Der Pfad des Kriegers (German Edition)
ein tapferer Mann.“
Mit diesen Worten, die Thomas schon so oft, im Krieg wie im Frieden, gehört hatte, beendete Ronan seine kurze Ansprache. Alle schwiegen, nur um wenige Augenblicke später von einem aufjaulenden Hund aus ihren Gedanken geschreckt zu werden. Kurz darauf trug der Wind Kampfeslärm über die Hügel. Unruhig schauten sich die Männer an.
„Wir würden ohnehin zu spät kommen!“, sprach Kendall aus, was wohl die meisten dachten.
Müde nickten einige und Erleichterung zeigte sich auf vielen Gesichtern. Auch der Krieger, der am Vorabend noch vom Tod im Kampf geredet hatte, blieb stumm und wich aus, als Kendall seinen Blick suchte.
Sie machten sich wieder auf den Weg. Es war fast Mittag, als sie das nächste Mal die Hunde hörten. Gegenseitig trieben sie sich zu immer größerer Eile an, doch auf einen Hügel folgte der nächste und die Männer wurden immer müder. Immer öfter ließ sich einer der Krieger zu Boden fallen und weigerte sich wieder aufzustehen. Noch konnten sie stets von anderen dazu gebracht werden, weiterzugehen, aber alle waren am Ende ihrer Kraft. Auch Thomas war schon zwei Mal gestürzt und warmes Blut lief von seinem rechten Knie sein Bein herunter, im merkwürdigen Gegensatz zu der Kälte, die er überall sonst spürte.
Als Thomas den tosenden Gebirgsbach sah, der die Schlucht quer durchschnitt, wusste er, dass sie hier sterben würden.
II
Mit beiden Händen hielt sich Sion an der Reling des kleinen Schiffes fest, das ihn in seine Heimat zurückbringen sollte. Wenn es nicht vorher versank, was bei dem Sturm der gerade tobte, alles andere als unwahrscheinlich schien. Sion hatte dennoch keine Angst. Er wusste, dass er nicht sterben würde. Dafür wartete noch zu viel auf ihn, zu lange hatte er auf diesen Tag gewartet. Endlich hatte sein Vater ihn nach Hause gerufen. Vielleicht hatte er ihm nicht alles vergeben, ja vermutlich hatte er es nicht, aber er brauchte ihn jetzt und er würde sich als würdig erweisen. Das Schiff stürzte immer tiefer in die Täler der Wellen, die sich vor ihm aufbäumten. Eisiges Meerwasser spritzte Sion ins Gesicht. Trotzdem wollte er nicht unter Deck, wo sich Brendan und Fionn längst befanden. Nur Luag harrte, mit grünem Gesicht, die Finger in Reling gebohrt, an seiner Seite aus. Wie immer. Seine Gefährten würden ihre Treue nicht bereuen. Er würde sie reich belohnen. Denn nach diesem Krieg würde er König sein, ob gegen oder mit dem Willen seines Vaters.
„Mein Prinz, wir sollten jetzt wirklich unter Deck gehen!“
Luag unternahm einen weiteren Anlauf Sion zum Verlassen des Deckes zu bewegen. Wie auch die vorherigen war auch dieser von vorneherein zum Scheitern verurteilt.
„Glaubst du wir sind dort sicherer vorm Ertrinken?“
Luag schaute ihn verzweifelt an:
„Nein, aber immerhin werden wir nicht …“
Mit einer unwirschen Handbewegung brachte Sion ihn zum Schweigen. Er würde nicht unter Deck gehen, denn das wäre seine erste Niederlage gewesen. Männer wie die Seeleute hier an Bord schätzten Tapferkeit, selbst wenn sie dumm war. Vielleicht nicht mehr als Bier und Frauen, aber doch hoch genug, um ihn und seinen Wagemut zum Gesprächsstoff im Hafen zu machen, wenn sie endlich dort ankamen. Falls sie dort ankamen. Aber das lag nun mal nicht in seiner Hand. Und ein guter König und ein solcher würde er ohne Zweifel bald sein, gab sich nicht mit etwas ab, worauf er keinen Einfluss hatte.
III
Niemand von ihnen konnte diesen Bach durchqueren. Selbst für einen ausgeruhten, ungerüsteten Mann war die Durchquerung eines solchen Baches lebensgefährlich, da war sich Thomas sicher. Sam, der kleine Waldläufer, erwartete sie bereits. Er schien ebenso unermüdlich wie Kendall. Natürlich war er leichter gerüstet, denn statt den Waffen des Krieges trug er mit Bogen und Dolch die der Jagd. Auch dies hatte unter den jungen Kriegern für manche Kritik und bösen Spott gesorgt. In den letzten Tagen hatte Sam aber mehr als einmal den Wert dieser Waffen unter Beweis gestellt. Seine Ausdauer hatte etwas Übermenschliches. Thomas konnte kaum noch stehen, der Waldläufer hingegen lief stetig voraus, meldete gefährliche Stellen und zeigte den sichersten Weg. So manchem Umweg hatte er ihnen damit erspart.
„Weiter unten ist der Bach etwas breiter, aber immer noch schnell. Dennoch könnte man dort eine Überquerung versuchen“, hörte er Sam sagen: „Ansonsten können wir nur hier bleiben und sterben.“
„Kämpfen wie
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