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Der pfeifende Mörder

Der pfeifende Mörder

Titel: Der pfeifende Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gewesen, aber anscheinend sah er dazu nun irgendeine Veranlassung. Wahrscheinlich wartete er, bis sich die Erregung, welche die ganze Nation befallen hatte, wieder legte und die Mädchen erneut unvorsichtig und vertrauensselig genug wurden, um seinen Verlockungen zu erliegen. Dann mochten wieder neue Morde von ihm drohen.
    Dieser festen Überzeugung war Kommissär Leerdam, und deshalb fuhr er bei jedem Läuten des Telefons zusammen, weil er fürchtete, daß es die erste der erwarteten Schreckensmeldungen sei.
    Mit steinerner Miene hatte er an der Beisetzung der drei Opfer teilgenommen, als sie, nachdem die Staatsanwaltschaft sie zur Beerdigung freigegeben hatte, an ein und demselben Tag im Leeuwardener Friedhof bestattet wurden. Der Schrotthändler und Fuhrunternehmer Dan Paldoorn hatte in diesen Tagen viel zu tun. Er schaffte die Kränze bergeweise auf den Friedhof und mußte sich sogar aus einer Nachbarschaft noch einen Bestattungswagen ausleihen, um die drei Särge mit allem Pomp getrennt zu ihren letzten Stätten fahren zu können.
    Während des Beisetzungsrituals behielten, wie gewohnt, wieder viele Kriminalbeamte, an der Spitze Paul Leerdam, die Trauernden im Auge. Reden wurden gehalten. Trauermusik erklang. Die Menschenmenge war riesig.
    Neben Leerdam stand Paldoorn, der Bestattungsunternehmer.
    »Entsetzlich!« sagte er.
    Der Kommissär kannte seine Pappenheimer und antwortete bissig: »Was wollen Sie, Ihr Geschäft blüht doch!«
    »Darauf würde ich gerne verzichten.«
    »So?«
    »Entsetzlich finde ich die Tatsache, daß die meisten hier nur aus Neugierde gekommen sind, aus Sensationslust.«
    »Das stimmt. Einer aber sicher nicht.«
    »Wer nicht?«
    »Der Mörder.«
    Paldoorn zuckte zusammen.
    »Sie glauben, daß der hier ist?«
    »Ja.«
    »Aus welchem Grund? Das wäre doch sehr gefährlich für ihn. Ich kann mir vorstellen, daß Sie nicht der einzige Polizeibeamte sind, der anwesend ist.«
    Leerdam schwieg.
    »Daß der so dreist ist«, fuhr Paldoorn kopfschüttelnd nach einem Weilchen fort, »halte ich deshalb für unwahrscheinlich.«
    Der Kommissär sagte immer noch nichts.
    »Oder er fühlt sich so sicher«, meinte der Multiunternehmer, »daß er glaubt, der Polizei auf der Nase herumtanzen zu können.«
    Dazu konnte Leerdam nicht mehr länger schweigen. Er sagte: »Je sicherer er sich fühlt, desto sicherer kriegen wir ihn.«
    Leere Worte, dachte er aber dabei über sich selbst.
    »Sie sind also immer noch überzeugt«, antwortete Paldoorn, »daß Sie den erwischen?«
    »Und zwar bald!« trumpfte Leerdam auf. Er erlag damit einem Bedürfnis der Öffentlichkeit gegenüber, auch wenn diese ›Öffentlichkeit‹ nur aus einer einzigen Person bestand. Der Bestattungsmensch würde schon – am Stammtisch oder wo immer – für die nötige Verbreitung sorgen.
    Der Bürgermeister schien freilich nicht der Überzeugung zu sein, daß man mit einer Verhaftung des Mörders in absehbarer Zeit rechnen könne. Wieder hielt er eine Rede, in der sich die Angriffe gegen die Polizei steigerten. Dem Volk sprach er damit aus dem Herzen.
    Paul Leerdam verließ den Friedhof.
    Eine Stunde später hatten sich auch alle anderen verlaufen. Die offenen Gräber mit den Särgen auf ihrem Grund lagen verlassen da. Nur eine einzige Gestalt zeigte sich noch, welche die Schleifen der Kränze musterte und eingehend die Blumen betrachtete. Es war ein gutaussehender Mann.
    Er schritt von Grube zu Grube und grüßte gemessen die beiden Totengräber, die mit Spaten aus der nahen kleinen Kapelle traten, um die Gräber endgültig zuzuwerfen.
    Dann wendete auch er sich ab und verließ den Friedhof mit einer Miene, in der ein leises Lächeln mit dem an diesem Ort angebrachten Ernst im Widerstreit lag.
    Er war der Mörder.
    Einige Zeit nach dem großen Begräbnis wurden die Spuren in den Mordfällen Maria Steufels und Grit Vonmeeren doch etwas deutlicher. Beamte der Sonderkommission hatten die letzten Wochen der Mädchen vor ihrem schrecklichen Ende systematisch aufgerollt, hatten zwei-, dreimal von vorn begonnen und waren schließlich zu einem Faktum gelangt, das beiden Fällen gemeinsam war: Es gab sozusagen einen ›Filmriß‹ im Leben der Mädchen, und zwar zu der Stunde, in der sie ihren Mörder kennengelernt hatten. Von da an waren sowohl Maria als auch Grit ungewohnt ›still‹ geworden; sie hatten zu ihren Freundinnen oder Angehörigen über jenen Mann kaum etwas gesagt. Sie hatten über ihn nur ganz wenig gesprochen, und es war klar,

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