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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Bäumen eine größere Anzahl von Trichtern, die einen Durchmesser von einem oder Dutzenden Metern hatten. Das war alles, was diese erste Expedition feststellen konnte, bevor sie infolge Lebensmittelmangel und Erschöpfung der Teilnehmer zur Umkehr gezwungen war. Kulik und seine Gefährten nahmen mit Sicherheit an, daß die versumpften, hier und da mit trübem Wasser gefüllten Trichter Krater seien, in deren Tiefe die Bruchstücke des Meteors ruhten.
    Die zweite Expedition brachte mit größter Mühe und Anstrengung Maschinen in diese unwegsame Gegend der Taiga. Nachdem man die Trichter trockengelegt hatte, war es möglich, die ersten Probebohrungen vorzunehmen. Diese Arbeiten wurden während des kurzen, heißen Sommers durchgeführt, als die drückende, schwüle Luft von ganzen Wolken blutgieriger Mücken wimmelte. Die Bohrungen verliefen ergebnislos. Man fand weder Bruchstücke des Meteors noch Spuren in Form von Gesteinsmehl! (Beim Aufschlag eines Meteors entsteht ein Gemengsel von Schlamm und Gesteinssplittern, die infolge der hohen Temperatur geschmolzen und dann wieder erhärtet waren.) Statt dessen drohte das Grundwasser, auf das man nun gestoßen war, die Maschinen zu überfluten. Man machte sich an die gewaltige Arbeit, die betreffende Schicht zu verschalen und abzusteifen – da trafen die Bohrer schließlich auf vereisten Lehm. Und was noch schlimmer war: Als die Spezialisten für Torfentstehung, die Bodenforscher und Geologen, ankamen, gaben sie übereinstimmend das Gutachten ab, daß die angeblichen Krater nichts mit dem Meteor zu tun hätten und daß man ähnlichen Erscheinungen, die ihr Entstehen den normalen Prozessen der Torfablagerung verdankten, in den nördlichen Regionen überall begegnen könne. Solche Trichter bildeten sich ständig, wenn Torfschichten von Grundwasser unterspült würden. Nun begann eine systematische Suche nach dem Meteor mit Hilfe magnetischer Deflektometer. Es war anzunehmen, daß eine so riesige Eisenmasse die Magnetnadel der Kompasse beeinflussen müßte. Aber die Apparate zeigten nichts an. Eine viele Kilometer breite Bahn niedergerissener Bäume führte von Süden her entlang der Flüsse und Bäche zu dem Kessel. Diesen selbst umgab ein Fächer von entwurzelten Stämmen. Man berechnete die Energieentwicklung bei der Katastrophe auf 1000 Trillionen Erg; die Masse des Meteors mußte also ungeheuer groß gewesen sein. Trotzdem wurde auch nicht das geringste Bruchstück, kein Splitter, kein Krater, keine Stelle gefunden, die Spuren dieses furchtbaren Absturzes gezeigt hätten.
    Eine Expedition nach der anderen begab sich, mit den empfindlichsten Geräten ausgerüstet, in die Taiga. Sie legten ein Netz von Triangulationspunkten an, untersuchten die Berghänge und den Grund der moorigen Seen und Bäche, sogar den Boden der Sümpfe bohrten sie an. Alles war vergeblich. Es wurden Stimmen laut, daß der Meteor vielleicht aus Stein bestanden habe; allerdings hätte in diesem Falle die Aufschlagstätte mit Bruchstücken übersät sein müssen. Indessen erschien die ganze Vermutung unwahrscheinlich, da man bisher keinen Steinmeteor in dieser Größe kannte. Als die Ergebnisse der Untersuchungen veröffentlicht wurden, standen die Meteorenforscher vor einem neuen Rätsel.
    Schon vorher hatten Expeditionsteilnehmer festgestellt, daß die Bäume der Taiga nicht gleichmäßig entwurzelt oder niedergebrochen waren und daß die auf dem Boden liegenden Stämme nicht immer nach der Mitte des Kessels zeigten. Ja, mehr noch: Da und dort war, wenige Kilometer vom Kessel entfernt, ein Waldkomplex stehengeblieben und nicht einmal versengt worden, während man einige Dutzend Kilometer weiter wieder auf Tausende umgestürzter Lärchen und Kiefern stieß. Die Wissenschaftler versuchten dies mit dem sogenannten „Schatteneffekt“ zu erklären. Danach hätte die Explosionswelle jene Teile der Taiga verschont, die durch Bergrücken abgeschirmt waren. Daß an einigen Stellen die Bäume nach einer anderen Richtung gestürzt waren, stünde mit der Katastrophe in keinem Zusammenhang, es handle sich um gewöhnliche Windbrüche, so behauptete man.
    Die Fliegeraufnahmen des Geländes warfen alle diese Hypothesen über den Haufen. Auf den Stereofotos war zu erkennen, daß die vernichteten Waldstreifen tatsächlich konzentrisch um den Kessel lagen, während dazwischen andere Waldstreifen unversehrt erschienen. Die Taiga war auf eine Art und Weise zerstört worden, als hätte die Explosion nicht nach allen

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