Der Pfad des Kriegers (German Edition)
Männer an, doch wenn er Zustimmung oder gar Widerspruch erwartet hatte, so wurde er enttäuscht. Die Männer starrten größtenteils nur vor sich hin, viele schauten zu Boden, nur einige wenige äußersten ihre Zustimmung mit einem müden Kopfnicken. Nach einigen Sekunden nickte auch Kendall:
„Gut, dann brechen wir jetzt dorthin auf.“
Die Aussicht auf eine Nacht im Trockenen verdoppelte das Marschtempo der Gruppe nahezu und nach kurzer Zeit erreichten sie die Höhle. Auf dem Weg dorthin waren Thomas Gedanken von Essen beherrscht, doch in der Höhle angekommen ließ er sich einfach zu Boden fallen und schlief sofort ein.
Als er wieder erwachte, ein nagendes Hungergefühl im Bauch, war es noch mitten in der Nacht. Eine einsame Wache stand am Eingang der Höhle, während sich am längst erloschenen Lagerfeuer Merrion und Kendall leise unterhielten. Schnell hatte Neugier den Hunger verdrängt und Thomas blieb ruhig liegen, um die beiden Männer zu belauschen.
„Wir hätten nicht so früh rasten sollen“, meinte Kendall.
„Mag sein. Aber keiner der Männer wäre noch viel weiter gekommen und Simon mit seiner Wunde am Bein hätten wir zurücklassen müssen.“
„Ich weiß, ich weiß. Aber ich möchte sie alle nur so schnell wie möglich nach Hause bringen, um ...“
Merrion schnaubte laut, fuhr dann aber leise fort:
„Nach Hause? Dir ist doch genauso klar wie mir, dass wir hier in den Bergen viel langsamer vorankommen als die Maigrin im Tal. Sie werden uns längst überholt haben. Mit etwas Glück wurden unsere Familien gewarnt und sind jetzt auch auf dem Weg nach Süden oder ...“
Eine eisige Kälte durchfuhr Thomas bei diesen Worten und er wünschte sich, sie nie gehört zu haben. Das Einzige was ihn noch vorwärts getrieben hatte, war die Hoffnung gewesen, das kleine Dorf wieder zu sehen, in dem er aufgewachsen war. Das Lachen seiner oft so nervigen kleinen Schwester zu hören, seiner Großmutter beim Weben zuzusehen und wieder Kind statt Krieger zu sein. All das sollte jetzt auch zerstört sein? Sein Dorf genauso ein Haufen Asche und verkohltes Holz wie die Dörfer die sie auf ihrem Marsch passiert hatten? Ihm schossen die Tränen in die Augen. Er wollte doch nur, dass alles wieder so war wie früher, wie vor der Schlacht.
Als er sich aus seinen trüben Gedanken gerissen hatte, hatten die beiden ihr Gespräch beendet. Während sich Merrion hingelegt hatte, hatte sich Kendall Kampfspeer und Schild gegriffen und sich zu der Wache am Höhleneingang gestellt. Seine Ausdauer war regelrecht unheimlich und Thomas empfand nichts als Respekt für ihn. Kendall war der Held aller jüngeren Kinder im Dorf gewesen und häufig hatten sie sich ehrfürchtig um ihn geschart und um Geschichten gebettelt, die er aber nur ungern erzählt hatte. Und wenn, dann sprach er nur selten von den Heldentaten, die die Kinder hören wollten, sondern viel häufiger von den Schrecken des Krieges. Auch aus diesem Grund hatten die jungen Krieger ihm immer weniger Beachtung geschenkt, ja ihn im Geheimen sogar als Feigling bezeichnet. Wie falsch sie damit gelegen hatten. So manchem von ihnen hatte er schon in den ersten Augenblicken der Schlacht das Leben gerettet und auch wenn die meisten jetzt dennoch tot waren, würde Thomas es sein Leben lang nicht vergessen.
Zwei Tage war die Schlacht jetzt her und zum ersten Mal fand er Zeit darüber nachzudenken, was wirklich passiert war. Bisher hatten ihn immer nur einzelne Momente heimgesucht. Wie der, als der blonde Hüne Crain mit seiner Axt einfach den Kopf gespalten und schon im nächsten Augenblick Neirin eine tiefe Wunde im Oberschenkel beigebracht hatte. Nein, jetzt dachte er zum ersten Mal, und daran waren Kendalls Worte mit Sicherheit nicht unschuldig, darüber nach, was das alles bedeutete.
Sie alle waren der Überzeugung gewesen, dass niemand der Macht der vereinigten Stämme würde widerstehen können. Alle elf Stämme des Südens und das was von den sieben Stämmen des Nordens noch übrig war, waren gemeinsam in den Kampf gezogen, zum ersten Mal in der Geschichte der Llaevin. Endlose Reihen von Männern waren vor und hinter ihnen marschiert.
Doch die Eindringlinge waren viel zahlreicher gewesen als Thomas, ja selbst als Kendall erwartet hatte und viel besser gerüstet als die Llaevin. Fast jeder der gegnerischen Krieger hatte ein Kettenhemd oder gar einen Brustpanzer getragen, etwas, was genauso wie die Langschwerter, die die Fremden führten, unvorstellbaren Reichtum für
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