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Der pfeifende Mörder

Der pfeifende Mörder

Titel: Der pfeifende Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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früher?«
    »Bevor Sie sich zu Ihrem jetzigen …«, er räusperte sich, »… Dasein entschieden.«
    »Ich war Bibliothekar, Herr Kommissär.«
    »Und was hat Sie aus der Bahn geworfen?«
    »Eine Frau – mehr möchte ich dazu nicht sagen.«
    Ein elektrischer Schlag hatte Leerdam durchzuckt.
    »Eine Frau? Dann könnte ich mir vorstellen, daß Sie alle Frauen hassen.«
    »Ja, das tue ich«, sagte Heyst mit ruhiger Stimme.
    Und gerade diese Antwort war es, die ihn vor dem blitzartig hochgeschossenen Verdacht Leerdams rettete. Als intelligenter Mann, der er war, hätte er nämlich, wenn er der gesuchte Frauenmörder gewesen wäre, unter gar keinen Umständen zugegeben, etwas gegen das schwache Geschlecht zu haben.
    »Zurück zu diesem Blut am Ärmel, das Sie für Hühnerblut halten wollen«, sagte Leerdam. »Warum haben Sie dann krampfhaft versucht, es herauszuwaschen?«
    »Wenn das krampfhaft versucht wurde, dann nicht von mir, Herr Kommissär.«
    »Von wem denn?«
    »Von meinem Vorgänger.«
    »Welchem Vorgänger? Was heißt das?«
    »Von meinem Vorgänger als Eigentümer der Jacke.«
    »Ach, die gehörte Ihnen gar nicht immer?«
    »Nein.«
    »Seit wann befindet sie sich in ihrem Besitz?«
    »Noch gar nicht lange.«
    »Und wie gerieten Sie an sie?«
    »Durch Tausch. Ich begegnete einem Kollegen – lachen Sie nicht, Herr Kommissär! –, der sie anhatte. Ich wiederum war damals gerade ausgestattet mit drei Flaschen Schnaps, aus denen ich mir nichts machte. Das ist selten in unseren Kreisen. Schnaps und Rauchwaren sind eine Art Goldwährung bei uns. Der erwähnte Kollege war wild auf meine Pullen, mir stach seine Jacke ins Auge, die ich dringend nötig hatte, weil meine alte schon völlig aus dem Leim gegangen war und kein bißchen mehr wärmte. Wir waren uns daher schnell einig. Ich glaube, ich hätte sie sogar schon für zwei Flaschen haben können.«
    »Wie hieß der Mann?«
    »Mein Geschäftspartner?«
    »Ja.«
    »Das weiß ich nicht.«
    Ein Ausdruck der Schärfe geriet in Leerdams Stimme.
    »Hören Sie, Heyst, es geht hier um Mordverdacht …«
    »Um was?« fiel verdattert der Landstreicher ein.
    »Um Mordverdacht. Treiben Sie also im Interesse eines anderen kein Versteckspiel, das Ihnen nur schaden kann.«
    »Ich weiß wirklich den Namen nicht; übrigens, der Betreffende weiß auch nicht den meinen. Darüber wurde nicht gesprochen. So etwas ist unter uns gang und gäbe.«
    »Wo fand der Handel statt?«
    »Hinter Harlingen, bei Zurig.«
    »Wann habt ihr zwei euch wieder getrennt?«
    »Gleich anschließend. Ich wandte mich zur Schenke der ›Roten Vera‹.«
    »Und der andere?«
    »Er sagte, er wolle die Küste entlang zur Ijsselsee, um den Leuten dort seinen Kram anzudrehen.«
    »Was führte er?«
    »Sie meinen sein Angebot?«
    »Natürlich.«
    »Nicht einmal das weiß ich. Sein Bauchladen war geschlossen, als wir uns begegneten, und gefragt habe ich ihn nicht.«
    Das Telefon auf Leerdams Schreibtisch läutete. Der Kommissär hob ab, meldete sich und lauschte. Aus dem Labor wurde ihm das Ergebnis der Blutuntersuchung übermittelt. Seine Augen wurden groß. »Vielen Dank«, sagte er zum Schluß und legte auf.
    Dann blickte er Wilhelm Heyst an.
    »Wissen Sie, wer das war?«
    »Nein.«
    »Unser Laboratorium. Und wissen Sie, was die mir mitgeteilt haben?«
    »Nein«, sagte Heyst noch einmal.
    »Daß Sie mit Ihrem Hühnerbluttip falsch liegen.«
    »Und mit welchem läge ich richtig?«
    »Mit meinem«, sagte Leerdam ohne erkennbare Emotion.
    Wilhelm Heyst, Bibliothekar a.D., Hausierer und Landstreicher i.D. schwieg. Es hatte ihm die Stimme verschlagen.
    »Ich hoffe nur«, fuhr der Kommissär nach einer lähmenden Pause fort, »daß die Story von dem ›Großen Unbekannten‹, die Sie mir aufgetischt haben, stimmt.«
    »Das tut sie«, beteuerte Heyst mit trockenen Lippen. »Ich schwöre es Ihnen.«
    »Seinen Namen wissen Sie immer noch nicht?«
    »Nein, ich sagte Ihnen doch …«
    »Aber beschreiben können Sie ihn mir?«
    »Doch, das kann ich …«
    Wilhelm Heyst ließ eine Personalbeschreibung vom Stapel, die geradezu großartig war. Es erwies sich, daß er ein scharfes Auge und ein gutes Gedächtnis hatte. Beides zusammen versetzte ihn in die Lage, den Kommissär mit Angaben zu beliefern, welche die Herausgabe eines Steckbriefes zum Kinderspiel machten.
    Trotzdem aber entpuppte sich das ganze vorläufig als Schuß in den Ofen.
    Und warum dies?
    Weil jener Unbekannte lange nicht gefunden werden konnte.
    Die

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