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Der Polizist rettete sich durch einen Seitensprung

Der Polizist rettete sich durch einen Seitensprung

Titel: Der Polizist rettete sich durch einen Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Ahrens
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entsprechenden plastischen Vorstellungen auch für den Fall machen, daß die Verankerung
des Briefkastens im Mauerwerk eines Tages nicht mehr hält.
    Da das Gericht schließlich auch keine Verletzung der Aufsichtspflicht bei den Kindern des Beklagten erkennen kann, ist es mit dem Schmerzensgeld Essig. Das Urteil endet jedoch nicht ohne einfühlsamen Trost und praktische Tips.
    Den unterlegenen Klägern sei als Trost mitgeteilt, daß sie nicht die Ersten und vermutlich auch nicht die Letzten sind, die vor den Schranken eines Gerichts Gerechtigkeit verlangen, aber wegen der kleinlichen Vorschriften des BGB und der ZPO über die Voraussetzungen schadensersatzbegründender Handlungen sowie über die Beweislastregeln nur ein Urteil erhielten. Die Kläger wären vermutlich besser beraten gewesen, sich gegenüber dem «Angriff» der Kinder des Beklagten sofort und mit angemessenen Mitteln zur Wehr zu setzen, ungefähr nach folgendem Motto:
Ruft vom Nachbarn der Racker
laut «Briefkastenkacker»
und Du fühlst Dich gekränkt
von Rache gelenkt,
so antworte schnell und nicht unbedingt leiser
«Windelscheißer».
    Weiß man erst einmal um die Wahrheit hinter den Fassaden, so betrachtet man auch das Idyllische skeptisch.
    Die Parteien sind Grundstücksnachbarn in Brodelstedt, einem dem Gericht aus einer Reihe von Ortsbesichtigungen wohl bekannten, beschaulich und gemütlich wirkenden Ort, dessen schmucken Fachwerkfassaden und gepflegten Vorgärten nicht anzusehen ist, welche schwerwiegenden, teilweise an kriegerische Auseinandersetzungen erinnernden Streitigkeiten zwischen verschiedenen Nachbarn über die Grenzzäune hinweg und teilweise wegen derselben toben.
    Das Schlachtfeld der Parteien vorliegenden Rechtsstreits befindet sich an der nördlichen Grundstücksgrenze des Beklagten,
welche leider Gottes gleichzeitig die südliche Grundstücksgrenze des Grundstücks des Klägers bildet.
    Wie in unzähligen solcher Fälle ging es auch hier um Pflanzen mit angeblich zu geringem Grenzabstand, war man allergisch gegen überhängende Zweige und störte ein überbauter, will heißen bereits auf Feindesland eingerammter Zaunpfahl.
    Einzelheiten zu Pyramidenpappeln, Zypressen und dergleichen möchte ich Ihnen aber ersparen und aus der Entscheidung nur noch die Erkenntnis liefern, daß sich manches auch ohne gerichtliches Zutun erledigt.
    Bezüglich der Weidenbäumchen hat sich im Verlauf der Ortsbesichtigung bereits herausgestellt, daß die Hauptsache in Bezug auf eines der Bäumchen insoweit erledigt ist, als es eingegangen ist.
    Die Richtigkeit der in diesem Zusammenhang von dem Beklagtenvertreter geäußerten Vermutung, das Absterben der Pflanze könne darauf zurückzuführen sein, daß der Kläger dem Bäumchen einen Schriftsatz seines Rechtsvertreters vorgelesen habe, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen. Es ist zwar in der biologischen Wissenschaft mittlerweile anerkannt, daß z.B. Zier- und Zimmerpflanzen desto besser gedeihen, je mehr Zuwendung beim Gießen und Düngen die menschlichen Eigentümer ihnen angedeihen lassen, und daß diese Pflanzen zum Kümmern und Welken neigen, wenn ihnen das benötigte Frischwasser bzw. der Dünger ohne freundlichem Zuspruch und eher gleichgültig verabreicht wird. Der Beklagte hat sich aber selbst nicht darauf berufen, daß der Kläger wegen der Pflanzen entlang der Grundstücksgrenze zu einer derartigen Selbsthilfe gegriffen hat.
     
    Neben den Zivilgerichten ist es natürlich auch die Strafjustiz, die nur zu gern zwischen die nachbarlichen Fronten gezogen wird. So sollte laut Strafanzeige eine Jugendliche ihren Nachbarn als
    albernen Zwerg
    bezeichnet haben. Das war zwar alles andere als fein, gleichwohl hielt die Staatsanwaltschaft eine Einstellung nach Jugendrecht für ausreichend, verbunden mit einer schriftlichen Ermahnung und einer Eintragung im Erziehungsregister.
    Als ihr Vater das erfuhr, griff er aufgebracht zum Telefonhörer. Was der Staatsanwaltschaft denn einfalle, der Vorwurf treffe doch gar nicht zu! Er persönlich könne bezeugen, daß seine Tochter diese Worte niemals in den Mund genommen habe. Sie habe etwas ganz anderes gerufen, und der Vater verriet auch gleich, was:
    asozialer Hund.
     
    Zum Schluß noch eine Empfehlung aus der Praxis: Bei wirklich extremer Exkrement-Kriminalität sollte man sich niemals auf der unteren polizeilichen Sachbearbeiterebene abspeisen lassen, sondern immer gleich den örtlichen Polizeichef einschalten, so wie es hier nachträglich, aber

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