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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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er, daß die Schute ziemlich tiefes Wasser braucht.
    – Sie ist ja leer, wendete Ladko ein. Zwei Fuß Wasser müssen für sie genügen.
    – Nein, sie braucht sieben Fuß, versicherte Striga.
    – Sieben!« rief der Pilot, auf den dieses Wort wie eine Offenbarung wirkte.
    Da war es also erklärt, warum die Bande von der Donau bisher allen Verfolgungen entgangen war. Ihr Schiff enthielt einen doppelten Boden. Was man von diesem über dem Wasser sah, war nur zum Schein, zur Täuschung da. Die wirkliche Schute befand sich unter dem Wasser, und in diesem Verstecke wurde die Ausbeute der Raubzüge untergebracht, in einem Verstecke, das, wie Serge Ladko aus Erfahrung wußte, sich auch als sichrer Kerker benützen ließ.
    »Ja, sieben, hatte Striga als Antwort auf den Ausruf des Piloten wiederholt.
    – ‘s ist schon gut«, sagte dieser ohne eine weitere Bemerkung.
    In den ersten Minuten nach der Abfahrt ließ Striga, den trotz eignen Widerstrebens noch immer einige Sorge erfüllte, die strengste Aufmerksamkeit nicht außer acht. Das Verhalten Serge Ladkos beruhigte ihn jedoch. Der waltete nur seines Amtes; er nährte offenbar keine böse Absicht, sondern bewies, daß sein Ruf als geschickter Pilot wirklich begründet war. Unter seinen Händen wand sich die Schute folgsam zwischen den Sandbänken hin und folgte mit mathematischer Genauigkeit der schwierig fahrbaren Wasserstraße.
    Allmählich verschwanden die letzten Befürchtungen des Piraten. Die Fahrt ging ohne Zwischenfall von statten, und bald mußte das Meer erreicht sein.
    Es war um vier, als dieses in Sicht kam. Nach einer letzten Biegung des Stromes stießen Himmel und Wasser am Horizonte zusammen.
    Striga rief jetzt den Piloten an.
    »Nun sind wir doch, glaub’ ich, in Sicherheit? sagte er. Könnte man das Ruder jetzt nicht wieder unserm gewöhnlichen Steuermann überlassen?
    – Noch nicht, erklärte Serge Ladko. Das Schwierigste ist noch nicht überstanden.«
    Je weiter das Fahrzeug nach der Mündung kam, ein desto größres Feld öffnete sich den Blicken. Auch Striga sah unablässig auf das weite Meer hinaus. Plötzlich ergriff er ein Fernrohr und richtete es auf einen kleinen, vier-bis fünfhundert Tonnen haltigen Dampfer, der eben um die im Norden vorgelagerte Landspitze herumkam, und nach dessen kurzer Besichtigung gab er Befehl, eine Flagge am Top des Mastes zu hissen. Darauf erfolgte sofort eine Antwort vom Bord des Dampfers, der sich, nach Steuerbord schwenkend, der Stromesmündung näherte.
     

    »Ich bin doch einmal Pilot.« (S. 253.)
     
    Im gleichen Augenblicke hatte Serge Ladko aber die Ruderpinne nach Backbord herumgeworfen, so daß die Schute stark nach Steuerbord abfiel, und indem sie die Strömung in schräger Richtung durchschnitt, nach Südosten umbog, als wollte sie das rechte Ufer anlaufen.
    Erstaunt sah Striga den Piloten an, dessen Gleichmütigkeit ihn jedoch beruhigte. Jedenfalls zwang eine letzte Sandbank die Schiffe, hier diesen auffällig abweichenden Weg einzuschlagen.
    Striga täuschte sich nicht gänzlich. Im Bett des Stromes lag wirklich eine Sandbank, nur nicht in der Richtung nach dem Meere zu, und gerade auf diese Untiefe zu steuerte Serge Ladko jetzt mit fester Hand.
    Plötzlich erfolgte ein furchtbares Krachen. Die Schute wurde davon bis zum Grunde erschüttert.
    Durch den Stoß kam der Mast herunter, der dicht an seiner Spur abgebrochen war, und flatternd schlug das Segel aufs Deck nieder, wo es die Männer, die sich auf dem Vorderdeck aufhielten, mit seinen weiten Falten bedeckte. Unabänderlich fest aufgefahren, blieb die Schute unbeweglich stehen.
    Auf dem Deck waren alle umgeworfen, darunter auch Striga, der sich wutschnaubend wieder aufgerafft hatte.
    Sein erster Blick traf Serge Ladko. Der Pilot schien von dem Unfalle gar nicht betroffen zu sein. Er hatte das Steuer losgelassen, und die Hände in den Taschen seines Kittels, beobachtete er seinen Feind, gespannt auf das, was nun erfolgen würde.
    »Halunke!« heulte Striga, der, einen Revolver in der Hand, nach dem Hinterteile stürmte.
    Bei drei Schritt Entfernung gab er Feuer.
    Serge Ladko hatte sich blitzschnell gebückt; die Kugel flog über ihn hin, ohne ihn zu verletzen. Sofort wieder aufgerichtet, stürzte er sich mit einem Sprunge auf seinen Gegner, dem er sein Messer ins Herz stieß. Iwan Striga brach tot zusammen.
    Das alles hatte sich so schnell abgespielt, daß die fünf Leute von der Mannschaft, die übrigens von den Falten des Segels etwas

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