Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
Vom Netzwerk:
es aber dann doch vergessen. Und die könnten wir jetzt gut gebrauchen.“
    „Murren Sie nicht, Doktor“, brummte Arsenjew. „Wie lange wollen wir hierbleiben?“ wandte er sich an mich.
    „Wir sollten versuchen zu schlafen“, erwiderte ich. „Das ist das beste, was wir augenblicklich tun können. Vier Stunden müßten genügen, und dann wecke ich Sie. Ich wache auf, wann ich will.“
    „Eine wertvolle Gabe“, sagte noch jemand; aber ich hörte die Worte bereits wie aus weiter Ferne. – Eine Unzahl silberner Ameisen läuft hinter mir her. Ich habe keine Furcht vor ihnen, im Gegenteil, wir vertragen uns recht gut miteinander. Auf einmal bemerke ich, daß eine auf meiner Hand sitzt; ich schreie. Sie verlangt, ich soll mich sofort in die Luft erheben und zur Rakete fliegen, da die Gefährten über unser Fernbleiben beunruhigt seien. Die anderen wiederholen es im Chor. Alle meine Erklärungen, daß ich ja gar nicht zu fliegen vermag, sind umsonst.
    Schließlich werde ich böse, winke mit der Hand ab und – erhebe mich in die Luft. Schon flattere ich, ungeschickt wie ein Huhn, über dem Boden, als mich plötzlich wieder etwas hinabzieht, sehr kräftig hinabzieht. Eine kegelförmige Metallkuppel mit einem riesigen Glasauge nähert sich mir. Im ersten Augenblick glaube ich, es sei ein Alptraum … Es dauerte eine Weile, bis ich den Helm Arsenjews erkannte.
    „Sie wollten uns doch wecken!“
    Blinzelnd sah ich auf die Uhr. Fast fünf Stunden hatte ich geschlafen. Verwirrt sprang ich auf.
    „Das kommt wahrscheinlich daher, daß wir auf einem fremden Planeten sind“, stotterte ich. Arsenjew weckte inzwischen Rainer und Soltyk. Wir stärkten uns mit dem letzten Rest von Vitaminkonzentrat, das wir wie auch andere Nahrung dank einer besonderen Vorrichtung zu uns nehmen konnten, ohne den Helm absetzen zu müssen. Dann marschierten wir weiter. Das Wetter war ruhig. Der Nebel lag regungslos unter uns. Dort, wo sich der Grat senkte, wateten wir bis über die Knie durch den milchigen Dunst, zeitweise verschwanden wir ganz darin. Jeder Schritt war gefährlich. Nur langsam schoben wir uns vorwärts.
    Stunden vergingen, bevor unter den Schuhen der Kies einer Gesteinshalde knirschte. Wir gelangten nun zur Mündung einer breiten Rinne, die sich tief in den Hang des Berges eingeschnitten hatte. Das Herankommen war nicht schwierig, aber außerordentlich ermüdend. Der Skaphander drückte immer mehr. Ich hätte am liebsten den Helm vom Kopf gerissen, um nur einmal frei atmen zu können. Unwillkürlich blickte ich mich um. Die Gefährten, die weniger im Bergsteigen geübt waren, hatten es noch viel schwerer als ich. Tief gebeugt, stapften sie durch den Nebel, der in kleinen Wolken den Hang heraufkroch. Der Gipfel war schon längst nicht mehr zu sehen. Als wäre die Schar eines riesigen Pfluges über diesen Hang hinweggegangen, lagen zu beiden Seiten der Rinne geborstene Steinplatten. Der Boden der Rinne war von weißlichem, brüchigem Schotter bedeckt. Hoch über den Rändern von Einstürzen reckten sich gelbe, graue, braune Felstürme. Unter ihren drohend überhängenden Rippen breiteten sich kegelförmige Schutthügel aus. Um acht Uhr früh, siebzehn Stunden nach der Explosion des Hubschraubers, erklommen wir den Gipfel. Die Bergkette flachte sich im Osten zu toten, starren Wellen ab. Unter uns ein unendliches Nebelmeer, von dünnen Schattenlinien gestreift, die in der Ferne dunkelgrau und lila schillerten. Bis zum äußersten Rand des Horizontes nichts als Nebelfetzen. Darin versank der Abfall unseres Gipfels als ein mächtiger, hochgewölbter, sich weithin verzweigender Gebirgswall.
    Arsenjew breitete die Karte auf einem flachen Stein aus und bestimmte so genau, wie es unter diesen Umständen möglich war, die Richtung, in der sich der „Kosmokrator“ befand. Dann stellten wir uns, einige Dutzend Meter voneinander entfernt, auf dem höchsten Punkt des Gipfels auf und versuchten, mit Hilfe der Funkgeräte unsere Gefährten zu erreichen. Immer wieder kamen die gleichen Signale aus dem Raum. Es war der automatische Sender der Rakete, der sich alle fünfzehn Sekunden mit zwei durch eine kurze Pause getrennten Tönen meldete. Wir hörten die Rakete; aber sie antwortete nicht auf unsere Rufe. Vielleicht war die Entfernung zu groß, oder unsere schwachen Wellen wurden durch radioaktive Wolken aus dem Toten Wald gelöscht. Jedenfalls sammelten wir uns nach einer Stunde in düsterem Schweigen um Arsenjew.
    Der Astronom beugte sich

Weitere Kostenlose Bücher