Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Pilot von der Donau

Der Pilot von der Donau

Titel: Der Pilot von der Donau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
dreißig Personen harrten hier schon seiner Ankunft und begrüßten ihn, sobald das Boot angelegt war, mit lautem Beifall. Bald wußte er nicht mehr, auf welches Gebot er hören sollte, und in kürzester Zeit waren die Fische gegen siebenundzwanzig Gulden vertauscht, die Ilia Brusch als erste Dividende seinem Begleiter auf der Stelle aushändigte.
    Im Bewußtsein, an der Bewunderung der Leute keinen Anteil zu hab en, hatte der sich bescheiden unter das Kojendach zurückgezogen, wo Ilia Brusch ihn aufsuchte, sobald er seiner enthusiastischen Bewunderer quitt geworden war. Es galt jetzt keine Zeit zu verlieren, um zu schlafen, da die Nachtruhe nur kurz sein sollte. Da Ilia Brusch daran gelegen war, in dem volle sechzig Kilometer entfernten Regensburg beizeiten einzutreffen, hatte er sich vorgenommen, in sehr früher Morgenstunde weiterzufahren, weil er dann trotz der langen Strecke noch Zeit gewann, auch morgen zu fischen.
    Gegen dreißig Pfund Fische hatte Ilia Brusch denn auch schon am Vormittag erbeutet, und die Neugierigen, die sich auf dem Kai in Regensburg drängten, hatten es nicht zu bereuen, sich seinetwegen hierherbegeben zu haben. Der Enthusiasmus der Menge nahm sichtlich zu. Die Liebhaber überboten einander, und die dreißig Pfund Fische brachten dem Preisträger des Donaubundes nicht weniger als einundvierzig Gulden ein.
    Dieser selbst hätte sich einen solchen Erfolg niemals träumen lassen und er kam schon auf den Gedanken, daß Jäger schließlich ein vorzügliches Geschäft machen werde. Jetzt fühlte er sich natürlich verpflichtet, die einundvierzig Gulden ihrem rechtmäßigen Eigentümer zu überliefern, sah sich augenblicklich dazu aber außerstande. Jäger hatte sich unbemerkt von der Jolle entfernt und an seinen Begleiter nur die kurze Mitteilung hinterlassen, daß dieser mit dem Abendessen nicht auf ihn warten möge, da er erst spät am Abend zurückkehren würde.
    Ilia Brusch fand es ganz natürlich, daß Jäger die Gelegenheit benützen wollte, eine Stadt zu besuchen, die einst fünfzig Jahre lang kaiserliche Residenz gewesen war. Vielleicht wäre er darüber weniger zufrieden als erstaunt gewesen, wenn er gewußt hätte, was sein Passagier hier vorhatte, und wenn ihm dessen Person richtig bekannt gewesen wäre.
    »Herr Jäger, Wien, Leipziger Straße 43« hatte Ilia Brusch gelehrig nach dem Diktat des neuen Ankömmlings geschrieben. Der wäre aber in arge Verlegenheit gekommen, wenn der Fischer neugieriger gewesen wäre und vielleicht, indem er selbst eine Befragung vornahm, deren Unannehmlichkeit er am eigenen Leibe gespürt hatte, von Jäger verlangt hätte, ihm seine Papiere vorzuzeigen.
    Ilia Brusch vernachlässigte diese Vorsicht, deren Rechtmäßigkeit ihm ja deutlich demonstriert worden war, und diese Vernachlässigung sollte für ihn die schlimmsten Folgen haben.
    Welchen Namen der Gendarm auf dem ihm von Jäger vorgewiesenen Passe gelesen hatte, wußte niemand; wenn das aber der des wirklichen Eigentümers gewesen war, konnte es nur der Name Karl Dragoch sein.
    Der leidenschaftliche Angelfreund und der Chef der neuen Donaupolizei waren tatsächlich ein und dieselbe Person. Entschlossen, in Ilia Bruschs Boot um jeden Preis Aufnahme zu finden, hatte Karl Dragoch, in Voraussicht der Möglichkeit eines kaum zu überwindenden Widerstandes, seine Maßregeln danach getroffen. Das Eingreifen des Gendarmen war eine abgekartete Sache und der Auftritt ebenso wie einer auf der Bühne vorbereitet gewesen.
    Der Erfolg zeigte, daß Karl Dragoch richtig gerechnet hatte, denn Ilia Brusch betrachtete es jetzt, gegenüber ähnlichen, ihm vielleicht drohenden Gefahren, für ein Glück, einen Beschützer zu haben, an dessen mächtigem Einflusse er nicht zweifeln konnte.
    Dieser Erfolg war sogar so groß gewesen, daß Dragoch sich darüber wunderte. Warum hatte sich Ilia Brusch dem Auftreten des Gendarmen gegenüber so auffallend ängstlich gezeigt? Warum hatte er eine solche Furcht, nochmals einem Abenteuer dieser Art zu begegnen, daß er dieser Furcht sogar die – übrigens auch etwas übertriebene – Vorliebe für das Alleinsein opferte? Ein ehrlicher Mann hat doch – zum Kuckuck! – das Erscheinen vor einem Polizeikommissar nicht zu fürchten. Die schlimmste Folge davon konnte doch nur eine Verzögerung von einigen Stunden, höchstens einigen Tagen sein, und wenn man keine besondre Eile hat… Doch, Ilia Brusch schien es ja sehr eilig zu haben, und das gab wiederum zu denken.
    Von Natur

Weitere Kostenlose Bücher