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Der Pfeil der Rache

Der Pfeil der Rache

Titel: Der Pfeil der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Sansom
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Stücklein. Ich lernte das Schreiben in der Klosterschule. Sie wollten mich als Schüler behalten, aber meine Familie ist arm.
    »Die meisten Stücke heutzutage, wie jene von John Bale, handeln von religiösen Zwistigkeiten. Dergleichen kann gefährlich sein.«
    »Ich will Komödien schreiben, die Leute zum Lachen bringen.«
    »Hast du dir die derben Lieder, die ihr singt, etwa selber ausgedacht?«, fragte Barak.
    »Einige schon«, antwortete er stolz.
    »Viele Komödien in London sind im Ausland entstanden«, sagte ich. »Zumeist in Italien.«
    »Aber warum sollte es nicht auch englische Komödiendichter geben? Wie den alten Chaucer?«
    »Potztausend, Carswell, du bist ziemlich belesen!«
    »Das Bogenschießen und das Lesen, Sir, waren mir schon immer die liebsten Zerstreuungen. Zum Verdruss meiner Eltern, sie hätten mich lieber auf dem Acker gesehen.« Er verzog das Gesicht. »Ich musste fort, war froh, unter die Soldaten zu gehen. Und sobald dieser Krieg vorüber ist, will ich nach London. Mich als Komödiant verdingen, mehr darüber lernen, wie Stücke entstehen.«
    Ich lächelte. »Wie ich sehe, hast du alles wohlbedacht. Komische Stücke in englischer Sprache, in der Tat, dergleichen wäre dringend vonnöten.«
    Wir wurden von Snodin unterbrochen, der zu uns herüberkam. »Los, Carswell«, sagte er barsch. »Was druckst du hier herum? Wir veranstalten ein Bogenschießen, dort auf der Wiese. Lass die Herrschaften in Ruhe, du Tropf!«
    »Er tut nichts Unrechtes«, sagte Barak.
    Snodins Augen wurden schmal. »Er ist ein Soldat und tut gefälligst, was ich ihm sage.«
    »Jawohl, Master Snodin.« Carswell rappelte sich eilig hoch und folgte dem Spieß. Ich rief ihm nach: »Du findest mich am Lincoln’s Inn, wenn du nach London kommst.«
    »Ein ungewöhnlicher Bursche«, sagte ich zu Barak. »Und du hüte dich, noch einen Offizier gegen dich aufzubringen. Einer war genug.«
    »Der Hundsfott! Was Carswell anbelangt, den solltet Ihr lieber nicht ermutigen. Die meisten dieser Komödianten saufen sich doch in die Gosse!«
    »Du bist scheint’s schlechter Laune heute. Vermisst wohl deine Tamasin.«
    »Ich frage mich unentwegt, ob sie zurechtkommt.« Er sah mich an. »Außerdem würde mich interessieren, was Ihr wegen dieser Ellen zu tun gedenkt.«
    Ich antwortete nicht.
    * * *
    Es war Nachmittag, und wir hatten am Wegesrand gegessen, als der Karren endlich instand gesetzt war. Es waren zwanzig Männer mit Seilen vonnöten, um die Kanone wieder auf den Karren zu heben. Dieser gab den Weg frei, um die Kompanie vorbeizulassen. Wir zogen weiter gen Süden, immer tiefer in den Wald von Bere. Ich trieb mein Pferd an die Spitze der Kompanie, wo Leacon neben Sir Franklin ritt. »George«, sagte ich, »bald trennen sich unsere Wege.«
    »O ja, zu meinem Bedauern.«
    »Und zu dem meinen. Bis es so weit ist, möchte ich Euch noch um einen Gefallen bitten.«
    »Was in meiner Macht steht, will ich tun. Worum geht es?«
    »Wenn Portsmouth voller Soldaten ist, sind vermutlich etliche Veteranen darunter.«
    »O ja. Portsmouth ist jetzt militärischer Mittelpunkt.«
    »Könntet Ihr fragen, ob jemandem der Name William Coldiron ein Begriff ist? Er ist mein Steward, vorerst jedenfalls.« Ich erzählte ihm die Geschichte von Coldiron und seiner Tochter Josephine und dass ich in der Schenke gehört hätte, der alte Haudegen sei nie verheiratet gewesen. »Sollte jemand wissen, was es mit den beiden auf sich hat, so würde ich es gern erfahren. Ich glaube zwar nicht, dass er in Flodden dem schottischen König den Garaus machte, aber zumindest war er Soldat.«
    »Ich höre mich um, sobald sich die Gelegenheit bietet.«
    »Könntet Ihr mir einen Brief nach Hause schicken?«
    »Gewiss. Und wenn es Euch nach Portsmouth verschlägt, dann haltet nach mir Ausschau. Obwohl ich gewiss alle Hände voll zu tun habe mit diesen Burschen. Die Stadt soll gänzlich aus den Fugen geraten sein, voller ausländischer Soldaten und Seeleute. Meine Truppe würde sich ebenfalls freuen, Euch zu sehen.«
    »Dann halten mich nicht alle für einen buckligen Unglücksraben?«
    »Nur ein paar Quadratschädel wie Sulyard.«
    »Danke. Das bedeutet mir viel.«
    Ich ritt ans Ende der Truppe zurück. Die Straße stieg langsam an, und das Marschtempo wurde verhaltener. Ich saß halb eingenickt im Sattel, als Dyrick mich unsanft wach rüttelte.
    »Wir nehmen die Wegbiegung.«
    Ich richtete mich auf. Rechts von uns führte ein schmaler Feldweg in einen tiefen, schattigen Wald.

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