Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)
müssen umgehend repariert werden«, befahl Hauptmann Azdeki.
Vor ihm standen drei fiebrige Soldaten. Sie hatten seit zwei Tagen nicht mehr geschlafen und wurden jetzt beauftragt, die beim letzten Ansturm zerstörten Katapulte wiederherzustellen. Seit der Ankunft von General Daermon bemühte sich Azdeki mit allen Mitteln, seine Autorität zu untermauern. Alle Soldaten wussten das.
»Die Katapulte müssen heute Abend wieder einsatzbereit sein«, fuhr Azdeki verbissen fort.
»Zu Befehl, Herr Hauptmann«, antwortete einer der Soldaten mit schwacher Stimme.
»Aber wenigstens eine Ruhepause …«
»Drei Stunden, mehr nicht!«
Azdeki wandte den Kopf. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, gingen Dun-Cadal und Negus an ihm vorbei. Als der General die schwankenden Soldaten sah, wurde er aufmerksam.
»Ihr könnt euch ja kaum noch auf den Beinen halten«, stellte er fest. »Geht euch ausruhen. Azdeki, die Katapulte können warten. Die Männer sind wichtiger.«
Erleichtert verschwanden die drei Soldaten in ihren Unterkünften. Azdeki blickte ihnen finster nach.
»General Daermon!«, rief er.
Weder Dun noch Negus verlangsamten ihren Schritt.
»General Daermon!«, rief Azdeki erneut.
Der General und sein Freund betraten soeben das große, violette Zelt, das mit dem vergoldeten Symbol des Generalstabs geschmückt war: einem Schwert mit Lorbeerkranz.
Mit geballten Fäusten lief Azdeki ihnen nach. Dun saß auf einem Hocker und zog sich leise fluchend die Stiefel aus. Negus stand neben ihm und war dabei, zwei Becher Wein einzuschenken.
»General Daermon!«, keuchte Azdeki. »Mit welchem Recht habt Ihr …«
»Nun atmet erst einmal in aller Ruhe durch«, unterbrach Dun den Baron leutselig. »Euer Kopf ist so rot, dass es aussieht, als würde er gleich platzen.«
»Platzen?«, keifte Azdeki. »Platzen? Ihr habt Eure Befugnisse bei Weitem überschritten.«
»Vergesst nicht, dass Ihr unter meinem Kommando steht. Ich denke, Ihr solltet Euch ebenfalls drei Stunden aufs Ohr legen.«
Negus stand grinsend im Schatten und hob einen Becher an die Lippen.
»Ich habe keine Zeit, mich auszuruhen. Niemand hier hat Zeit, sich auszuruhen, Dun-Cadal. Außerdem bestehe ich darauf, dass Ihr mich vor meinen Männern mit meinem Dienstgrad anredet, und der lautet immer noch ›Hauptmann Azdeki‹.«
Er schäumte vor Wut. Seit zwei Tagen hatte er kaum geschlafen.
»Ihr erscheint hier stolz und arrogant auf Befehl des Kaisers, erniedrigt mich vor meinen Leuten und setzt meine Befehle aus unerfindlichen Gründen außer Kraft …«
»Nun, das liegt vielleicht daran, dass sie nicht sinnvoll sind«, unterbrach ihn Dun, während er Schmutzkrusten von seinen Stiefeln klopfte.
»Erspart mir doch bitte diesen Unsinn«, wütete der Hauptmann weiter. »Meine Familie steht dem Kaiser sehr nahe, und ich weiß genau, wie Ihr Euch bei Hof eingeschleimt habt. Ihr solltet nie vergessen, woher Ihr kommt und aus welchem Grund man Euch zum General ernannt hat, Dun-Cadal. Mit Ehre hat es jedenfalls nichts zu tun.«
Dun verzog keine Miene und fuhr fort, den getrockneten Schlamm von seinen Stiefeln zu entfernen. Konzentriert auf seine Arbeit entgegnete er: »Ihr hingegen solltet nie vergessen, dass Ihr nur Hauptmann seid, Azdeki. Und dass die Situation, in der wir uns heute befinden, ganz allein Eure Schuld ist. Es ist auch Eure Schuld, dass so viele Soldaten ihr Leben lassen mussten. Und ohne die Beziehungen Eures Onkels stündet Ihr wahrscheinlich heute nicht in diesem Zelt.«
Als Azdeki wutentbrannt aus dem Zelt stürmte, hielt Dun kurz inne.
»Das hättest du besser nicht gesagt«, befand Negus und reichte ihm seinen Becher Wein.
»Oh, seine Wut wird bald verrauchen«, gab Dun zurück.
»Hier geht es nicht nur um Wut, mein Freund«, erklärte Negus. »Du hast ihn beleidigt«, fügte er mit trauriger Miene hinzu.
Eine Beleidigung würde ihnen die Sache nicht leichter machen. Nicht nur, dass sie sich mit dem Feind herumschlagen und ihre Soldaten bei der Stange halten mussten – nun drohten auch noch Spannungen innerhalb des Führungsstabs.
»Wie kann ein Mann so empfindlich sein?«, versuchte Dun die Angelegenheit herunterzuspielen. »Vielleicht eine Folge der Inzucht?«
Negus ging nicht darauf ein. Er setzte sich auf eine Truhe und starrte in seinen Wein. Streitereien zwischen den alteingesessenen Familien des Ostens und den erst kürzlich geadelten Familien des Westens waren an der Tagesordnung. Doch zwischen Daermon und dem letzten Spross der
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