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Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Rouaud
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nickte nur. Unter anderen Umständen wäre seine Antwort vielleicht schärfer ausgefallen, denn er war kein Mann, dem man Befehle erteilte. Doch sein Mitleid mit Laerte verlieh ihm Nachsicht. Er blickte den jungen Mann an, der seinen Tränen jetzt freien Lauf ließ.
    »Ich werde mein Bestes tun«, versprach er ernst. »Aber bis dahin müsst Ihr Euch in meinem Haus ausruhen. Draußen in der Welt geschehen derzeit große Dinge. Aus dem Kaiserreich ist eine Republik geworden, genau wie Euer Vater es immer wünschte.«
    »Ich habe verloren …«
    Laerte gab sich ganz seinem Kummer hin. Immer wieder kehrte die Erinnerung an den Sturz zurück, bei dem er sich so schwer verletzt hatte. Er krümmte sich und zog die Arme an den schmerzenden Leib. Ihm war, als zerrissen Hunderte weißglühender Klingen seine Haut. Speichel trat auf seine Lippen. Er hielt ein lautes Stöhnen zurück.
    »Alles habe ich verloren«, wiederholte er unermüdlich. »Sie haben mich zerstört. Sie haben alles zerstört und mir alles genommen. Verloren. Ich habe verloren.«
    Er spürte kaum De Pages Hände, die seine Schultern festhielten.
    »Aber nein«, entgegnete der Herzog sanft. »Ihr habt ein Kaiserreich zu Fall gebracht. Ohne Euch hätte der Aufstand keinen Erfolg gehabt. Allein Eure Existenz und Euer Überleben haben den Machtwechsel gestattet, und bereits die Erwähnung Eures Namens hat ihre Taten gerechtfertigt.«
    »Ihr …«
    Laerte atmete stoßweise. Er hob den Kopf und blickte den Herzog an.
    »Ihr irrt Euch. Auch Ihr habt längst verloren. Sie haben es. Ja, sie haben es. Davor war es in den Händen meines Vaters.«
    »Ich weiß.«
    De Page kniete sich vor Laerte auf den Boden.
    »Er hütete das Liaber Dest «, nickte er.
    »Das wusstet Ihr?«, wunderte sich Laerte.
    »Seit dem Tod Eures Vaters, Laerte. Als die Stunde meines Vaters schlug und er im Todeskampf lag, hat er mir alles gesagt.«
    Er blickte dem Jungen tief in die Augen und legte ihm sanft die Hände auf die Schultern.
    »Wisst Ihr, was es bedeutet, vom eigenen Vater gehasst zu werden, Laerte? Zu erleben, wie er sich noch auf dem Totenbett über Euch lustig macht, weil Ihr nie so geworden seid, wie er es sich wünschte? Menschen sind seltsame Wesen. Mein Vater ging so weit, den Tod seines einzigen Sohns herbeizuwünschen, und hat mir stolz enthüllt, was er getan hatte. Er und seine Freunde hielten mich immer für einen wollüstigen Feigling. Und für verrückt. Also habe ich das Spiel mitgespielt und mir eine Maske zugelegt. Die Maske, die sie sehen wollten. Mein Vater hatte keine Ahnung, dass er, indem er mir von Azdekis Komplott und der Existenz des Liaber Dest berichtete und mir alles erdenklich Schlechte wünschte, mir in Wirklichkeit das Überleben sicherte. Er und seinesgleichen haben mich nie für fähig gehalten, ihnen entgegenzuwirken. Und doch …«
    Laerte hätte beinahe das Atmen vergessen. Er richtete sich auf.
    »Bernevin«, sagte er.
    »Rhunstag, Enain-Cassart und viele andere mehr.«
    »Die Azdekis«, fauchte Laerte.
    »Ja, auch die Azdekis«, bestätigte De Page.
    »Sind sie Ratsherrn?«
    »Ja. Die Väter der Republik«, nickte De Page und stand auf.
    Langsam zog er sich zurück und beobachtete Laerte. Würde der Junge in seiner Wut aus dem Sessel fallen? Aber Laerte war so erschöpft, dass er sich nur an die Armlehnen klammerte und den Kopf zurücksinken ließ. Mit schmerzverzerrtem Gesicht zog er sein linkes Bein bis an den Rand des Hockers und setzte es am Boden auf. Als seine Ferse den Marmor berührte, hätte er beinahe wieder das Bewusstsein verloren.
    »Diese Leute sind die Republik. Der Traum Eures Vaters.«
    »Ich werde sie nicht gewähren lassen«, entfuhr es Laerte.
    De Page blieb vor einem der Fenster stehen und verschränkte die Hände auf dem Rücken. »Das glaube ich Euch nur allzu gern«, nickte er. Er blickte sich um. »Aber jetzt könnt Ihr noch nichts unternehmen.«
    »Ich vermag mehr, als Ihr Euch vorstellen könnt«, widersprach Laerte herausfordernd.
    »Ihr solltet gut überlegen, ehe Ihr handelt«, riet ihm De Page. »Ihr müsst erst gesund werden, und bis dahin wird sicher noch einige Zeit vergehen. Möglicherweise dauert es Jahre.«
    »Ihr wisst doch gar … oh!«
    Laerte hatte versucht aufzustehen, doch der Schmerz war unerträglich. Stöhnend ließ er sich wieder in den Sessel fallen.
    »Sie werden ohnehin nichts tun, ehe sie das Liaber Dest nicht entziffert haben. Und solange Aladzio mit dieser Aufgabe betraut ist, müssen sie sich

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