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Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Natur, und man kann nicht vorsichtig genug sein, sie anzulocken. Einige darunter, z. B. die Schleie, sind geradezu intelligent zu nennen. Man muß sie zu überlisten verstehen, ihr Maul ist aber so hart, daß es zuweilen die Schnur zerreißt.
    – So viel ich weiß, meinte Jäger, wird die Schleie nicht gerade hoch geschätzt.
    – Nein; sie liebt schlammiges Wasser, das ihrem Fleische oft einen unangenehmen Beigeschmack verleiht.
    – Und der Hecht?
    – O, das ist ein vortrefflicher Fisch, erklärte Ilia Brusch, vorausgesetzt, daß er seine fünf bis sechs Pfund wiegt; die kleinen sind weiter nichts als Gräten. Jedenfalls kann der Hecht aber nicht den intelligenten und listigen Fischen zugezählt werden.
    – Wirklich, Herr Brusch?… Der Haifisch des Süßwassers, wie man ihn nennt, ist also…
    –… ebenso dumm, wie der im Salzwasser, Herr Jäger. Beide stehen in dieser Hinsicht nicht höher als der Barsch und der Aal. Ihr Fang ist nutzbringend, rühmlich aber nicht. Es sind, wie ein Kenner sagt, Fische, die sich selbst fangen und die nicht der Angler fängt.«
    Jäger mußte unwillkürlich die ansteckende Überzeugung Ilia Bruschs bewundern, und das nicht weniger, als die peinliche Sorgfalt, womit er seine Geräte zurechtmachte.
    Zuerst hatte er seine elastische und leichte Angelrute vorgenommen, die vorher am äußern Ende fast zum Brechen gebogen, bald wieder so gerade war, wie vorher. Die Rute bestand aus zwei Teilen, der eine am untern Ende fast vier Zentimeter dick und verjüngt bis zu einem Zentimeter am obern Ende, wo sich der zweite Teil daran anschloß, der aus seinem, besonders haltbarem Holze bestand. Der aus einem Zweige der Haselstaude angefertigte zweite Teil war fast vier Meter lang, was es dem Fischer ermöglichte, auch den ein Stück vom Ufer am Grunde stehenden Fischen, wie den Brachsen und den Rotzungen, nachzustellen.
    Ilia Brusch zeigte Herrn Jäger auch die Haken, die er an dem Florentiner Haar befestigte.
    »Sie sehen, Herr Jäger, sagte er dazu, das sind sehr dünne Haken, solche von Nummer elf. Als Köder gibt es für das Rotauge nichts besseres als aufgequellte Getreidekörner, die an einer Seite aufgeplatzt und durchweg hübsch weich sind. Na, das wäre ja fertig, und nun will ich mein Glück versuchen.«
     

    Einander gegenübersitzend, aßen die beiden Genossen ihre Abendmahlzeit. (S. 60.)
     
    Während Jäger sich jetzt an das niedrige Kojendach lehnte, setzte er sich, seinen kleinen Hamen zur Hand, auf eine der Bänke, und warf unter gebührendem, einer gewissen Grazie nicht entbehrendem Balancieren die Schnur weit hinaus. Die Haken versanken in dem gelblichen Wasser und die Bleistücke darüber sicherten ihnen eine lotrechte Lage, die nach der Ansicht aller Fischer von Beruf, vorzuziehen sein soll. Über ihnen schaukelte der Schwimmer, der, aus einer Schwanenfederspule und Kork hergestellt, kein Wasser ansaugt und vor allem nicht untersinken kann.
    Natürlich herrschte im Boote von jetzt an tiefes Schweigen. Stimmengeräusch erschreckt die Fische gar zu leicht, und ein ernstlicher Fischer hat andres zu tun, als bei seiner Arbeit zu schwätzen. Er muß den Schwimmer aufmerksam beobachten und darf den richtigen Augenblick, die Beute mit dem Haken zu fesseln, nicht vergessen. Mit dem heutigen Vormittage konnte Ilia Brusch zufrieden sein. Er hatte gegen zwanzig Rotaugen und daneben noch ein Dutzend Alante und noch andre Fische gefangen.
    Wenn Jäger wirklich ein so leidenschaftlicher Angelliebhaber war, wie er sich dessen rühmte, mußte er jedenfalls die Sicherheit bewundern, womit sein Wirt den Haken etwas aufschnellen ließ, wie es bei den Fischen dieser Art nötig ist. Sobald er fühlte, daß »etwas anbiß«, hütete er sich jedoch, den Fang sofort an die Wasseroberfläche herauszuziehen, sondern ließ den Fisch, bei dessen Bemühungen, vom Haken wieder loszukommen, sich erst ermüden, und er zeigte dabei das unerschütterlich kalte Blut, das eine der Haupteigenschaften des seines Namens würdigen Fischers ist.
     

    Die Liebhaber überboten einander… (S. 66.)
     
    Der Fischfang wurde um elf Uhr beendigt. In der schönen Jahreszeit beißt der Fisch in den Stunden nicht an, wo die Sonne in ihrem Hochstande das Wasser zum Glitzern bringt. Übrigens war die Ausbeute ja für heute schon genügend. Ilia Brusch hielt sie gegenüber dem ziemlich unbedeutenden Neustadt wo er um fünf Uhr Halt machte, sogar für etwas zu groß.
    Damit täuschte er sich freilich. Fünfundzwanzig bis

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