Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)

schützen.

    Kaladin hielt seinen Speer in Ruheposition, stellte den einen Fuß nach vorn, den anderen nach hinten. Der Speer steckte unter seinem Arm. Schweiß tropfte ihm von der Stirn und wurde von einer Brise gekühlt. Seltsam. Vorher war doch gar kein Wind gegangen. Jetzt schien er Kaladin völlig einzuhüllen.
    Alle sechs Speermänner waren entweder tot oder kampfunfähig. Kaladin atmete einmal tief ein und aus und kümmerte sich dann um Cenns Wunde. Er ließ den Speer fallen und kniete nieder. Der Schnitt war nicht sehr schlimm, aber vermutlich tat er dem Jungen schrecklich weh.
    Kaladin zog einen Verband hervor und warf dabei einen raschen Blick auf das Schlachtfeld. In der Nähe regte sich ein feindlicher Soldat, war jedoch so stark verwundet, dass er keine Schwierigkeiten machen konnte. Dallet und der Rest von Kaladins Trupp befreiten das Gebiet von gegnerischen Nachzüglern. In geringer Entfernung trieb ein feindliches Hellauge von hohem Rang eine kleine Soldatengruppe zu einem Gegenangriff zusammen. Er trug eine volle Rüstung, natürlich keinen Splitterpanzer, dafür aber einen aus silbrigem Stahl. Seinem Pferd nach zu urteilen war er ein reicher Mann.
    Sofort kümmerte sich Kaladin wieder um Cenns Bein, behielt dabei aber die verwundeten feindlichen Soldaten im Blick.
    »Kaladin!«, rief Cenn und deutete auf den Soldaten, der sich geregt hatte. Sturmvater! Hatte der Junge den Mann erst jetzt bemerkt? War Kaladins Kampfsinn jemals so schwach entwickelt gewesen wie der dieses Jungen?
    Dallet stieß den verwundeten Feind beiseite. Der Rest der Einheit bildete einen Ring um Kaladin, Dallet und Cenn. Kaladin legte den Verband an, stand auf und nahm seinen Speer an sich.
    Dallet gab ihm seine Messer zurück. »Ich hatte mir Sorgen gemacht, weil du so schnell weggelaufen bist.«
    »Ich wusste, dass du mir folgst«, sagte Kaladin. »Richte das rote Banner auf. Cyn, Korater, ihr geht mit dem Jungen zurück.
Dallet, du bleibst hier. Amarams Formation buchtet sich in unsere Richtung aus. Wir sollten bald in Sicherheit sein.«
    »Und du?«, fragte Dallet.
    Dem Hellauge vor ihnen gelang es nicht, genug Truppen zusammenzutreiben. Er war so ungeschützt wie ein Stein, den ein ausgetrockneter Fluss zurückgelassen hat.
    »Ein Splitterträger«, sagte Cenn.
    Dallet schnaubte verächtlich. »Nein, dem Sturmvater sei Dank. Er ist nur ein Hellaugen-Offizier. Splitterträger sind zu kostbar, um sie in einem kleineren Grenzstreit einzusetzen.«
    Kaladin biss die Zähne zusammen und beobachtete den helläugigen Offizier. Wie mächtig sich der Mann vorkam, wie er da auf seinem teuren Pferd saß und sowohl von dem Tier als auch von seiner majestätischen Rüstung vor den Speeren geschützt wurde. Er schwang seinen Streitkolben und tötete alle um ihn herum.
    Diese Scharmützel wurden durch Männer wie ihn geschürt – gierige, unbedeutende Hellaugen, die sich das Land anzueignen versuchten, während die besseren Männer nicht da waren, weil sie gegen die Parschendi kämpften. Männer wie er starben viel seltener als die Speersoldaten, und so war unter seinem Kommando das Leben des Einzelnen auch nicht mehr viel wert.
    In den letzten Jahren sah Kaladin in diesen kleinen Hellaugen immer öfter ein Abbild Roschones. Nur Amaram hob sich von ihnen ab. Amaram, der Kaladins Vater so gut behandelt und ihm versprochen hatte, Tien zu schützen. Amaram, der sogar zu dem niedrigsten Speermann immer nur mit Ehrerbietung sprach. Er ähnelte Dalinar und Sadeas und nicht diesem Abschaum hier.
    Natürlich war es Amaram nicht gelungen, Tien zu beschützen. Aber auch Kaladin hatte es nicht geschafft.
    »Kaladin?«, fragte Dallet zögernd.

    »Untereinheiten Zwei und Drei, Scherenformation«, sagte Kaladin kalt und deutete auf das feindliche Hellauge. »Wir holen diesen Hellherrn von seinem Thron.«
    »Bist du sicher, dass das klug ist, Kaladin?«, fragte Dallet. »Wir haben Verwundete.«
    Kaladin wandte sich zu Dallet um. »Das ist einer von Hallaws Offizieren. Vielleicht ist er es sogar selbst.«
    »Das können wir nicht wissen.«
    »Wie auch immer, er ist ein Kriegsherr. Wenn wir einen so hohen Offizier töten, sind wir garantiert bei der nächsten Gruppe, die zur Zerbrochenen Ebene geschickt wird. Wir greifen ihn an. Stell dir das doch einmal vor, Dallet. Wirkliche Soldaten. Ein Kriegslager mit Disziplin und ehrenhaften Hellaugen. Ein Ort, an dem unser Kämpfen etwas bedeutet.«
    Dallet seufzte zwar, nickte jedoch. Kaladin machte eine