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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Ruderausschläge, der Oberfläche des Wassers so nahe, daß ich deutlich kleine Wellen und vom Grunde heraufleuchtende Felstrümmer erkennen konnte. Ich hatte einen idealen Platz zum Landen oder besser gesagt zum Wassern entdeckt. Der „Kosmokrator“ konnte auf dem See niedergehen. Nur nach einer günstigen Anflugmöglichkeit mußte ich noch ausschauen, da sich von drei Seiten drohende, zerklüftete Felsen erhoben. Ich zog daher das Flugzeug auf dreitausend Meter Höhe, um das Gebirge besser überblicken zu können. Schon seit einer Weile spürte ich, daß sich etwas verändert hatte, vermochte aber anfangs nicht festzustellen, was es war. Plötzlich zuckte ich zusammen. Das Summen in den Kopfhörern war weg, sie arbeiteten also nicht mehr auf Empfang! Ich berührte den Kontakt; er war in Ordnung.
    „Hallo, Ingenieur Soltyk!“ rief ich. „Ingenieur Soltyk!“
    Stille. Ich drehte am Kopf des Reglers. Knacken in den Hörern … einmal … und noch einmal. Und dann überfluteten mich ganze Serien von kurzen und langen Störgeräuschen. Das war nicht das gewöhnliche Knattern, das durch elektrische Entladungen verursacht wird, sondern ein immer wieder abreißendes Heulen, in dem sogar halb melodiöse Stellen vorkamen. Ich drehte den Regler weiter. Die Laute verstummten. Ich rief die Rakete an. Wieder keine Antwort. Ich verstärkte den Strom in den Röhren auf das Risiko hin, daß sie durchbrannten. Ohne Erfolg. Nun blickte ich nicht mehr nach unten, sondern bemühte mich, Ruhe zu bewahren. Ich prüfte, vom Mikrophon angefangen, sämtliche Kontakte und Anschlüsse. Sie waren in Ordnung; das Kontrollgerät der Antenne zeigte an, daß die Signale in den Raum strahlten. Und trotzdem antwortete die Rakete nicht. Ich schaute hinunter, um mich zu orientieren, und – fluchte.
    Ich war über der bewaldeten Ebene. Riesige Gruppen von wunderlich geformten Büschen verschwanden als unendliche Streifen in den tief herabhängenden Wolken, aus denen starkes, weißes Licht fiel. Unten glitten sonderbare Gestalten wie Federbüsche, Sträuße und Mähnen vorüber, mischten sich warme und kalte Farben, da ein helles Grün und da ein fast schwarzes Grün – wahrhaftig, es war ein sehr eigenartiger Wald. Im Augenblick aber hatte ich wenig Lust, mich gründlicher damit zu befassen. Ich wandte mich wieder meinem Radio zu, überprüfte noch einmal alle Verbindungen – plötzlich stieg ein Gedanke in mir auf, der mir das Blut in den Adern erstarren ließ.
    Was nun, wenn die Rakete einer Katastrophe, vielleicht sogar einem Angriff zum Opfer gefallen und ich der einzige Überlebende war!
    Ich mußte erst einmal tief Atem holen – bis ich fühlte, daß das abscheuliche Angstgefühl nachließ. Dann biß ich die Zähne zusammen, blickte noch einmal auf den Wald hinunter und überlegte, was zu tun sei. Der Brennstoff reichte noch für ungefähr zwei Flugstunden, der Sauerstoff erheblich länger, vielleicht sogar noch für zwei Tage. Mit den Lebensmitteln war es schlechter bestellt – ich hatte nur einige Konzentrate und zwei Thermosflaschen Kaffee mit. Zu kreisen, bis die Tanks leer waren, hatte keinen Sinn; denn die Möglichkeit, die Rakete zufälligerweise zu sichten, war bei dieser niedrigen Wolkendecke verschwindend gering. Wenn ich aber landete, konnte ich versuchen, das Radio wieder klarzumachen – und für den Fall, daß die Rakete die Gegend überflog, den Gefährten Zeichen geben oder selbst aufsteigen und ihnen nachfliegen. Viel Erfolg versprach ich mir davon nicht. Immerhin, es schien noch der beste Ausweg zu sein. Ich mußte nur noch einen entsprechenden Landeplatz finden. Meinem Fugzeug, das mit besonderen Bremsklappen ausgerüstet war, genügte eine fünfzig Meter lange, halbwegs ebene Fläche zur Landung.
    Ich ging immer tiefer, bis ich schließlich mit niedrigster Geschwindigkeit fast die Wipfel der Bäume streifte. Wie groß war mein Erstaunen, als ich mich überzeugte, daß es gar keine Gewächse, sondern hohe, unheimlich geformte Kristalle oder mineralische Infiltrationen waren! An manchen Stellen schienen sie mit dicken, aus einer dunkelgrünen Masse gegossenen Adern ineinander verflochten zu sein und liefen oben in strauchartige Garben riesiger Nadeln aus, an anderen Stellen ragten vielfingrige Knollen, Knäule und Dolden empor – Gebilde aus buntem Gestein, das kalt wie Eis glänzte. Die Maschine hier aufzusetzen war unmöglich. In der Hoffnung, daß dieser tote Wald irgendwo ein Ende haben müsse, flog ich geradeaus

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