Der Polizist rettete sich durch einen Seitensprung
nicht mehr meine Schwester oder besser ausgedrückt Frau G. vor mir, sondern eine hysterische Bestie. Mir ist bekannt, daß bei diesem Urteil eine Beleidigung sein dürfte, es ist aber noch nicht die gröbste Einschätzung der Person.
Frau G. gröhlte, schreien wäre zu fein. Ich sollte mich was schämen, ich wollte meinem Paten (Vaters Bruder) Land übern Kopf verkaufen, wo ich garnichts von wissen sollte. Frau G. tippte sich dauernd mit ihrem Finger vor ihren Kopf, und den Handrücken an meiner Nase. Ich konnte es vor meiner innerlichen Ruhe aber
nicht mehr leiden, mit dem Handrücken von Frau G. meine Nase zu putzen. Ich gab der Hand von Frau G. eine Abwehrung und die genannte war wie ein Blitz aus heiterm Himmel im Feldweggraben verschwunden. Frau G. sprang aus dem Graben heraus. Die ordinärsten Ausdrücke kamen aus ihrer wohl nicht mehr gut erzogenen Kinderstube zum Ausdruck. Dieselbe rief ihrem unehelichen, nicht minderjährigen, sondern minderwertigen Ladenkassenräuber zu: «Onkel Heinrich hat mich geschlagen, Du bist Zeuge!» Meine Tochter stand auch dabei, die schüttelte nur den Kopf und sagte nachher: «Die Frau hätte müssen mit dem blauen Wagen weggebracht werden.» Frau G. war immer noch am gröhlen. Sie machte mich von einem dummen Schwein zum anderen.
Nun kam das beste. Sie gröhlte: Ich nehme die Kaffeeflasche (rot emailliert, 3 / 4 bis 1 Liter groß), werfe dich die an Halz, ich schlage dich die Flasche auf die Brust.
Ich sage: Was, Du willst Deinen großen Bruder schlagen?
In demselben Augenblick hatte ich auch schon die Flasche auf die Brust sitzen. Ich hatte bis da die Angelegenheit an der Frau als etwas Idiotenhaftes, wie sie es mit meiner Mutter zu tun pflegte, gehalten. Aber ich war schon gesichert, ich gebe die Flasche von meiner Brust einen kräftigen mit. Wenn die vielleicht in oder ans Auge gekommen ist entzieht sich meiner Kenntnis.
Ich gebe nochmals zum Ausdruck. Geschlagen habe ich Frau G. nicht. Hätte ich ihr einen gegeben und einen Elfer hinterher, wäre sie nicht im Feldgraben sondern überweg geflogen.
Jetzt begann von Frau G. das Schauspiel. Sie legte sich in den Feldgraben, gröhlte Hilfe, hob die Beine in die Luft nicht den Kopf. Ich erkannte ihre Machenschaft, sagte ihr, wenn du gröhlen kannst kann ich es auch, wollte ihr doch noch behilflich sein daß Leute rankämen. Aber niemand kam, war auch keiner zu hören und zu sehen. Der beliebten Dame, der jeder so richtig hold ist im Dorf, ist man gerne aus dem Weg gegangen.
Heinrich A.
in der Gemeinde als Gemeinderat und mehrere öffentliche Posten
Zum Schluß wollen wir mal einen Blick in das Urteil aus so einem Privatklageverfahren werfen. Um Beleidigung war es dort gegangen. Das Amtsgericht hatte jedoch Rechtsfrieden stiften können und den Angeklagten zu einer Geldstrafe verdonnert. Jedesmal nun, wenn der so erfolgreich Rehabilitierte die Urteilsgründe zur Hand nimmt, dürfte ihn erneut dieses tiefe Gefühl der Genugtuung durchströmen.
Dem Angeklagten ist vom Privatkläger zur Last gelegt worden, ihn am 12. August gegen 1.30 Uhr beleidigt zu haben, indem er im Rahmen eines Notfalleinsatzes erklärte: «Dr. Brausewein ist sowieso der bescheuertste Arzt von ganz Cestedt!»
In der Hauptverhandlung hat sich dieser Vorwurf bestätigt.
14. Nachbarn
Wahrscheinlich ist es wirklich so, daß nachbarschaftliche Beziehungen ganz überwiegend harmonisch, mitunter auch freundschaftlich, zumindest aber neutral gestaltet sind. Nur ganz wenige Nachbarn, so will ich einfach glauben, sind sich so richtig von Herzen spinnefeind, beharken und bekriegen sich gegenseitig und tragen ihre Fehden vor Gericht aus.
Zivilrichtern, die häufig mit dieser Klientel zu tun haben, könnte sich da ein anderes Bild aufdrängen. Diese Kollegen stehen zudem in der Gefahr, auf Dauer die Lust an ihrem Beruf zu verlieren, Aversionen zu entwickeln und sarkastisch zu granteln.
Solchen Gefahren will begegnet sein. Beispielsweise damit, daß man einen Nachbarschaftskrieg zwar durchaus ernst, ihm aber zugleich auch etwas von seiner Schwere nimmt, indem man den Fall nicht nur juristisch trocken, sondern auch mit einer Portion Witz anpackt, mit einem Quentchen Schalk, einer Prise Ironie. Und ruhig auch mal hörbar aufstöhnt, das befreit.
Die Parteien sind zutiefst miteinander verfeindet, wobei die Vorfälle, welche zu dem Zerwürfnis führten, dem Gericht aufgrund abgeschlossener Verfahren teilweise amtsbekannt sind, teilweise im Verlaufe
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