Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)
Mucks«, flüsterte Esyld ihm zu.
Während der wenigen Minuten Fahrt bis zur Stadtmauer hörte Laerte nur seinen eigenen schweren Atem. Er schwitzte vor Angst. Seine Kehle war staubtrocken.
Als er die durch die Plane gedämpften Stimmen der Soldaten vernahm, die Esyld anhielten, stockte ihm der Atem. Ein angespanntes Wortgefecht war zu hören. Die Soldaten klangen unfreundlich und misstrauisch. Ein falsches Wort, und alles wäre vorbei. Unter der Plane umklammerte Laerte seine Knie und schloss die Augen. Wenn einer der Soldaten Esyld angriff – hätte er genügend Zeit, sein Versteck zu verlassen und sie zu retten? Würde er es überhaupt versuchen? Würde er es fertigbringen, sie mit seinem Körper zu schützen, und dafür in Kauf zu nehmen, vielleicht von einer Klinge durchbohrt zu werden? Er unterdrückte ein Stöhnen. Tränen stiegen ihm in die Augen. Über sich hörte er ein leichtes Klopfen. Ein Soldat strich mit der Hand über die Plane. Dann wurden die Geräusche stärker und das Klopfen schneller. Nein. Das war kein Soldat, sondern Regentropfen. Es begann zu regnen.
Endlich setzte sich das Fuhrwerk wieder in Bewegung. Als es erneut anhielt und jemand die Plane hochhob, waren Laertes Augen rot geweint. Das Gesicht, das sich in einer feuchten Scheune im Halbschatten über ihn beugte, war das eines bärtigen Mannes. Laerte schämte sich.
Esyld stand ein Stück weiter weg, war völlig durchnässt und blickte ihn traurig an. Hastig wischte er sich die Augen und presste die Zähne zusammen. So sollte sie ihn nun wirklich nicht sehen! Nicht so feige, verloren und kindisch.
»Hier seid Ihr in Sicherheit, Herr. Kommt mit«, sagte der Mann und legte Laerte eine Hand auf die Schulter. »Wir fürchteten schon, man hätte Euch im Wald erwischt. Aber jetzt drängt die Zeit.«
Der Mann war Esylds Vater, und allem Anschein nach befanden sie sich in der Scheune neben seiner Werkstatt. Er trug noch seine Lederschürze über einem schwarzen Hemd, das seine breiten Schultern zu sprengen drohten. Hinter einer Tür hörte man das Feuer in der Esse fauchen. Rötliches Flackern drang durch die Spalten in der Wand.
»Esyld, du sattelst die Pferde. Wir müssen noch in dieser Stunde aufbrechen«, erklärte er und nahm den Jungen mit zu einer Leiter, die zu einem Laufgang führte.
Hastig stiegen sie hinauf und erreichten eine Tür. Meister Orbey klopfte dreimal kurz und zweimal lang. Laerte warf einen Blick über die Brüstung. Unten sattelte Esyld die Pferde. Sie wirkte sichtlich nervös, ließ den Sattel fallen und schimpfte mit tränenerstickter Stimme vor sich hin. Dabei war sie ihm so entschlossen vorgekommen, als sie ihn im Wald abgeholt hatte. Gern wäre er bei ihr geblieben und hätte sie in die Arme genommen. Das zumindest hätte er sicher irgendwie fertiggebracht.
Knarrend ging die Tür auf. Zwei Wachen musterten sie misstrauisch, die Hände am Schwertgriff. Als sie Orbey erkannten, traten sie beiseite. Der Raum war winzig. In einer Ecke standen Kisten mit Schmiedewerkzeug sowie ein großer abgenutzter Amboss. Ein Mann mit einem edlen, von feinen Narben durchzogenen Gesicht saß an einem kleinen Tisch in der Nähe des einzigen Fensters, das auf eine Straße hinausging. Orbeys Schmiede befand sich im oberen Teil der Stadt. Von hier aus reichte der Blick bis zum Platz vor der Kirche. Der Hauptmann hatte seinen Helm vor sich auf den Tisch gelegt. Seinen Dienstgrad konnte man an dem Drachen erkennen, der mit weit geöffnetem Rachen den Nasenschutz zierte. Der Mann legte seine in einen eisernen Handschuh gehüllte Hand auf den Helm.
»Hauptmann Meurnau?«, stellte Laerte verwundert fest. Seine Kehle war immer noch trocken.
Dass sich der Hauptmann in Orbeys Werkstatt versteckte, konnte nur bedeuten, dass die Situation schlimmer war als gedacht. Meurnau richtete sich auf und wies mit dem Kopf auf einen Schemel in der Nähe der Kisten.
»Setzt Euch«, forderte er Laerte auf.
Anschließend wandte er ihm den Rücken zu und bat Orbey zu sich.
»Azdekis Soldaten durchsuchen die Umgebung der Stadt«, informierte der Schmied den Hauptmann mit leiser Stimme. Meurnau fuhr sich mit der Hand durch das aschblonde Haar und hörte Orbey seufzend zu. Laerte kam es vor, als wollten sie ihm etwas verheimlichen. Er hätte auch sicher nichts gehört, wenn er sich gemäß der Weisung des Hauptmanns hingesetzt hätte.
»Wenn sie nichts finden, werden sie zurückkommen. Dann aber kommen wir im Norden nicht mehr durch. Wir müssen Guet
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