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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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Leichnam aus dem schlammigen Grund, der ihn nicht freigeben wollte. Das Bein, an dem ich zog, ließ sich besonders schwer bergen; als es langsam an die Oberfläche kam, sah ich, warum. Ein Strick war um den Oberschenkel gebunden, am anderen Ende ein Klumpen Eisen. Es gab nun keinen Zweifel mehr: Dieser Tote war hier versenkt worden.
    Wir zogen das dunkle, tropfend nasse Etwas ans Ufer. Caesar zerrte bellend an der Leine. Wir setzten uns, schnappten nach frischer Luft, wobei uns der Regen in die Münder lief. Wilf erhob sich schließlich und drehte den Toten vorsichtig herum. Dann holte er einen Lumpen aus dem Kittel und wischte damit den Schlamm vom Schädel. Es war kaum mehr als ein Totenkopf, über den sich straff die Haut zog, aber er hatte noch Haare.
    Wilf wischte den Hals und den Kragen von etwas sauber, das ich als die Fetzen eines Wamses erkannte; dann bückte er sich hinunter, und als er sich aufrichtete, hatte er einen großen Knopf in der Hand. Den zeigte er mir mit zitternder Hand.
    »Seht Ihr, Sir, der Knopf ist nicht verfault. Seht Ihr das Muster darauf, ein großes, eckiges Kreuz. Ich erinnere mich, es waren die Knöpfe am Wams von Master Fettiplace; er trug es oft bei der Arbeit. Und das Haar ist hell, genau wie das seine. Er ist es.« Wilf sah betroffen drein, dann begann er zu weinen. »Vergebt mir, es ist schwer für mich.« Barak legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Wie ist das passiert?«, fragte ich Barak leise. »Ellen sprach von einem Mann, der verbrannt sei. Das muss Wilfs Freund gewesen sein, Peter Gratwyck. Ihr Vater wurde getötet und im Teich versenkt.« Ich besah mir die Leiche, aber sie war schon zu verwest, als dass man noch Spuren einer Verletzung hätte entdecken können.
    Barak sagte: »Wenn er getötet wurde, warum hat man seine Leiche nicht in der brennenden Eisenhütte liegen lassen?« Er beugte sich zu mir. »Und wer war dabei? Ellen, wie wir wissen, aber wer noch?«
    Ich wandte mich an Wilf. »Wird seither irgendjemand aus der Gegend vermisst, abgesehen von Master Fettiplace und Eurem Freund Gratwyck? Jemand, der dies hier verschuldet und sich dann aus dem Staub gemacht haben könnte?«
    Auf Wilfs Gesicht hatten der Schlamm, die Tränen und der Regen Spuren hinterlassen. »Nein, Sir«, sagte er, »niemand.«

kapitel vierunddreißig
    W ilf bestand darauf, dass wir den toten Fettiplace zudeckten, und so legten wir den ausgetrockneten Leichnam an eine Innenwand der abgebrannten Eisenhütte und schützten ihn mit losen Brettern. Es erforderte viel Überwindung, ihn aufzuheben, und ich befürchtete schon, er könne zerfallen. Nachdem dies erledigt war, blickte ich über die rissige Schlammkruste bis an die Stelle, wo der Leichnam gelegen hatte; sie füllte sich bereits, wie auch unsere Fußspuren, mit Regenwasser. Dann gingen wir triefend nass zum Pfarrhaus zurück.
    »Jetzt müssen wir vermutlich mit Buttress sprechen«, sagte Barak leise, »dem Dorfrichter.«
    »Tja. Er wird die Untersuchungen einleiten und den Coroner von Sussex benachrichtigen.« Ich schüttelte den Kopf. »Der Tod folgt mir auf Schritt und Tritt auf dieser Reise.«
    »Und stets ist Priddis in die Sache verwickelt.« Barak senkte die Stimme zu einem Flüstern, obwohl Wilf mit Caesar vorausgegangen war. »Ihr sagtet, Ellens Unterschrift auf der Übertragungsurkunde für das Haus sei gefälscht gewesen. Glaubt Ihr, dass Buttress das weiß?«
    »Möglich. Er hat mir nicht sonderlich gefallen.«
    Das Pfarrhaus kam in Sicht. Ich ergriff Wilfs Arm. »Ihr solltet nach Euren Söhnen schicken«, sagte ich sanft. »Die Sache hat Euch zugesetzt.«
    Er merkte auf und sah mich an. »Ihr werdet nicht verraten, dass ich gewildert habe?«
    »Nein, Ihr habt doch mein Wort. Wir werden die Geschichte erzählen, wie wir es vereinbart haben.«
    Seckford hatte uns bereits gesehen und kam in den Garten. »Was habt Ihr gefunden?«, fragte er ängstlich.
    »Den toten Master Fettiplace.« Ich ergriff den dicken weichen Arm des Pfarrers und blickte ihm ins Gesicht. »Sir, Wilf braucht Euch jetzt nüchtern. Wie wir alle.«
    Er holte tief Luft und wandte sich an Wilf. »Er soll ein christliches Begräbnis erhalten. Dafür will ich sorgen.«
    Wir begaben uns in die Stube. Seckford sprach mit jäher Bestimmtheit. »Jener Krug, Master Shardlake, wollt Ihr ihn hinaus in die Küche tragen?«
    Ich trug sein Bier in eine unsaubere Kammer hinter der Stube, wo Fliegen über schmutzigem Geschirr kreisten. Seckford schien kaum in der Lage, sich

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