Der Piratenlord
Haus, in dem fünfzig Dienstboten herumliefen, und Diamantbroschen von der Größe ihrer entzückenden, hochwohlgeborenen Faust konkurrieren konnten.“
Sara schwieg lange. Erst nach einer Weile erklärte sie leise: „Ich bin nicht wie sie, Gideon. Ich weiß, dass du das annimmst, aber . . .“
„Hör auf, Vermutungen über mich anzustellen, Sara!“ Wütend drehte er sich zu ihr um. „Mir ist völlig klar, dass du nicht wie sie bist, verflixt noch mal! Glaub mir, meine Mutter wäre nie mit verurteilten Frauen gereist. Sie hätte sich auch nicht mit einem Piraten über Aristophanes unterhalten. Sie wäre beim Anblick der Schlange in Ohnmacht gefallen, und sie hätte ganz bestimmt auch nicht beim Feuerlöschen geholfen!“
Er atmete schnell und blickte Sara in die Augen. „Aber all die englischen Adligen, die ich kennen gelernt habe, hätten das auch nicht getan. Die meisten Frauen und Töchter von Earls, die auf den von mir angegriffenen Schiffen fuhren, hatten wenig Rückgrat und noch weniger Intelligenz.“
„Kannst du ihnen das übel nehmen? Sie haben sich wahrscheinlich alle schrecklich gefürchtet.“
Sie sagte das verteidigend, was ihm ein Lächeln entlockte. Es war typisch für Sara, sich für Frauen einzusetzen, die sie nicht einmal kannte. „Vielleicht. Aber du nicht. Du hast mir mit der Faust gedroht und mir die Meinung gesagt. Finde dich damit ab, Sara, dass du keine normale englische Adlige bist.“
„Aber wenn du mich. . . nicht für das hasst, was ich bin, warum hast du dann nicht . , . ich meine . . .“ Sie sprach nicht weiter, weil sie spürte, wie ihre Wangen schon wieder brannten.
Aufmerksam sah er sie an. Sicherlich wollte sie nicht das sagen, was er dachte. „Warum habe ich nicht was, Sara?“ fragte er vorsichtig.
„Nichts.“
Enttäuschung stieg in ihm hoch. „Weshalb kannst du es nicht zugeben? Warum tust du so, als wolltest du mich nicht, und machst es uns beiden so schwer?“
„Weil es sich nicht gehört, dass ich dich will!“ Verzweifelt sah sie ihn an. „Ich darf dich nicht begehren! Es ist nicht recht!“
„Warum? Weil du die Tochter eines Earl bist und ich nur ein Pirat?“ Er drehte sich um und umklammerte das Fensterbrett mit beiden Händen. „Vielleicht habe ich mich doch in dir geirrt. Bei den Frauen kannst du vergessen, dass sie das Gesetz gebrochen haben und unter deinem Stand sind. Doch bei mir . . .“
„Das habe ich gar nicht gemeint! Es ist nur so, dass . . .“
Ihr Zögern schmerzte ihn nur noch mehr. Er fühlte, dass sie sich ihm näherte. Behutsam legte sie ihm die Hand auf den Arm, und Gideon zuckte vor ihr zurück. „Nein“, flüsterte er rau. „Wenn du nicht in mein Bett kommst, dann fass mich auch nicht an.“
„Aber Gideon. . ."
Er ergriff ihre Hand, drehte sie ihr auf den Rücken und zog Sara an sich. „Erinnerst du dich, was du heute Morgen am Fluss gesehen hast, Sara? Das macht ein Mann nur, wenn er ein unstillbares Verlangen nach einer Frau hat, die ihn nicht will.“
„Ich will dich doch“, flüsterte sie, während ihre Wangen sich dunkelrot färbten. „Wirklich. Ich begehre dich so sehr, dass ich es kaum ertragen kann.“
„Aber es wäre dir lieber, wenn es nicht so wäre“, entgegnete
er.
„Ja, das bestreite ich nicht. Ich verachte, was du in deinem Leben getan hast - die Schiffe, die du dir gewaltsam angeeignet hast und auch, dass du uns alle entführt hast. Ich bin in dem Glauben aufgewachsen, dass solche Sachen unrecht sind. “
Schweigend sah er sie an. Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte er sich schuldig für seine Missetaten. Er hatte nach seinen Prinzipien gehandelt, und seine Regierung hatte die ;
meisten seiner Taten gebilligt. Doch das machte sie in ihren Augen nicht besser. Und plötzlich wünschte er sich, er könnte
- nur um ihretwillen - diese Jahre auslöschen.
„Doch auch wenn ich mir sage, dass es falsch ist, dich zu begehren“, fuhr sie sanft fort, „kann ich dennoch nichts dagegen tun. Es ist so natürlich für mich wie . . . wie . . .“ Ein schwaches Lächeln umspielte ihre Lippen. „. . . Menschen über ihre Sünden zu belehren. Gideon, ich möchte dich mehr als alles andere. Und ich bin bereit, den Rest zu vergeben.“
Obwohl ihre Worte ihn erfreuten, konnte er ihr dennoch nicht restlos glauben. „Das sagst du nur, weil du mich für das bedauerst, was meine Mutter mir angetan hat. Du hast mir deutlich genug gesagt, dass du keinen Gesetzlosen in deinem Bett haben möchtest, einen
Weitere Kostenlose Bücher