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Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Rouaud
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eben gedulden. Sie werden also noch da sein, wenn Ihr so weit seid, Euch zu rächen. Eure Rache steht meinen eigenen Plänen in keiner Weise entgegen, denn wir suchen das Gleiche.«
    »Nämlich was?«
    »Ich möchte jetzt noch nichts verraten. Es geht um die Azdekis. Gerüchte können tödlicher sein als eine scharfe Klinge. Wir werden zu gegebener Zeit darüber reden. Inzwischen aber sollt Ihr wissen, dass Ihr mein Gast seid. Und eines Tages werdet Ihr vielleicht sogar …«
    Er unterbrach sich und ließ den Blick über den glänzenden Marmorboden gleiten.
    »… vielleicht sogar mein Freund«, fuhr er schließlich leise fort.
    Er begegnete den fragende Augen Laertes, verabschiedete sich mit einem Kopfnicken und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum. Nur die weißen Vorhänge bauschten sich noch im warmen Wind. Dann wurde es still und dunkel um Laerte.
    Das Liaber Dest, Laerte. Das Liaber Dest …

    »Herr? Herr?«
    Als Laerte die Augen wieder öffnete, blickte er in ein sanftes, hübsches Gesicht, dessen zarte Züge durch zierliche Tätowierungen unterstrichen wurden. Lima mit ihrem dicken, schwarzen Zopf kniete neben ihm und wirkte beunruhigt.
    »Ihr seid wieder eingeschlafen, Herr.«
    »Wo ist De Page?«, fragte er mit brüchiger Stimme.
    »Unterwegs nach Emeris, Herr. Aber er hat gesagt, dass er bald zurückkommt. Und in einem Monat wird Euch ein Freund besuchen.«
    Sie legte ihm ihre weiche Hand auf den Arm. Laerte hatte nicht die Kraft, sie zurückzustoßen, obwohl ihn die Berührung erzittern ließ, als wäre es eine kämpferische Geste.
    »Ihr solltet Euch lieber hinlegen, Herr. Ich werde die Diener rufen, dass sie Euch zu Bett bringen.«
    Die Welt außerhalb der Villa hatte nichts Einladendes. Sie war voller Gewalt, Verrat, Lügen und Groll. Aber auch Laertes eigenes Universum war wenig verlockend. Selbst sein Körper war ihm durch den Dauerschmerz zum Feind geworden. Die drei Männer im blauen Wams, die ihn in sein Bett tragen sollten, nahm er kaum wahr. Seine Lider waren bereits fest geschlossen.

    Die folgenden Wochen waren eine immer gleiche Abfolge von Schlaf und Wachen. Allmählich ließen die Ohnmachten nach, und auch Laertes Bewegungsabläufe normalisierten sich. Der roten Herbstsonne folgte ein bleicher Winter mit viel Reif. Laerte konnte immer noch nicht laufen und blieb nur wenige Sekunden aufrecht stehen, ehe seine Beine wieder unter ihm nachgaben. Wie Lima angekündigt hatte, kam einer seiner wenigen Freunde zu Besuch und wohnte ebenfalls in der Villa, um ihn bei seinen Fortschritten zu unterstützen.
    Es war der wortkarge, zuverlässige Rogant. Die beiden jungen Männer schwangen keine großen Reden, sondern begnügten sich damit, still nebeneinander zu sitzen und ihre Freundschaft zu spüren.
    Rogants Freundschaft zu ihm war nie ins Wanken geraten, und Laerte freute sich, dass er nicht auch noch sie verloren hatte. Das zumindest würden ihm die Azdekis niemals nehmen können.
    Der Nâaga hielt Laerte über alles auf dem Laufenden, was draußen in der Welt vor sich ging. Er berichtete von den vergeblichen Bemühungen De Pages, Esyld zu finden, von den von einem neu gewählten Rat gerade erst erlassenen Gesetzen und vom merkwürdigen Benehmen derer, die Laerte am meisten verabscheute.
    Weder Azdeki noch Rhunstag, Bernevin oder Enain-Cassart hatten sich darum bemüht, an die Macht zu kommen. Sie waren und blieben Ratsherrn, hielten Reden und repräsentierten ihre Wählerschaft im republikanischen Plenarsaal.
    Der Traum Oratio von Usters wurde Wahrheit, getragen von einem Volk voller Bewunderung und Hoffnung. Doch es waren Laertes Feinde, die diesen Traum verwirklichten. Die Männer, die sein Leben zerstört hatten.
    Eine Tages, gegen Ende einer Mahlzeit am großen Tisch des Esszimmers, sprach Rogant gewichtige Worte aus.
    »Das, was sie machen, ist gut.«
    Sofort schob Laerte seinen Teller zurück und starrte gedankenverloren auf das mit Brotkrumen übersäte rote, silbern bestickte Tischtuch. Das Licht der Kandelaber tanzte auf seinem noch immer von Verletzungen gezeichneten Gesicht.
    »Hast du mich verstanden?«
    Rogant blieb ganz ruhig. Laerte legte das Besteck neben seinen Teller, auf dem ein Hühnerknochen und verschiedene Gemüse lagen. Er brachte es nicht fertig, dem Freund in die Augen zu schauen. Obwohl Rogant ihm die aufsteigende Wut ansah, fuhr er fort: »Mag sein, dass sie Verbrechen begangen haben, aber sie werden vom Volk unterstützt«, sagte er. »Sie lassen dem Volk endlich

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