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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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gepflegten Hände im Schoß. »Als Knabe verdingte ich mich als Laufbursche, rannte zwischen den Wollhändlern und den deutschen Kaufleuten am Steelyard hin und her. Dann ging ich nach Deutschland, um selbst den Beruf des Kaufmanns zu erlernen, kehrte zurück und wurde alsbald ein Mitglied der Tuchhändlergilde.«
    »Wann habt Ihr die Familie Curteys kennengelernt?«
    »Das war vor sieben Jahren.« Hobbey behielt den ruhigen, gleichmäßigen Ton bei. »Die Klöster fielen wie die Kegel, und ein jeder trachtete danach, einen günstigen Handel mit dem Court of Augmentations abzuschließen. Überdies hatte ich die Absicht, mich aus dem Geschäft zurückzuziehen.«
    »Ein wenig früh, nicht wahr?« Ich beschloss, die Frage, ob er sich verschuldet habe, noch ein wenig hinauszuschieben.
    »Ich kannte die Zunft seit meinem zehnten Jahr und war ihrer überdrüssig geworden. Als ich erfuhr, dass diese Priorei zum Verkauf stand, kam ich hierher. John Curteys, Gott hab ihn selig, lernte ich in einer Dorfschänke kennen. Er bekundete sein Interesse am Klosterwald. Da ich mir den Kauf der Gebäude und der zugehörigen Ländereien nicht leisten konnte, kamen wir überein, dass Curteys den größeren Waldanteil erstehen würde. Wir waren beide Wollhändler und freundeten uns an. Doch dann verstarben John und seine Frau ganz plötzlich, wie Ihr wohl wisst.«
    »Und Ihr habt die Vormundschaft für Hugh und Emma beantragt.«
    Hobbey breitete die Arme aus. »Das ist kein Geheimnis. Ich kannte die Kinder. Und da das Land, welches ihr Vater ihnen hinterließ, an das meine grenzt, erschien es uns aus kaufmännischer Sicht vernünftig, Hoyland als Einheit zu verwalten. Ich zahlte einen guten Preis, und jeder Penny wanderte auf Hughs und Emmas Konto.«
    Ich blickte Dyrick an, der bedächtig nickte. Sie hatten vermutlich die ganze Nacht geprobt. Und ich war lange genug im Beruf, um dergleichen zu erkennen.
    »Die Vormundschaft für die Kinder war nur ein Geschäft für Euch?«
    »Natürlich nicht.« Einen Augenblick schien Hobbey zornig. »Die beiden dauerten mich. Sie waren verwaist, hatten keinen Menschen, der für sie sorgte. Wer wäre besser geeignet gewesen, sich ihrer anzunehmen, als Abigail und ich? Wir hatten uns schon immer weitere Kinder gewünscht, doch nachdem David geboren war, sind uns zwei Kinder nach der Geburt gestorben.« Über sein Gesicht huschte ein Schatten. »Und Hugh und Emma hatten keinerlei nahe Verwandte, bis auf eine betagte Tante im Norden, die der Priester ihrer Eltern benachrichtigen wollte. Doch das erwies sich als recht schwierig«, setzte er verächtlich hinzu, »da sie bereits verstorben war.« Das war der Ton, den Pfarrer Broughton gehört haben musste, als er Einspruch erhob, dachte ich. Und Abigails Gekreische konnte ich mir ohnehin lebhaft vorstellen.
    Ich hielt einen Moment lang inne, damit Barak zu Ende schreiben konnte. Die Federn der beiden Gehilfen kratzten munter über das Papier.
    »Wenden wir uns nun Michael Calfhill zu«, fuhr ich fort. »Ihr hattet ihn zunächst als Hauslehrer behalten. Er war zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Jahre bei den Kindern gewesen. Doch als Ihr hierhergezogen seid, habt Ihr ihn entlassen. Weswegen?«
    Hobbey beugte sich vor und formte mit den Händen einen Turm. »Erstens, Sir, fühlten die Kinder sich nicht wirklich zu Calfhill hingezogen. Nachdem ihre Eltern verstorben waren, fanden sie nur noch aneinander Halt. Und nach einem Jahr war auch Emma tot.« Er seufzte auf, scheinbar tiefbewegt. »Und jawohl, als wir fortzogen, entließ ich Michael Calfhill aus meinen Diensten. Weil Hugh nunmehr alleine war und ich befürchten musste, Michaels Einfluss könne eine ungesunde Wendung nehmen. Ich hegte, offen gestanden, Bedenken, er könne den Knaben auf Abwege führen. Zur Unschicklichkeit verleiten«, fügte er bedachtsam hinzu.
    »Hattet Ihr Beweise?«
    »Denkt daran, Bruder Shardlake«, sagte Dyrick. »Master Hobbeys Antwort könnte im Gerichtssaal vorgelesen werden, im Beisein von Michael Calfhills Mutter.«
    »Das weiß ich.« Ich behielt Hobbey im Auge; Dyrick würde mich nicht unter Druck setzen.
    »Es waren seine Blicke, seine Gesten. Einmal sah ich, wie er Hugh an den Hintern fasste.«
    »Soso. Da wir gerade von Unschicklichkeit sprechen: Michael erzählte seiner Mutter, David habe etwas Ungehöriges zu Emma gesagt und deshalb von Hugh Prügel bezogen.«
    »Ein einziges Mal, das mag wohl sein. Mein Sohn – nun ja, er hat seine Zunge nicht immer im Zaum. Die

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