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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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verbergen, aber es bricht sich Bahn. Sie sind zornig, und sie haben Angst, wie mich dünkt. Allesamt.«
    »Wovor?«
    Ich holte tief Luft. »Vor mir. Aber auch voreinander.«

kapitel achtzehn
    N achdem ich wieder ins Haus gegangen war, verbrachte ich zwei Stunden damit, Hobbeys Geschäftsbücher zu prüfen. Sie reichten zurück bis zum Jahr 1539, in dem er sich mit seiner Familie in Hoyland niedergelassen hatte. Alles war deutlich festgehalten in einer sauberen Handschrift, die vermutlich Falstowe gehörte. Viel Wald war in den vergangenen sechs Jahren geschlagen worden, und die Erträge aus dem Verkauf der Stämme hatten sich zu einem erklecklichen Sümmchen angehäuft. Für Hughs Bäume wurde getrennt Rechenschaft abgelegt, und sowohl die unterschiedlichen Baumsorten – Eiche, Buche und Ulme – wie auch der Geldbetrag, den sie eingebracht hatten, waren fein säuberlich vermerkt. Dennoch war mir bei alledem bewusst, dass auch vermeintlich ordentlich geführte Bücher wie diese zuhauf falsche Einträge enthalten konnten. Im Trüben ließ sich gut fischen, wie schon die Alten sagten. Ich saß eine Weile da, ließ mir noch einmal die Mahlzeit durch den Sinn gehen und die entsetzliche Anspannung rings um den Tisch. Hier lag etwas gründlich im Argen, das spürte ich, und es hatte nicht nur mit den unlauteren Einkünften aus Hughs Waldland zu tun.
    Schließlich ging ich zu Bett und schlief tief und fest. Kurz vor dem Erwachen träumte mir von Joan, die mich in einer kalten dunklen Nacht zu Hause willkommen hieß und sagte, ich sei viel zu lange fort gewesen. Ich quälte mich aus dem Bett und setzte mich auf einen Stuhl, um nachzudenken. Wenn wir erst am Freitag nach Portsmouth ritten, hätte ich Gelegenheit, davor noch Rolfswood zu besuchen, nicht erst auf dem Nachhauseweg, wenn ich Barak unter irgendeinem Vorwand nach London vorausschicken müsste. Die Strecke belief sich auf etwa fünfzehn Meilen; ich würde in dem Ort nächtigen müssen, um meinem Pferd Ruhe zu gönnen.
    Da hörte ich jugendliche Stimmen vor dem Haus. Ich öffnete das Fenster und blickte hinaus. In einiger Entfernung – die vorgeschriebenen 220 Schritt, nahm ich an – standen Hugh und David und übten sich im Bogenschießen. Hughs Pfeil surrte durch die Luft und traf geradewegs ins Schwarze. Seine Geschicklichkeit erschien mir jener von Leacons Männern ebenbürtig.
    Die morgendlichen Leibesübungen, die Guy mir empfohlen hatte, hätten mir gutgetan, doch ich hatte einiges vor. Also legte ich gleich meine Sergeantenrobe an und ging nach unten. Ich fühlte mich unbehaglich; es war ein weiterer schwülheißer Morgen.
    Der Große Saal war leer, doch hörte ich irgendwo Baraks Stimme, ging ihr nach und gelangte in eine große Küche. Hier saßen er und Feaveryear zu Tische und taten sich an Brot und Käse gütlich, ihr Umgangston freundschaftlicher als noch tags zuvor. Die alte Ursula stand am großen Herd, das schmale Gesicht nass von Schweiß. Lamkin, Abigails Schoßhund, verschlang zu Füßen Feaveryears einen Klumpen Käse. Er blickte auf, als ich eintrat und wedelte mit dem fedrigen Schweif, als wollte er sagen: Schau nur, was für ein Glückspilz ich bin.
    »Tamasin hat eine zuverlässige Freundin, die auf sie aufpasst«, sagte Barak gerade zu Feaveryear. »Aber ich mache mir trotzdem Sorgen. Immerzu stelle ich mir vor, wie sie draußen im Garten das Unkraut jätet, anstatt sich im Hause zu schonen.«
    »Ich wusste nicht, dass du verheiratet bist. Ich hielt dich für einen Leichtfuß.«
    »Die Zeiten sind vorbei – ah, guten Morgen«, sagte er, als ich eintrat. Feaveryear stand auf und verneigte sich knapp.
    »Du hast mich ausschlafen lassen«, sagte ich und setzte mich zu ihnen.
    »Man hat auch mich erst vor einer halben Stunde geweckt«, antwortete Barak gutgelaunt. »Und die Alten brauchen doch ihren Schlaf.«
    »He, nicht so vorlaut!« Feaveryear schien entsetzt ob unserer Vertrautheit.
    Von der Küche aus hatten wir eine bessere Sicht auf die Burschen, die ihre Schießübungen abhielten. David war an der Reihe; er neigte sich zurück, bog dann seinen starken, stämmigen Leib nach vorn und ließ den Pfeil von der Sehne. Auch er traf das Ziel, wenn auch nicht ins Schwarze.
    »Ein wunderschöner Ort«, sagte Feaveryear. »Ich war noch nie zuvor auf dem Lande.«
    »Ihr seid noch nie aus London herausgekommen?«, fragte ich.
    »Es ist meine erste Reise. Ich war ganz erpicht darauf. Die Gerüche sind so anders, so sauber.«
    »Genau«,

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