Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoine Rouaud
Vom Netzwerk:
er den Waffenmeister seines Vaters, der ihn anschrie: »Dummer Tollpatsch! Jedes Mädchen hält das Schwert besser als du!«
    Auf sie traf das ganz sicher zu. Ihr Vater war Schmied. Sie hatte ihre Kindheit inmitten von Waffen verbracht und bereits in frühester Kindheit gelernt, mit ihnen umzugehen. Als sie beide noch kleiner waren, hatte sie ihn oft verprügelt. Jetzt aber hatte sich alles verändert. Sie spielte kaum noch mit ihm und amüsierte sich nicht mehr über die gleichen Scherze wie er. Sie interessierte sich für andere Dinge, und manchmal schien es ihm, als gehörte er nicht mehr dazu. Noch schlimmer fand er, dass sie jetzt manchmal mit ihm redete wie eine Erwachsene mit einem Kind. Wenn sie ihm jedoch wirklich so auf die Nerven ging, warum konnte er es nicht lassen, sie bei jeder Bewegung zu beobachten?
    »Nein, aber ich schaffe es«, entgegnete Laerte.
    »Mein stolzer Kleiner«, lächelte sie, ging zu dem Baum, in dem der Bolzen steckte, und zog ihn heraus.
    Laerte trat zu ihr. Schweigend standen sie nebeneinander. Unter ihnen erstreckten sich die stillen Sümpfe der Salinen. In den Salzgärten arbeiteten Bauern, die sehr auf der Hut waren, weil es zu dieser Jahreszeit in den nahe gelegenen Mooren von Rouargs nur so wimmelte. Im Frühsommer ver ließen die Weibchen mit den Jungen ihre Bauten und bega ben sich auf die Jagd, wobei es durchaus vorkam, dass sie den einen oder anderen unvorsichtigen Salzbauern verspeisten.
    »Wie schön es hier ist«, sagte sie.
    Mehr jedoch als der Hitzeschleier über den Salzsümpfen war sie es, die den Jungen beeindruckte. Er musste sie unverwandt ansehen. Als ihr sein Blick auffiel, wandte er die Augen rasch der Landschaft zu. Zwei Sumpfschnepfen schliefen im Moor. Sie standen auf einem Bein, das andere hatten sie an den Bauch gezogen. Ihre langen Schnäbel sahen aus wie scharfe Klingen.
    »Ja, es ist … so sind nun mal die Salinen.« Er seufzte.
    Sie lächelte, dann brach sie in lautes Lachen aus. »Die Salinen. Mehr fällt dir dazu wohl nicht ein?«
    »Na und?« Laerte war betroffen.
    »Bringt dein Hauslehrer dir keine Worte bei, um eine Landschaft anders zu beschreiben?« Sie beugte sich kokett zu ihm hinunter. »… so sind nun mal die Salinen«, äffte sie ihn mit leiser Stimme nach.
    Er roch ihren Duft und sah ihre Lippen, die seinen so nah waren. Ihre Haut war so weich. Eine ungeahnte Lust packte ihn. Beinahe hätte er sie geküsst.
    »Was sollen wir bloß mit dir anfangen? Deine Begabung für Waffen lässt ziemlich zu wünschen übrig.«
    »Unser Waffenmeister sagt, dass ich Fortschritte mache«, log Laerte.
    »Und der Wissenschaft bist du auch nicht so zugetan wie dein Vater. Was willst du denn später einmal tun?«
    Sie wartete seine Antwort nicht ab, sondern lief den Hügel hinunter zu den Pferden, die sie am Waldrand angebunden hatten. In der Ferne hinter den Baumwipfeln konnte man die Holzumfriedung von Guet d’Aëd erkennen. In der Mitte des Städtchens erhob sich ein hoher Wehrturm aus Stein.
    »Reiten«, keuchte Laerte, der hinter ihr herrannte.
    »Sonst nichts?«
    Nein, sonst nichts. Natürlich hatte er sie angelogen, denn es gab nur eine Sache, die er wirklich gern tat: mit ihr zusammen sein. Alles andere … tatsächlich hatte er nur wenige Interessen. Sein Weg war ohnehin vorgezeichnet, denn da seinem älteren Bruder eine große Militärkarriere zugedacht war, würde er selbst eines Tages den Platz seines Vaters einnehmen. So einfach war das. Der Ältere im Dienste der Kaisers, während der Jüngere den Fortbestand der Linie zu sichern hatte. Wäre sein Schicksal nicht so vorhersehbar gewesen, hätte er kaum gewusst, was er mit sich anfangen sollte.
    Seit er kein Kind mehr, aber auch noch kein Mann war, wusste er nicht mehr so recht, was ihn interessierte. Manchmal spielte er noch gern mit seinen kleinen Holzsoldaten. An anderen Tagen wiederum schob er die Figuren missmutig beiseite, fühlte sich zu alt, um mit ihnen zu spielen, und wünschte sich zu reiten, wo immer er hin wollte. Obwohl er spürte, dass er sich veränderte, behandelten ihn alle nach wie vor wie einen kleinen Jungen . Sogar seine Freundin verhielt sich so. Und hatten sie nicht im Grunde sogar recht? Tief in seiner Hosentasche vergraben trug er noch heute sein Lieblingsspielzeug aus frühesten Kindertagen mit sich herum. Es war ein kleines Holzpferd, das sein Vater ihm einmal geschnitzt hatte.
    »Iago kann sehr gut mit dem Schwert umgehen«, erklärte das Mädchen. »Er reitet gern,

Weitere Kostenlose Bücher