen guten Grund für seine Geringschätzung. Wie viele Dunkelaugen mochte er in den letzten Jahren wohl getötet haben?
Untereinheit Drei kümmerte sich um die Ehrengarde. Untereinheit Zwei lenkte das Hellauge ab. Der Mann bemerkte nicht, wie sich Kaladin aus einer anderen Richtung auf ihn zubewegte. Der Offizier stürzte mit einem Messer im Auge vom Pferd; sein Gesicht war ungeschützt. Er fiel zu Boden, lebte aber noch. Kaladin rammte ihm seinen Speer mitten ins Gesicht und schlug noch dreimal zu, während das Pferd davongaloppierte.
Die Ehrengarde geriet in Panik und floh zum Hauptteil der Armee. Indem Kaladin mit dem Speer gegen seinen Schild
trommelte, signalisierte er den beiden Unterabteilungen, sie sollten die Stellung halten. Sie breiteten sich fächerförmig aus, und der kleine Toorim – ein Mann, den Kaladin aus einer anderen Einheit gerettet hatte – tat so, als wolle er nachsehen, ob das Hellauge wirklich tot war. In Wirklichkeit suchte er aber nach Kugeln.
Das Bestehlen der Toten war zwar streng verboten, aber Kaladin war der Meinung, dass Amaram das Töten der Feinde höchstpersönlich übernehmen sollte, wenn er deren Besitztümer an sich bringen wollte. Obwohl Kaladin Amaram mehr als alle anderen Hellaugen respektierte, brauchte er Geld für seine Bestechungen.
Toorim kam auf ihn zu. »Nichts. Entweder hat er keine Kugeln mit in die Schlacht genommen, oder er hat sie irgendwo unter der Brustplatte versteckt.«
Kaladin nickte knapp und betrachtete das Schlachtfeld. Amarams Streitkräfte erholten sich wieder; sie würden bald gewinnen. Vermutlich würde Amaram den Angriff gegen den Feind sogar persönlich führen. Normalerweise stürzte er sich am Ende immer in die Schlacht.
Kaladin wischte sich über die Stirn. Er würde Norby, den Hauptmann, holen lassen müssen, der die Tötung bestätigte. Aber erst einmal brauchte er die Heiler …
»Herr!«, rief Toorim plötzlich.
Kaladin blickte wieder auf die feindlichen Linien zurück.
»Sturmvater!«, schrie Toorim. »Herr!«
Toorim sah nicht zum Feind hinüber. Kaladin wirbelte herum und warf einen Blick auf die eigenen Reihen. Dort fand sich eine Unmöglichkeit, die auf einem Pferd von der Farbe des Todes die Soldaten niedermähte.
Der Mann trug eine glänzende goldene Rüstung. Eine vollkommene goldene Rüstung – als wäre sie das Urbild, das jede andere Rüstung nachzuahmen versuchte. Jedes Teil saß großartig; es gab keine Löcher, durch die Riemen oder Leder zu
sehen gewesen wären. Dadurch wirkte der Reiter ungeheuer mächtig und gewaltig. Er war wie ein Gott, der eine majestätische Klinge hielt, die eigentlich zu groß für ihn hätte sein sollen. Sie war reich verziert und wie züngelnde Flammen geformt.
»Sturmvater …«, keuchte Kaladin.
Der Splitterträger brach aus Amarams Linien hervor. Er war durch sie hindurchgeritten und hatte dabei alle Männer niedergemetzelt, an denen er vorbeigekommen war. Für einen kurzen Augenblick weigerte sich Kaladins Verstand anzuerkennen, dass diese Kreatur – diese wunderbare Göttlichkeit – ein Feind sein konnte. Die Tatsache, dass sich der Splitterträger auf ihrer Seite befand, verstärkte diesen Gedanken noch.
Kaladins Verwirrung dauerte an, bis der Splitterträger Cenn niederritt, die Klinge senkte und mit einer einzigen, nachlässigen Bewegung Dallet den Kopf abschlug.
»Nein!«, schrie Kaladin. »Nein!«
Dallets Körper fiel zu Boden; die Augen schienen zu leuchten, Feuer brannte in ihnen. Der Splitterträger tötete auch Cyn und trampelte Lyndel nieder, bevor er weiterritt. All dies war mit einer so ungeheuren Beiläufigkeit geschehen, wie wenn eine Schankfrau nur kurz stehen bleibt und einen Fleck auf der Theke abwischt.
»NEIN!«, kreischte Kaladin noch einmal und rannte auf die Niedergemetzelten aus seiner Einheit zu. Er durfte niemanden in dieser Schlacht verlieren! Er wollte sie alle beschützen!
Dann ging er neben Dallet in die Knie und warf den Speer beiseite. Da war kein Herzschlag mehr, und diese ausgebrannten Augen … Er war tot. Kaladin drohte von seiner Trauer überwältigt zu werden.
Nein, sagte der Teil seines Geistes,
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