Der Pfad der Winde - Sanderson, B: Pfad der Winde - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1 (Part 2)
ein Pokal denn eine Seele? Als sie ihre Tasche geöffnet und nach dem Seelengießer gesehen hatte, hatte sie auch bemerkt, dass die Kugel, die Kabsal ihr gegeben hatte, nicht mehr glomm. Sie erinnerte sich an ein undeutliches Gefühl von Licht und Schönheit und an einen Sturm, der in ihr getobt hatte.
Sie hatte das Licht aus der Kugel gezogen und es dem Pokal – dem Sprengsel des Pokals – gleichsam als Bestechungsgeld gegeben, damit er sich verwandelte. Funktionierte so das Seelengießen? Oder stellte sie nur die falschen Verbindungen her?
Schallan senkte das Zeichenbrett, als einige Personen den Raum betraten und zwischen den Patienten umhergingen. Die meisten Frauen richteten sich erregt auf, als sie den freundlichen, alten König Taravangian in seiner orangefarbenen Robe sahen. Er blieb an jedem Bett stehen und plauderte mit den Patienten. Schallan hatte gehört, dass er das Hospital regelmäßig besuchte – mindestens einmal in der Woche.
Endlich hatte er Schallans Bett erreicht. Er lächelte sie an und setzte sich, nachdem ihm einer seiner vielen Diener einen gepolsterten Schemel hingestellt hatte. »Die junge Schallan Davar. Ich war so furchtbar traurig, als ich von deinem Unfall
gehört habe. Ich muss mich dafür entschuldigen, dass ich nicht schon früher zu dir gekommen bin. Staatsgeschäfte haben mich davon abgehalten.«
»Das ist ja in Ordnung, Euer Majestät.«
»Nein, das ist es nicht«, erwiderte er. »Aber es ist … eben so, wie es ist. Viele beschweren sich darüber, dass ich hier zu viel Zeit verbringe.«
Schallan lächelte. Soweit sie gehört hatte, erfolgten diese Beschwerden niemals lautstark. Den Landherren und Hausherren, die ihre politischen Spiele am Hof betrieben, war es ganz recht, dass der König viel Zeit außerhalb des Palastes verbrachte und ihren Ränken keine Beachtung schenkte.
»Dieses Hospital ist sehr beeindruckend, Euer Majestät«, sagte sie. »Ich kann einfach nicht glauben, wie gut hier für jeden Einzelnen gesorgt wird.«
Er lächelte breit. »Das ist mein großer Triumph. Hellaugen, Dunkelaugen – keiner wird abgewiesen, kein Seemann, keine Hure, kein Bettler. Das Palanaeum zahlt für alle. In gewisser Weise hilft sogar das dunkelste und nutzloseste Buch dabei, die Kranken zu heilen.«
»Ich bin froh, hier zu sein.«
»Das bezweifle ich aber, mein Kind. Am liebsten wäre mir, wenn dieses Krankenhaus nie benutzt werden müsste, obwohl ich gern so viel Geld hineinstecke. Es ist eine Tragödie, dass du mein Gast geworden bist.«
»Ich wollte damit nur sagen, dass ich lieber hier als irgendwo anders liege. Aber es ist wohl ein bisschen so, wie wenn man sagt, dass es besser sei, sich am Wein statt am Spülwasser zu verschlucken.«
Er lachte. »Was für ein süßes Ding du bist«, sagte er und stand auf. »Gibt es etwas, womit ich dir den Aufenthalt hier etwas angenehmer machen könnte?«
»Das Angenehmste wäre für mich, wenn er beendet werden könnte.«
»Ich fürchte, das kann ich nicht veranlassen«, sagte er und sah sie sanft an. »Ich muss mich der Weisheit meiner Ärzte und Krankenschwestern fügen. Sie sagen, dass du noch nicht außerhalb jeglicher Gefahr bist. Schließlich müssen wir an deine Gesundheit denken.«
»Wenn Ihr mich hier lasst, so verschafft mir das vielleicht Gesundheit, aber auf Kosten meines Wohlbefindens, Euer Majestät.«
Er schüttelte den Kopf. »Es darf nicht zugelassen werden, dass Ihr noch einen Unfall erleidet.«
»Ich … ich verstehe. Aber ich versichere Euch, dass ich mich schon wesentlich besser fühle. Das, was geschehen ist, hatte seine Ursache in der Überarbeitung. Jetzt aber bin ich ganz entspannt und befinde mich in keinerlei Gefahr.«
»Das ist gut«, sagte er. »Aber wir müssen dich noch ein paar Tage hier behalten.«
»Ja, Euer Majestät. Darf ich denn wenigstens Besuch bekommen? « Bisher hatte das Krankenhauspersonal nämlich darauf bestanden, dass sie nicht gestört werden dürfe.
»Ja … ich sehe ein, dass dir das helfen kann. Ich werde mit den Feuerern reden und ihnen vorschlagen, dir ein paar Besucher zu erlauben.« Er hielt inne. »Sobald es dir wieder besser geht, wäre es vielleicht das Beste für dich, deine Ausbildung für eine Weile ruhen zu lassen.«
Sie zwang sich zu einer Miene der Enttäuschung und bemühte sich, dabei keinen Ekel vor sich selbst zu empfinden. »Das wäre allerdings schlimm, Euer Majestät. Aber ich vermisse auch meine Familie. Vielleicht sollte ich zu ihr zurückkehren.
Weitere Kostenlose Bücher