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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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ob es nur ein mäßig gewölbter Buckel war, denn auf die Angaben der Aneroide war kein Verlaß mehr: Sie verhielten sich seit geraumer Zeit anormal. Der Luftdruck fiel rascher, als man nach dem Marschtempo hätte erwarten können. Allem Anschein nach näherte sich das Tief, das mit der anbrechenden Nacht in Zusammenhang stehen mußte.
    Bald fiel das ebene Gelände wieder ab. Wir kamen immer tiefer. Soweit man es in diesem dichten Nebel erkennen konnte, gingen wir nun durch einen flachen Hohlweg, eine Art ausgetrocknetes Flußbett, und folgten im Hinabsteigen allen seinen Windungen. Plötzlich hatten wie wieder festen Felsen unter den Füßen. Er war glatt und eben wie der Bürgersteig einer Stadt. Erstaunt blickte ich um mich; aber es war nichts zu sehen.
    Soltyk, der jetzt die Führung nach dem Kompaß übernommen hatte, blieb stehen. „Dort ist etwas.“ Er wies auf einen großen Fleck, der sich dunkel von der grauen Nebelwand abhob.
    Ich bückte mich und strich über den Felsen. „Hört mal“, sagte ich, „kann sein, daß ich mich irre, aber das sind quadratische Platten. Ich fühle ihr Gefüge unter den Fingern … Das ist der echteste Bürgersteig, den man sich denken kann!“
    „Ein Bürgersteig? Dann ist vielleicht auch eine Gaststätte in der Nähe?“ erkundigte sich Rainer. Während des ganzen Weges hatten wir Kostproben seines Galgenhumors zu hören bekommen. Arsenjew richtete den Induktionsapparat gegen den verschwommenen ovalen Fleck, der in nicht allzu großer Entfernung vor uns aufgetaucht war.
    „Wir haben zwar wenig Zeit“, sagte der Astronom, „aber … wer von euch kommt mit mir?“
    Soltyk und ich meldeten uns, auch der Chemiker schloß sich nach einem Augenblick des Zauderns an. Die glatte Fläche, die ich als Bürgersteig bezeichnet hatte, machte eine Biegung und stieg dann, nicht sehr steil, an. Einige Dutzend Schritte brachten uns vor eine schwarze Öffnung. Der Nebel war hier dünner. Die Strahlen unseres Reflektors kreuzten sich darin wie helle Säulen und zeigten uns eine geräumige Höhle. In der Tiefe des Raumes stand ein walzenförmiges Gebilde. Ich lief über den lockeren, feinen Schotter, der den Boden bedeckte, darauf zu. Es erwies sich als ein teilweise in den Boden eingelassener Metallzylinder, der mit einer gewölbten Platte verschlossen war. Ich stemmte mich mit der Schulter dagegen. Zwischen der Platte und dem Zylinder öffnete sich ein enger, dunkler Spalt, der sich rasch erweiterte. Klirrend flog der Deckel in die Höhe. Das Innere war leer.
    „Ein Behälter!“ rief ich. Die Gefährten kamen nun ebenfalls herunter. Ich trat ein wenig beiseite. Die Grotte war eigentümlich regelmäßig und hatte eine längliche Form mit leicht geneigten Wänden. Die Decke war nach unten gewölbt, als ob sie eingesunken wäre. Im Hintergrund hingen schwarze Fetzen eines gigantischen Spinngewebes herab. Als ich näher trat und danach griff, sah ich, daß es zerknittertes Metall war. Es zerbröckelte wie Zunder zwischen den Fingern und berieselte mich mit großen, schwarzen Rußflocken. Die Strahlen meines Scheinwerfers beschrieben einen weiten Kreis über die ineinandergewickelten Metallknäuel und warfen hin und her hüpfende Schatten. Plötzlich trafen sie auf etwas Rötliches. Ich lenkte den Lichtschein genau darauf und erkannte an der Wand eine Zeichnung, die konzentrische Kreise darstellte; sie mußte sehr alt sein, denn die rote Farbe war an vielen Stellen gesprungen und abgeblättert. Ich drehte mich um und wollte die Gefährten herbeirufen. Da bemerkte ich, daß das, worauf ich stand, gar kein Schotter war. Diese vibrierende, im Licht glänzende Masse kleiner Sternchen war eine Schicht jener silbernen Geschöpfe. Sie waren aber nicht mehr silbern, sondern matt wie oxydierte Zinnbröckchen und erinnerten nur noch durch ihre Gestalt an meinen kleinen Gefangenen aus dem Toten Wald. Unwillkürlich sprang ich zurück. Doch sie bedeckten den Boden der ganzen Grotte. Bei jeder Bewegung raschelte es unter mir. Die zusammengeschrumpften Metallfetzen, die von der Decke hingen, wiegten sich leise im Luftzug. Erst jetzt fiel mir auf, daß sich dahinter etwas wie eine große Honigwabe befand. Es waren regelmäßig verteilte Öffnungen, die der Wand dieses Aussehen gaben. Sie bildeten ein vieleckiges Mosaik, in dem noch eine Menge dieser grauen, einstmals silbernen kleinen Geschöpfe steckte. Unten an der Wand lag ein ganzer Haufen davon. „Schaut euch das an!“ sagte ich mit gedämpfter

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