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Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Rouaud
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selbst im hellen Mondlicht düster und bedrohlich wirkte. Unmittelbar hinter dem Höhleneingang erkannte der Junge einige ovale, etwa mannshohe Formen.
    Über ihm ertönte ein rauer Schrei. Laerte blickte auf und wäre beinahe wieder gestürzt. Der rote Drache kreiste am Himmel, verdrehte den Hals und ließ ihn nicht aus den Augen. Er hatte die Richtung gewechselt und die Schlacht hinter sich gelassen, um sich ganz Laerte zu widmen. Aber warum? Diese ovalen Formen … War es möglich, dass es sich um sein Gelege handelte?
    Als der Drache die Flügel anlegte und auf ihn herabstieß, blieb dem Jungen keine andere Wahl, als wieder zu rennen.
    Keuchend musste er feststellen, dass der Schatten des Drachen ihm folgte. Als das Tier ihm so nah war, dass ihm der stinkende Pesthauch seines Atems in die Nase drang, ließ er sich fallen und verschränkte die Hände über dem Kopf. Er glaubte, sterben zu müssen. Vor ihm explodierte eine Feuersäule. Der peitschende Schwanz hob seinen Umhang an. Am liebsten hätte er geweint.
    Und dann war er vorbei. Der Drache war vorübergeflogen, genau über ihn hinweg.
    Laerte wusste, dass er keine zweite Chance bekommen würde. Mit einem Satz war er auf den Beinen. Der Drache schraubte sich in den Mondhimmel hinauf, schlug mit den Flügeln, neigte sich zur Seite und begann erneut über den Wäldern zu kreisen. Der Junge griff nach seinem Schwert.
    »Mist!«
    Die Scheide war leer. Er war mit der Waffe in der Hand losgerannt und hatte sie bei seinem Sturz fallen lassen. Hastig kehrte er um und begann, verzweifelt zu suchen. Doch er fand nichts als bläulichen Schnee und schwarze Kieselsteine. Sein Herz schlug so wild, dass er Angst hatte, es könne stehen bleiben. Sein Brustkorb fühlte sich an wie in einer Schraubzwinge. Er bekam kaum noch Luft.
    Der Drache beendete seine Kreisbewegung. Und Laerte hatte keine Waffe mehr, um ihn zu bezwingen.
    Nein, das stimmte nicht.
    Ihm blieb der Odem . Der wilde, noch nicht ganz bezwungene Odem , der für immer versiegen konnte, wenn er ihn nicht richtig beherrschte. Der Odem , der alles möglich machte. Der Atem der Welt.
    … die ganze Welt ist wie Luft, die kommt und geht. Das ist der Odem . Spüre den Odem . Sei der Odem .
    Laerte suchte sich einen sicheren Standort und setzte die Füße mit leicht gebeugten Knien fest auf die Kiesel. Dann atmete er mit geschlossenen Augen tief ein und konzentrierte sich. Seine Notlage ließ keinen Zweifel an seinen Fähigkeiten zu. Er musste es tun. Er konnte es tun. Er war der größte Ritter von allen. Er hatte etwas versprochen und würde es halten.
    Mit einem Mal erwachte sein gesamter Körper vom Kopf bis zu den Füßen. Doch sofort meldeten sich auch die frischen Wunden aus der Schlacht, der Schmerz nach dem Sturz, die brennende Lunge und sein klopfendes Herz. Für einen Sekundenbruchteil glaubte er, seine Kraft zu verlieren. Eine Träne rollte über seine Wange.
    Doch alle Schmerzen verschwanden, als das Bild der von Schnee umgebenen dunklen Steine vor sein geistiges Auge zurückkehrte. Er spürte ihre Kraft und Härte, die bis in ihr unveränderliches Herz reichte. Die Wurzeln der Bäume, ihre Zweige, die sich unter der Schneelast neigten, die dicke Rinde, die ihren Stamm umgab … aber auch der Wind, der ihre Äste wiegte. Schließlich wurde er von einer mächtigen Woge überrollt, einer unbeschreiblichen Kraft, die durch seinen Körper lief und ihn einhüllte. Er spürte das Leben, das das missgebildete Fleisch des Untiers durchpulste und unter seinen Schuppen bis in die Spitzen der Hautflügel floss. Nicht, dass er den Drachen sah – er war der Drache und spürte jede seiner Bewegungen, jeden Herzschlag und Atemzug. Das Tier würde sich auf ihn stürzen, um … nein – es war weder dumm noch streitsüchtig. Es hatte einfach nur Angst.
    Der Drache legte die Flügel an.
    Er hielt ihn.
    Jetzt.
    Laerte öffnete die Augen und streckte die Arme aus, als hielte er ein unsichtbares Seil. Dann schloss er die Fäuste und zog sie in einer schmerzhaften Bewegung an sich heran. Das Tier schrie auf. Es war gefangen. Es schlug mit den Flügeln und warf den Hals hin und her.
    Laerte konnte einen Schmerzensschrei nicht unterdrücken. Es war unerträglich. Es brannte. Es fraß sich durch ihn hindurch. Sein Leben schien in dem Maß aus ihm zu fliehen, wie er sich bemühte, den Drachen auf den Boden zu ziehen. Seine Füße glitten im Kies aus. Das Tier wehrte sich. Noch einmal atmete er tief ein. Seine Kehle war trocken, was

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