Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)
fast aus der flachen Senke gezogen. Kaladins Gefährten standen am Rande des Schauplatzes und starrten ihn an. Er wartete dort, keuchte, hielt den abgebrochenen Speerschaft noch umfasst,
und seine Hand befand sich dicht vor dem Gesicht des Splitterträgers.
Der Splitterträger fiel knirschend nach hinten und schlug auf den Boden. Seine Klinge fiel ihm aus den Fingern, traf auf den Fels und grub sich in den Stein.
Kaladin taumelte zurück. Er fühlte sich vollkommen erschöpft. Verblüfft. Benommen. Seine Männer eilten auf ihn zu, blieben aber vor dem Gefallenen stehen und starrten ihn an. Sie waren erstaunt und ein wenig ehrfürchtig.
»Ist er tot?«, fragte Alabet leise.
»Ja«, sagte eine Stimme von der Seite.
Kaladin drehte sich um. Amaram lag noch auf dem Boden, hatte aber den Helm schon abgesetzt, während seine dunklen Haare sowie der Bart vor Schweiß glänzten. »Würde er noch leben, wäre die Klinge verschwunden. Seine Rüstung fällt von ihm ab. Er ist tot. Beim Blut meiner Ahnen … du hast einen Splitterträger getötet!«
Merkwürdigerweise war Kaladin gar nicht überrascht, sondern nur erschöpft. Er betrachtete die Leichen der Männer, die seine besten Freunde gewesen waren.
»Nimm sie, Kaladin«, sagte Coreb.
Kaladin wandte sich wieder um und betrachtete die Splitterklinge, die im Stein feststeckte und deren Griff zum Himmel zeigte.
»Nimm sie«, sagte Coreb noch einmal. »Sie gehört jetzt dir. Bei Sturmvater, Kaladin, du bist ein Splitterträger!«
Kaladin trat benommen vor und streckte die Hand zum Griff des Schwertes aus. Eine Haaresbreite davor hielt er inne.
Es fühlte sich seltsam falsch an.
Wenn er diese Klinge an sich nahm, würde er einer von ihnen werden. Sogar seine Augen würden sich verändern, sofern die Geschichten stimmten. Obwohl die Klinge im Licht schimmerte und nichts von den Morden, die sie begangen hatte, an ihr zu erkennen war, schien sie Kaladin doch rot gefärbt
zu sein. Sie war mit Dallets Blut befleckt. Mit Toorims Blut. Mit dem Blut all der Männer, die noch vor einigen Augenblicken lebendig gewesen waren.
Es war ein Schatz. Männer gaben ganze Königreiche für eine Splitterklinge hin. Die wenigen dunkeläugigen Männer, die sich eine errungen hatten, lebten in den Liedern und Geschichten auf ewig weiter.
Aber der Gedanke, diese Waffe zu berühren, verursachte ihm Übelkeit. Sie stellte alles dar, was er an den Hellaugen hasste, und sie hatte soeben all jene Männer abgeschlachtet, die er so gern gehabt hatte. Wegen so etwas durfte er doch nicht zur Legende werden. Er sah auf sein Spiegelbild, das sich in der langen Klinge zeigte, senkte die Hand und wandte sich ab.
»Sie gehört dir, Coreb«, sagte Kaladin. »Ich schenke sie dir.« »Was?«, sagte Coreb hinter ihm.
Amarams Ehrengarde war endlich zurückgekehrt und stellte sich am Rande der kleinen Senke vorsichtig auf. Die Männer wirkten beschämt.
»Was tust du da?«, wollte Amaram wissen, als Kaladin an ihm vorbeiging. »Was … willst du die Klinge nicht nehmen?«
»Nein«, sagte Kaladin leise. »Ich schenke sie meinen Männern. «
Kaladin ging weiter. All seine Gefühle schienen ausgetrocknet zu sein. Tränen rannen ihm an den Wangen herunter, als er aus der Senke kletterte und sich einen Weg durch die Ehrengarde bahnte.
Allein ging er zum Lager zurück.
12
ERDBEERE
»Sie nehmen das Licht, wo immer sie lauern. Verbrannte Haut.«
Cormschen, Seite 104.
S till saß Schallan in einem sterilen Bett mit weißen Laken in einem von Kharbranths vielen Krankenhäusern. Ihr Arm steckte in einem sauberen Verband, und sie hielt ihr Zeichenbrett vor sich. Die Krankenschwestern hatten ihr widerstrebend zu zeichnen erlaubt, solange sie sich nur nicht belastete .
Der Arm tat ihr weh. Sie hatte sich einen tieferen Schnitt beigebracht, als es ihre Absicht gewesen war. Schallan hatte gehofft, dass es wie eine Wunde wirken möge, die von dem zerbrochenen Krug herrührte, aber ihr war nicht klar gewesen, wie sehr es nach dem Versuch aussah, sich umzubringen. Obwohl sie bekräftigt hatte, nur aus dem Bett gefallen zu sein, war doch deutlich zu sehen, dass die Krankenschwestern und Feuerer ihr nicht glaubten. Sie konnte es ihnen auch nicht verübeln.
Das Ganze war zu einer peinlichen Angelegenheit geworden, aber zumindest war niemand auf den Gedanken gekommen, das Blut könnte vom Seelengießen herrühren. Lieber ertrug sie die Peinlichkeit als einen solchen Verdacht.
Sie arbeitete an ihrer Zeichnung weiter.
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