Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)
gesetzt hatte, bot sich den Revolutionären ein chaotisches Bild. Sie hatten leichtes Spiel. Es bedurfte aller Kaltblütigkeit der kaiserlichen Ritter, um die Truppen neu zu organisieren. Lärm, Donner, klirrende Schwerter, Kämpfe Mann gegen Mann. Und der Odem . Dieses Mittel besaßen die Aufständischen nicht, und sie wussten es. Als die Generäle begannen, den Odem zu benutzen, bliesen sie zum Rückzug.
Die erste Schlacht in den Salinen dauerte nicht einmal zehn Minuten. Zehn Minuten, die zweitausend Leben kosteten. Dun stand am Rand eines Schützengrabens und sah zu, wie die Sonne unterging. Unzählige reglose Gestalten lagen im hohen Gras. Er verfluchte Azdekis langes Zögern. Alles hatte sich gegen sie gestellt. Die Schmach der kaiserlichen Truppen lastete schwer. In einer Woche würde die Hälfte der Reiche über den Aufstand in den Salinen Bescheid wissen, und allen wäre klar, dass es Bauern gewesen waren, die der Kaiserlichen Armee die Stirn geboten hatten. Das Volk liebte solche Geschichten. Blieb zu hoffen, dass es nicht Partei für die Aufständischen ergreifen würde. Es war schon schwierig genug gewesen, dieses Gebiet zu halten – was, wenn noch weitere Grafschaften oder Baronien nach Unabhängigkeit strebten? Auf der zerbrochenen Rüstung einer Leiche saß ein großer Rabe, schlug mit den Flügeln und versenkte seinen Schnabel in eine noch nässende Wunde.
»Der Himmel ist ganz rot.«
Dun nickte und ließ den Blick über das blutige Moor gleiten. Unter den grauen Wolken wob die untergehende Sonne einen merkwürdig kupferfarbenen Schleier um die hohen Gräser. Negus stand mit den Daumen im Gürtel neben ihm, über seine Wange zog sich eine blutende Wunde.
»Wie so oft nach einer Schlacht«, fuhr er seufzend fort.
»Was wollen sie nur?«, sinnierte Dun. »Wonach suchen sie? Steht ihnen der Sinn nach Krieg? Das, was wir heute erlebt haben, ist kein einfacher Aufstand mehr.«
»Wir haben schon schwierigere Kämpfe ausgefochten. Und es waren die Aufständischen, die zum Rückzug geblasen haben. In zwei Monaten redet kein Mensch mehr darüber.«
»Nein, Freund Negus.« Dun schüttelte den Kopf. »Sie haben gesiegt.«
Seine Augen begegneten dem verblüfften Blick des kleinen Mannes, der in seiner schlammverkrusteten Rüstung aufrecht neben ihm stand.
»Glaub mir, sie wissen ganz genau, was sie tun. Und das war erst der Anfang. Jedermann wird sich des Kampfs um die Salinen erinnern, weil es ihnen gelungen ist, das Kaiserreich in die Knie zu zwingen.«
Im Lager hinter ihnen rauchten letzte Feuernester. Die Zelte, die kein Opfer der Flammen geworden waren, lagen zerrissen am Boden. Verletzte Soldaten humpelten vorbei, und es herrschte ein heilloses Durcheinander.
Während der folgenden Tage bemühte sich Dun-Cadal, das Heft wieder in die Hand zu bekommen. Zunächst kümmerte er sich um alle verfügbaren Informationen über den Feind. Nach der Verurteilung des Grafen von Uster hatte Etienne Azdeki die Auflösung sämtlicher Truppen der Grafschaft der Salinen verfügt. Angesichts dieser Tatsache und der von den Gegnern benutzten Strategie vermutete Daermon, dass der ehemalige Hauptmann Meurnau die Führung der Aufständischen übernommen hatte. Doch sicher war das keineswegs.
In den folgenden zwei Monaten gab es immer wieder kleinere Angriffe und lokale Scharmützel, die die kaiserliche Truppe daran hinderten, weiter in die Sümpfe vorzudringen. Mehrmals bedienten sich die Feinde der mittlerweile erprobten Taktik, Feuer in den Höhlen der Rouargs zu legen und die verängstigten Tiere auf die Vorposten zu hetzen, ehe sie ihnen den Gnadenstoß versetzten. Die Kaiserliche Armee bemühte sich so gut es eben ging, wenn schon nicht vorzupreschen, so doch zumindest nicht zurückzuweichen. In den tiefen Mooren, die ihnen fremd waren, versanken viele Soldaten, behindert durch ihre Waffen, und wurden von den Rouargs gefressen. Dies und die dauernden Angriffe der gegnerischen Truppen verhalfen dem Kampf um die Salinen zu trauriger Berühmtheit. Die Hölle befand sich auf Erden und loderte in den Sümpfen.
General Kay und fünfzig seiner Männer starben, während sie versuchten, eine Brücke über den Fluss Seyman zu bauen. Er war einer der ersten Generäle, die fielen. Abgesehen vom Kriegsgeschehen wurden viele Soldaten durch von Mücken übertragene Krankheiten und das verdorbene Wasser der Moore dahingerafft. Doch selbst erkrankte Soldaten hatten sich in ständiger Bereitschaft zu halten.
»Die Katapulte
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