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Der Planet des Todes

Der Planet des Todes

Titel: Der Planet des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Auf der Erde brauche ich nicht einmal auf den Höhenmesser zu sehen: denn bei einer gewissen Erfahrung kann man sich an der scheinbaren Größe der Berge, Straßen oder Flüsse recht gut orientieren. Hier ließ ich jedoch die Skala nicht aus dem Auge und beobachtete gleichzeitig den Leuchtschirm des Radargerätes. Als die Fallgeschwindigkeit zu groß wurde, fing ich die Maschine ab.
    Ich befand mich noch immer in der flauschigen Wolkendecke. Unten war keine Spur von einer waldbedeckten Ebene zu sehen. Nur lange und breite kahle Hügelkämme, die erstarrten Wogen glichen, zogen vorüber. Ich unterrichtete Soltyk.
    „Steuern Sie einundeinhalb Grad Ost an“, sagte er. „Was ist denn mit Ihrem Funkgerät los, es ist undeutlich zu hören!“
    Er meinte die automatischen Signale, die mein Radio sendete und durch die man an Bord des „Kosmokrators“ ständig in der Lage war, die Position des Flugzeuges zu bestimmen. Die Worte des Ingenieurs beunruhigten mich etwas, da ich ihn ebenfalls schlecht verstand. Zeitweise störte ein leichtes Knattern den Empfang. Ich folgte der Anweisung und legte das Seitenruder nach links.
    Nun flog ich dicht unter den Wolken und bemühte mich, diese Höhe zu halten, um einen möglichst großen Raum überblicken zu können. Das war nicht so einfach. Alle paar Sekunden geriet ich in eine Wolke, aus der ich nur herauskam, indem ich wieder tiefer ging. Dieses Versteckspiel dauerte eine geraume Zeit. Doch ich wollte mich nicht auf das Radargerät verlassen; denn im Leuchtschirm war nur ein verhältnismäßig kleiner Ausschnitt des Geländes zu sehen.
    Da die Wolken stellenweise sehr niedrig hingen, mußte ich die Bodenerhebungen oft in wenigen Hundert Metern Höhe überfliegen. Soweit ich erkennen konnte, war das Land unter mir keine Ebene, aber auch kein Gebirge, sondern bestand aus ungeheuren, wie zu Kaskaden ineinanderfließenden natürlichen Felsstufen. Diese Stufen oder besser gesagt Terrassen erstreckten sich, so weit der Blick reichte, in Wellenlinien über die ganze Oberfläche. In der Hoffnung, daß ich vielleicht eine genügend große Terrasse finden würde, auf der der „Kosmokrator“ landen könnte, flog ich einige Minuten lang parallel zu ihrem Verlauf. Sie stiegen jedoch rasch an, rissen ab und lagen wie ein Spiel durcheinandergeworfener riesiger Karten schräg zueinander. Ich wendete. Soltyk rief mich an und fragte nach den Sichtverhältnissen. Ich antwortete knapp, mit wenigen Worten; denn es ärgerte mich, daß ich die bewaldete Ebene nicht fand. Die Terrassen mußten doch irgendwo enden, und wo sie endeten, konnte man mit einem guten Landeplatz rechnen. Ich gab schließlich die Sucherei über dieser eintönigen, wenn auch ungewöhnlichen Landschaft auf und flog geradeaus weiter. Unvermittelt tauchte aus den Terrassen ein flacher, niedriger Wall auf, der sich, gleich einer riesigen, gemächlich dahinkriechenden Raupe, nach Osten schlängelte. Vielleicht führt er zu einer Hochebene, dachte ich, trat ins Seitenruder und raste in dieser Richtung. Das Gelände wurde immer unübersichtlicher. Aus dem Bodennebel ragte der Wall heraus, der nun immer höher und ungleichmäßiger emporwuchs. Da und dort zweigten Hügelketten ab. Als ich nach vorn schaute, stand eine dunkle Masse vor dem Horizont: Berge. Mit einem Landeplatz inmitten schroffer Felsen war wohl kaum zu rechnen. Aus Neugierde, wie wohl Berge auf einem fremden Planeten aussehen mochten, flog ich dennoch geradeaus weiter. Die Bergketten türmten sich zu mächtigen Wänden auf, deren Gipfel da und dort bis in die Wolken ragten.
    Ein weiterer Vorstoß nach dieser Seite war zwecklos. Ich beschloß umzukehren. Zur Rechten, beinahe schon in der Höhe des Flugzeuges, erhoben sich glatte Buckel aus Geröllhalden von eigentümlich heller Farbe. Nun öffnete sich die Wand wie ein Felsriegel. Ich erblickte einen von Steilhängen umgebenen schwarzen See, in dem sich die Wolken spiegelten. Ob das tatsächlich Wasser war? Ich lenkte die Maschine zu dem Felsentor und ging tiefer. Das wäre mir um ein Haar teuer zu stehen gekommen. Wie ich hätte voraussehen müssen, hatte sich in dem Engpaß ein gewaltiger Luftstrudel gebildet, der mich nun emporschleuderte und dann mit solcher Kraft in die Tiefe zerrte, daß ich über der Mitte des Sees beinahe abgestürzt wäre. Ich mußte die Maschine senkrecht emporreißen und Vollgas geben, um diesem Abgrund zu entfliehen. Es gelang mir. Für einen Augenblick war ich, trotz verzweifelter

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