Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)
kennen. Die Vorstellung einer Freundschaft zwischen Seiner Hoheit und einem Emporkömmling – selbst wenn er sich im Rang eines Generals befand – war für die meisten Adligen einfach undenkbar und kam gar nicht erst in Betracht. Statt sich davon betrüben zu lassen, rächte sich Dun-Cadal für ihre anhaltende Geringschätzung damit, dass er sich scharfer Bemerkungen nicht enthielt. Doch niemand beschwerte sich darüber. Schließlich war er auf Veranlassung Seiner kaiserlichen Majestät hier, um eine peinliche Situation zu rechtzurücken.
»Dann erklärt mir doch zunächst einmal, was hier überhaupt los ist«, bat Dun-Cadal.
Seine Stimme klang jetzt sanfter. Auch wenn die Generäle ihn nicht unbedingt achteten, bewunderte Dun sie. Zwei von ihnen hatten sich ihre Lorbeeren mit ihm zusammen erworben, und zwar mit solcher Bravour, dass er ihnen eine gewisse Zuneigung entgegenbrachte. Zwar beruhte dieses Gefühl keineswegs auf Gegenseitigkeit, doch das störte Dun nicht weiter. Er wusste, dass sie auf dem Schlachtfeld ihren Mann standen, und nur das imponierte ihm. Tomlinn in seiner schwarzen Rüstung, kahlköpfig und mit einem von einer langen Narbe verunzierten Gesicht, begann zu erklären. Dabei lief er unruhig auf und ab. Er war einer der wenigen, die Daermon eine gewisse Achtung entgegenbrachten.
»Die Grafschaft Uster verlangt die Unabhängigkeit, und der Rest der Salinen hat sich dieser Forderung angeschlossen.«
»Ich habe alles getan, was in einem solchen Fall zu tun war«, unterbracht Azdeki sofort.
Alle schwiegen
»Seit zwei Jahren bemühe ich mich, die Region zu halten«, fuhr er mit brüchiger Stimme fort. »Die Bauern wollen nicht begreifen, dass Uster sie verraten hat. Ich selbst habe lediglich dem Gesetz Folge geleistet.«
Ob Azdeki auf Befehl des Kaisers gehandelt hatte oder nicht, interessierte Daermon nicht, ebenso wenig wie die Art, in der es geschehen war. Für ihn zählten lediglich die Folgen seines Handelns.
»Aber diese Bauern haben eine Armee auf die Beine gestellt, die Euch die Stirn bietet und vor der Macht des Kaiserreichs offenbar keine Angst hat«, gab Dun-Cadal zurück.
»Ich habe es vorgezogen, nicht anzugreifen«, erklärte Azdeki. »Der Kaiser vertraut meiner Entscheidung. Ich bin kein Draufgänger.«
»Also, daran zweifele ich keinen Augenblick«, spottete der General.
»Daermon«, mahnte Negus leise hinter ihm.
Kerzengerade und mit hinter dem Rücken verschränkten Händen, schien Azdeki vor Wut zu kochen. Für einen Moment glaubte der General, er würde es riskieren, auf das Gespött zu reagieren, doch stattdessen atmete er tief ein und schluckte es.
»Immerhin kann eine solche Strategie funktionieren«, lenkte Negus ein. »Sobald ihnen bewusst wird, dass wir hier nicht weniger als hunderttausend Soldaten versammelt haben, darunter mindestens tausend Ritter, die den Odem beherrschen, werden sie klein beigeben. Und wir können das Kaiserreich zusammenhalten, ohne Blut vergießen zu müssen.«
»Der Graf von Uster war bei allen sehr beliebt. Es gibt Zweifel daran, dass er das Kaiserreich verraten haben soll«, fügte Tomlinn hinzu und trat zu Dun-Cadal.
»Die Leute vertrauen uns nicht mehr«, nickte ein massiger Ritter in blutroter Rüstung.
Er stand neben Azdeki und schob ein Holzklötzchen weiter, das eine Legion kaiserlicher Soldaten darstellen sollte.
»Das Hochgefühl, eine Revolte angezettelt zu haben, macht sie kühn. Sobald sie jedoch sehen, wie viele wir sind, werden sie ihren Irrtum schnell erkennen, und alles wird wieder gut.«
»Ihr hofft darauf, und genau darin liegt Euer Fehler«, schimpfte Dun und wischte die Holzklötzchen mit einer Handbewegung beiseite. »Ihr hättet ihnen unsere Stärke beweisen müssen, statt abzuwarten, ob sie sich von unserer Überzahl beeindrucken lassen, General Kay. Das alles führt zu nichts. Sie schläfern Euch ein. Glaubt mir, ich kann so etwas spüren.«
Kay wich mit gesenktem Kopf zurück. Er kannte Dun-Cadal schon seit einiger Zeit, hatte sich jedoch nie mit seinem Benehmen abfinden können. Er empfand ihn als zu selbstsicher und arrogant, und dass er meist recht hatte, entschuldigte noch lange nicht seinen Mangel an Takt. Die Welt war dabei, sich zu verändern, aber Daermon schien der Strömung nicht folgen zu wollen. Er verharrte in seiner Haltung und vertraute nur auf das, was bisher seine Stärke und seinen Ruhm ausgemacht hatte. Die Männer in diesem Kreis waren alle von uraltem Adel – bis auf Daermon, den er
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