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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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dicke Mauern wir uns den Weg bahnten, fanden wir etwas, was an irdische Wohnräume erinnert hätte. Nur die Formen der Räume ähnelten des unseren. Drinnen herrschte ein fast vollkommenes Dunkel, in das nur hier und da durch Risse in der Wand ein schwacher bläulicher Schein hereinsickerte. Im Licht unserer Scheinwerfer sahen wir ein Durcheinander verbogener Rohre, Tunnels, gleichmäßig geneigte Rampen und geräumige Säle, deren Boden mit metallischem und glasartigem Schutt bedeckt waren.
    Einige Male stießen wir auch auf Konstruktionsteile, deren Bestimmung wir nicht zu erraten vermochten. Große Hallen waren durch senkrechte, gatterartige Wände geteilt, deren Zwischenräume an der Decke breit waren und sich unten so verengten, daß sich ein Mensch kaum hindurchzwängen konnte. Unter der Straße breitete sich ein Netz von Arterien, Verbindungswegen und Kanälen aus Sie lagen Stockwerke tief untereinander, manche in vollständiges Dunkel getaucht, manche vom Licht grünlich phosphoreszierender Decken erhellt. An einigen Stellen liefen sie zu fünft oder sechst in Tonnengewölben zusammen. Von dort gingen runde Tunnels aus, die zu den verschiedenen Gebäuden führten. Zahlreiche Durchgänge waren durch Trümmerhaufen versperrt; wir sprengten sie jedoch nicht, da wir befürchteten, daß die über uns hängenden Dutzenden Stockwerke bei einer Erschütterung zusammenstürzen würden. An einigen Stellen waren die Überreste senkrechter Schächte zu erkennen, durch die sich früher Aufzüge bewegt haben mochten. Jetzt hingen nur noch geschmolzene Metallfetzen zwischen den rußgeschwärzten Wänden.
    In einem Saal, der die Größe eines Kirchenschiffes besaß, entdeckten wir Kammern mit elliptischen Fenstern aus einer durchsichtigen Masse. Viele davon waren zersplittert. Die Strahlen der Scheinwerfer verloren sich in den silbrigen Staubwolken, die bei jedem Schritt emporwirbelten, sich auf die Helme und Skaphander niederließen und uns als flimmernde Wolke umgaben. Mehrere Stockwerke tiefer lagen auf Steinplatten inmitten von Streben und Trägern die Rümpfe verkohlter Maschinen; es waren einige Dutzend. In gerader Linie, eine neben der anderen aufgestellt, glänzten sie matt wie die Wirbel eines riesigen Rückgrates.
    Wir schritten langsam von Gebäude zu Gebäude, bis wir zu der Wüste gelangten, die den Krater umgab, an dessen Rand wir vorher mit dem Wagen gehalten hatten. Dort begannen die Wissenschaftler mit Hilfe von Ionisationskammern und Geigerzählern mit systematischen Messungen der Radioaktivität. Vom Krater zweigten einige tiefe Gräben ab, die mit Wällen von Schlacke und metallischen Infiltrationen verstopft waren. Je weiter wir uns vom Zentrum der Explosion entfernten, um so häufiger stießen wir auf Gebäude, die wenigstens teilweise erhalten geblieben waren.
    Hier mußte eine Hitze geherrscht haben, die der Sonnentemperatur gleichkam. Der Kraterrand war mit einer blasigen Emailschicht bedeckt, die einmal kochend heiß gewesen und dann langsam erkaltet sein mußte. Es war auffällig, daß die Wand des Kraters an zwei Stellen etwas glatter war und eine fast unmerkliche Vertiefung bildete. Im Scheinwerferlicht traten aus der rauhen Oberfläche zwei verschwommene, nach oben spitz zulaufende Silhouetten hervor. Eine davon war wie im Sturz nach vorn geneigt, die zweite gekrümmt wie ein Mensch, der sich niederkauert und dabei den Kopf einzieht. Beide Schatten waren einen knappen Meter hoch. Der Vergleich mit menschlichen Wesen wurde natürlich nur durch die Einbildungskraft hervorgerufen. Es waren wohl doch nur zwei dunklere Flecke. Die Wissenschaftler untersuchten sie sehr sorgfältig, fotografierten sie bei verschiedener Beleuchtung und maßen die Radioaktivität in diesem Bereich. Arsenjew schickte sogar Soltyk nach plastischem Material zur Rakete, damit Abdrücke gemacht werden konnten. Fünf Stunden Wartens vergingen; aber wir kamen zu keinem Ergebnis. Es war möglich, daß zur Zeit der Explosion zwei Lebewesen dort gestanden hatten, deren Körper, bevor sie in der Hitze von Millionen Grad verdampften, einen Teil der Wand vor der unmittelbaren Einwirkung der Glut geschützt hatten. Da wir aber weder ihre Gestalt noch ihre Größe mutmaßen konnten und auch nicht wußten, in welcher Höhe die Explosion seinerzeit stattgefunden hatte, vermochten wir auch dieses Rätsel nicht zu lösen.
    Um unseren Aufenthalt in der toten Stadt nicht unnötig zu verlängern, teilten wir uns in Gruppen zu zweien und

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